Vollkommene Trockenheit und Temperaturen bis zu 50 Grad im Sommer: Weinbau im portugiesischen Alentejo ist im Sog des Klimawandels zu einer gewaltigen Herausforderung geworden. Das deutsch-portugiesische Team auf der Adega Vale de Camelos meistert diese mit Bravour. Die Auszeichnung als Delinat-Biodiversitätswinzer 2020 ist der Lohn für Innovationskraft im Einklang mit der Natur.
Getreidefelder, Schafweiden und Korkeichenwälder so weit das Auge reicht. In diese Landschaft im Süden Portugals verliebte sich der Bremer Reeder und Seefahrer Horst Zeppenfeld 1981 und kaufte im «Tal der Kamele» tausend Hektar Land. Der Name «Vale de Camelos» erinnert an die Zeit der maurischen Besiedlung Portugals, als im Alentejo noch Kamele weideten. Heute sind es Schafe, Korkeichen, Pinien, Oliven, Johannisbrot und Reben, die das Anwesen der Familie Zeppenfeld prägen.
Klimawandel fordert heraus
Erste Reben wurden im Jahr 2000 gepflanzt. Es sind regionstypische Rebsorten wie Touriga Nacional (Portugals bekannteste Rotweintraube), Alicante Bouschet und Aragonez (in Spanien als Tempranillo bekannt), aber auch Syrah, die vorerst konventionell, seit 2007 aber biozertifiziert kultiviert werden. Schon immer war das Alentejo eine heisse und trockene Region ohne Niederschläge im Sommer. «Die Umstellung auf biologischen Anbau und später die Anwendung der Delinat-Methode waren grosse Herausforderungen und bedeuteten lange Zeit die grösste Veränderung auf unserem Gut», erklärt Antje Kreikenbaum, Tochter von Horst Zeppenfeld. Sie hat 2012 zusammen mit ihrem Mann, dem Landschaftsarchitekten Thorsten Kreikenbaum, die Verantwortung für Vale de Camelos übernommen. Vor Ort wird das Weingut von zwei starken portugiesischen Frauen geführt: Helena Manuel, ausgebildete Agraringenieurin, ist die Betriebsleiterin; Marta Pereira, studierte Önologin, zeichnet für die Weinbereitung verantwortlich. Ebenfalls mit an Bord ist der ausgebildete Winzer Jannes Kreikenbaum, Sohn von Antje und Thorsten.
Das deutsch-portugiesische Team ist enorm gefordert, denn in den letzten Jahren hat sich die Situation extrem verschärft. Klimawandel, Wassermangel, Dürren und Wüstenbildung sind im Alentejo keine düsteren Zukunftsvisionen mehr, sondern Teil der Gegenwart. «2017 war das Alentejo Dürreregion. Es wurde der Notstand ausgerufen, doch leider hat das kaum etwas bewirkt. Vieles entwickelte sich noch immer in die falsche Richtung», bedauert Antje Kreikenbaum. Sie erwähnt etwa den überdimensionierten Alqueva-Stausee, in den grossräumig die spärlichen Wasserreserven abgezogen werden, um damit riesige, mit Pestiziden «sauber» gehaltene Olivenplantagen zu bewässern. Antje: «Schon nach wenigen Jahren sind diese Böden völlig ausgezehrt und tot.»
Langer Weg zu reicher Biodiversität
Gleichwohl gibt es Lichtblicke für «den andern Weg», wie er auf der Adega Vale de Camelos verfolgt wird. Neuerdings interessieren sich jedes Jahr zahlreiche Gruppen von Universitäten aus Städten der näheren Umgebung, aber auch internationale Forschungsgruppen dafür, wie den Herausforderungen des Klimawandels im Einklang mit der Natur begegnet werden kann. «Biodiversität ist für uns zur Überlebensstrategie geworden», sagt Antje Kreikenbaum. So sind in den letzten 35 Jahren auf der Herdade rund 350‘000 Pflanzen gesetzt worden. Neben Reben und Oliven vor allem Stein- und Korkeichen, Johannisbrotbäume und Pinien, in der direkten Umgebung der Weinberge auch Pistazien, Mandarinen, Orangen, Granatäpfel und anderes mehr. Durch gezielte Aufforstung sind mehr als 600 Hektar neue Waldflächen entstanden. Der Nutzen: Begrünung und Bewaldung bilden organische Materie und verbessern den Wasserhaushalt des Bodens, wodurch extreme Hitzegrade gepuffert werden.
Gleichzeitig wurden fünf grosse Seen angelegt oder erweitert. Sie dienen als Reservoir für das sonst ungenutzt ablaufende Winterregenwasser. Da es in den Sommermonaten zwischen Juni und September keine Niederschläge gibt, dafür aber lange Trocken- und Dürreperioden mit Temperaturen bis zu 50 Grad, wird das gesammelte Regenwasser zur Bewässerung der vielfältigen Kulturen benötigt. Um das möglichst wirkungsvoll und effizient zu tun, kommen bewährte Methoden der Permakultur zur Anwendung. So wurde etwa 2019 ein neuer, 4,3 Hektar grosser Weinberg nach dem Keyline-System angelegt. Dabei wird beim Anpflanzen der Rebstöcke der Topografie des Bodens gefolgt, um so möglichst alles Wasser im Boden und auf dem Gelände zu halten.
Pakt mit der Sonne
Über die Jahre ist es mit umfassenden und aufwendigen Massnahmen gelungen, in einer wüstenähnlichen Umgebung eine grüne Oase mit biotopartigen Wasserflächen und reicher Biodiversität zu schaffen. Davon profitieren nicht nur die Kulturen, sondern auch verschiedene Vogelarten. Jedes Jahr versammeln sich an den Gewässern von Vale de Camelos bis zu 1500 Kraniche und andere Zugvögel im Winterquartier. Über die Jahre sind so im Tal der Kamele verschiedene Vogelschutzzonen und Naturschutzgebiete entstanden. Darüber hinaus liessen Antje und Thorsten Kreikenbaum nicht weniger als fünf Solaranlagen bauen, die heute mehr Strom produzieren, als auf dem Gut gebraucht wird.
«Wir sind noch lange nicht am Ende. Wir gehen Schritt für Schritt voran, denn alles, was wir hier investieren, muss zuerst erwirtschaftet werden», resümiert Antje. «Dass wir mit Delinat einen Partner haben, der uns mit Beratung, Anregungen und langfristigen Weinkäufen unterstützt, ist für uns sehr wertvoll. Und die Auszeichnung zum Biodiversitätswinzer 2020 ist so etwas wie das Pünktchen auf dem i.»
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- Editorial
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von Peter Kropf - Auf ein Glas mit … Oliver Hauser
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7 comments
Bei meinem letzten Urlaub in Portugal habe ich mir vorm Abflug 2 Flaschen von „Vale de Camelos“ mitgenommen. Da mir der sehr gut geschmeckt hat, habe ich dann bei Delinat noch nachbestellt. Leider habe ich jetzt keine Werbung von ihnen für diesen Wein entdeckt, würde aber gern noch mal einen Karton bestellen.
Mein Wunsch auf einen Rücksack haben Sie mir leider auch nicht erfüllt. Angeblich geht das in Deutschland nicht, obwohl ich schon 2 Kartons zurückgeschickt habe.
Mit freundlichen Grüßen
Günter Schäfer
Kd-Nr. 300 1160