Auf ein Glas mit… Kurt Gibel

1994 hat der Zürcher Weinfreak Kurt Gibel den Führer «Weine degustieren – leicht und spielend» herausgegeben. Es wurde ein Bestseller, der bis heute Zehntausenden von Weinliebhabern Zugang zum Weindegustieren verschafft hat. Wir trafen den Autor zum Gespräch auf ein Glas Wein im Delinat-Shop in Zürich.

Wie kommen Sie als administrativer Leiter einer Zürcher Anwaltskanzlei dazu, den Leuten das Degustieren von Wein beizubringen?
Kurt Gibel: Als ich in den frühen Neunzigerjahren als Weinliebhaber selber einen Degustierkurs besuchte, kam mir das Ganze ziemlich chaotisch vor. Ich hatte Mühe, all die Informationen richtig zu ordnen. Zu dieser Zeit kam in der Schweiz gerade das Mindmapping auf. Mich packte der Ehrgeiz, mit dieser neuen Methode das Degustationswissen systematisch und übersichtlich aufzubereiten. 1994 kam im Eigenverlag meine kleine Weinfibel heraus.

Kurt Gibel im Delinat-Shop Zürich City.
Kurt Gibel im Delinat-Shop Zürich City.

Und wurde sofort ein Bestseller …
Ich liess 5000 Exemplare drucken. Das hat mich damals einen halben Mercedes oder einen rechten Teil unseres Familienvermögens gekostet. Meine Frau hat mir schnell klargemacht, dass diese Broschüren nicht im Keller vergammeln dürfen. Also habe ich überallhin, auch an Weinhändler, für 20 Franken Probeexemplare verschickt. Erstaunlicherweise lief das wie geschmiert. Nach einem Jahr waren 3000 Exemplare verkauft. Dadurch wurde der Hallwag-Verlag auf mich aufmerksam und übernahm ab der 2. Auflage den Vertrieb. Wir sind jetzt bei der 16. Auflage und rund 90 000 verkauften Exemplaren.

Persönlich

Kurt Gibel (1956), wohnt mit seiner Frau Rosella in Bonstetten ZH. Hauptberuflich ist er Office Manager der Wirtschaftskanzlei Meyerlustenberger Lachenal in Zürich. Vor über 25 Jahren begann er sich als Autodidakt und an Weiterbildungskursen, unter anderem an der Weinfachschule in Wädenswil, ein grosses Weinwissen anzueignen. Während vieler Jahre führte er Verkostungskurse für Weinnovizen durch. 1994 hat er das Standardwerk «Weine degustieren – leicht und spielend» herausgegeben. Dieser Bestseller – mittlerweile in der 16. Auflage – wurde bisher rund 90 000 Mal verkauft. Er kommt auch beim Delinat-Basiskurs «Die Kunst des Degustierens» als praktisches Hilfsmittel zum Einsatz.

Kurt Gibel betreibt die Website avinis.com und hat Wein-Apps für Smartphones unter der Marke VinoMobile entwickelt. Er reist gerne in Weinbaugebiete, liebt die Fotografie und ist sportlich zu Fuss oder mit dem Bike unterwegs.

Ihr Werk hat auch vielen Delinat-Weinliebhabern den Zugang zur Welt des Degustierens ermöglicht. Wie ist es zur Zusammenarbeit gekommen?
Delinat war bei den Ersten, die Probeexemplare bestellt haben. Besonders angetan davon war damals Antoine Kaufmann, Winzer von Château Duvivier. Er sorgte dafür, dass das Büchlein bei den Wein- und Degustationskursen auf dem Château zum Einsatz kam. Delinat war also ein Kunde der ersten Stunde.

Noch immer kommt es beim beliebten Basiskurs «Die Kunst des Degustierens» zum Einsatz. Wie erklären Sie sich, dass Ihr Werk auch nach über 20 Jahren noch so gefragt ist?
Es ist zu einem Klassiker geworden, der leichten Zugang zum Thema ermöglicht. Ich biete meinen Degustierlehrgang mittlerweile ja auch elektronisch auf avinis.com an. Die Papiervariante ist jedoch nach wie vor beliebter als die elektronische.

Wie oft und zu welchen Anlässen degustieren Sie Wein?
Ich trinke drei- bis viermal pro Woche Wein zu Hause, in der Regel von Freitag bis Sonntag. Jedes Mal, wenn ich eine Flasche öffne, beschreibe ich für mich den Wein. Das ist Teil meines Trainings. Zusätzlich nehme ich oft an Verkostungen teil. In Zürich kann man ja fast jeden zweiten Abend an eine Weindegustation, wenn man Lust hat.

«Wenn ich Biowein vor 20 Jahren mit heute
vergleiche, sind das Welten.»
Kurt Gibel

Kann jedermann das Weindegustieren erlernen, oder braucht es dazu gewisse sensorische Voraussetzungen?
Ich glaube schon, dass grundsätzlich alle Leute fähig sind, das Degustieren zu erlernen. Als Voraussetzungen braucht es Neugierde, Ausdauer und eine gewisse Systematik, um die einzelnen Schritte zu durchlaufen und alle Begriffe zu speichern. Das Wahrnehmen von Aromen kann man auch in der Küche und in der Natur trainieren.

Die Broschüre «Weine degustieren – leicht und spielend» ist im Buchhandel für CHF 14.90 (€ 9.90) erhältlich.
Die Broschüre «Weine degustieren – leicht und spielend» ist im Buchhandel für CHF 14.90 (€ 9.90) erhältlich.

Was halten Sie persönlich von biologischen Weinen?
Wir essen zu Hause vorab biologische Produkte und Vollwertkost. Beim Wein steht nicht Bio im Vordergrund, sondern die Vielfalt und die Qualität. Ich stelle aber fest, dass viele gute Weine biologisch oder naturnah angebaut werden. Wenn ich Biowein vor 20 Jahren mit heute vergleiche, sind das Welten.

Inwiefern?
Früher hatte ich das Gefühl, Biowein schmecke immer etwas tierisch beziehungsweise nach störenden Brettnoten. Solche Fehltöne stelle ich heute nicht mehr fest. Von Delinat beziehe ich seit über zehn Jahren das DegustierService-Paket Exklusive Rotweine. Das sind für mich immer Weine von bester Qualität.

Welches sind Ihre persönlichen Vorlieben beim Wein?
Ich degustiere Weine von überall her, hauptsächlich aber aus Europa. In meinem Weinkeller findet man fast nur Europäer, darunter zahlreiche Burgunder, aber auch echt trinkige Weine wie Grignolino aus Italien oder Beaujolais aus Frankreich. Wirkliche «Hühnerhaut-Weine» kommen für mich aber oft aus dem Burgund. Das Spiel von Aromen, Säure und Gerbstoff im Gaumen fasziniert mich bei einem guten Pinot Noir ganz besonders.

Weintipp Kurt Gibel

8524Ich mag rote Dessertweine. Nicht jede Woche, aber hin und wieder, und meist zu Rosellas «gesundem» Schokoladekuchen.

Delinat hat mit dem Dolç Adrià einen tollen Süsswein im Sortiment: beerige, leicht rosinierte Nase, würzige Noten, opulente Süsse, die in den präsenten Tanninen und der noch immer frischen Säure perfekt eingebettet sind. Im langen Abgang ist er sehr harmonisch, und die 17 Volumenprozent werden kaum wahrgenommen, selbst wenn er nicht kühl getrunken wird. Himmlisch zu besagtem Schoggikuchen. Alle, die es probieren wollen, finden das Rezept unter www.delinat.com/kuchen.

Albet i Noya Dolç Adrià
50 cl, Catalunya DO 2007
www.delinat.com/8524.07

Hans Wüst

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