Mit Staumeldungen gegen Wildschweine

In den Weinbaugebieten Europas steht die Ernte unmittelbar vor der Tür oder hat bereits begonnen. Es ist die Zeit, wo unerwünschte Gäste den Winzern die reifen Trauben streitig machen. Vielerorts sind Wildschweine ein Problem, die sich nachts die Bäuche mit den süssen Früchten vollschlagen. Wo Wildschweine zu Tausenden in den Wäldern unterwegs sind – wie etwa in der Provence – sind Elektrozäune meist die einzige wirkungsvolle Abwehrmassnahme.

La Tour des Vidaux

Volker Paul Weindel vom Weingut La Tour des Vidaux in der Provence mit einem Traubenstielgerüst, das von Wildschweinen kahlgefressen wurde.

Von einer neuen, pfiffigen Idee berichtet jetzt unser Winzer Volker Paul Weindel vom Weingut La Tour des Vidaux. «In der kritischen Zeit – ab etwa zwei Wochen vor der Ernte – installiere ich fünf Radioapparate im Weinberg und lasse nachts den Verkehrsfunk laufen. Das wirkt ganz gut, da Musik ständig mit Sprache und akustischen Signalen wechselt. Die Wildschweine werden so etwas auf Distanz gehalten», erklärt der Winzer. Vereinzelt getrauen sich die Wildsauen trotzdem in den Weinberg und tun sich an den Trauben gütlich.

Drachen gegen Starenplage

Andernorts – etwa im österreichischen Burgenland – sind nicht die Wildschweine, sondern die Stare das grosse Problem. Die Beeren fressenden Vögel fallen jeweils gleich schwarmweise über die reifen Trauben her und hinterlassen grosse Schäden. Einige Weinbauern schützen ihre Reben mit Netzen, was aber aufwändig und kostspielig ist. Andere stellen Schussapparate auf, welche die heranfliegenden Vögel durch Knallgeräusche vertreiben sollen.

Drachen im Weinberg

Fliegende Drachen über den Weinbergen von Werner Michlits im österreichischen Burgenland

In Pamhagen, wo das Weingut Meinklang zu Hause ist, haben sich die Weinbauern zusammengeschlossen und gemeinsam mehrere Feldhüter engagiert. Diese schiessen mit Platzpatronen in die Luft, sobald die drohende Gefahr herannaht. «Diese Methode erweist sich als örtlich sehr flexibel und effizient», erklärt Meinklang-Winzer Werner Michlits. Er selber setzt noch auf eine andere, originelle Idee: «Wir haben bemerkt, dass Greifvögel für Stare eine gewisse Schreckfunktion haben.» Der Winzer lässt deshalb Drachen steigen. «Damit lassen sich Raubvögel gut imitieren und die Stare bleiben auf Distanz», sagt er.

Wie würden Sie Ihre reifen Trauben vor unerwünschten Gästen schützen? Haben Sie weitere pfiffige Ideen, wie sich Wildschwein & Co. vom Weinberg fernhalten lassen? Wir freuen uns über originelle Vorschläge unten im Kommentarfeld. Herzlichen Dank.

Madame Delmas drückt aufs Gaspedal

Letzte Station unserer achttägigen Südfrankreich-Reise ist die Domaine Delmas in Antugnac südlich von Carcassonne. Bernard Delmas ist ein wahrer Meister in der Schaumweinherstellung. Nach einem Rundgang durch die Weinberge degustieren wir zusammen mit ihm und seiner Frau Marlène verschiedene Crémant und Blanquette de Limoux.

Domaine Delmas

Delmas steht für beste Schaumweinqualität aus dem Languedoc.

Beide Schaumweine entstehen im traditionellen Champagner-Verfahren. Die Qualität dieser perlenden Preziosen überzeugt mich immer wieder aufs Neue. Anschliessend gehts in den Keller, wo die jüngsten Grundweine aus den Sorten Chardonnay, Chenin Blanc und Pinot Noir sowie der autochthonen Mauzac probiert werden. Sie reifen separat in Stahltanks, ehe sie dann in der Flasche vereint die zweite Gärung durchmachen und so die feine Perlage und ihr unverwechselbares Aroma erhalten.

Domaine Delmas

Bernard und Marlène Delmas haben mit ihren Crémant de Limoux und Blanquette de Limoux grossen Erfolg.

Die Zeit wird knapp

Plötzlich läuft uns die Zeit davon. Um 11.30 Uhr gilt es, den reservierten TGV im 50 Kilometer entfernten Carcassonne zu erwischen. Marlène Delmas chauffiert uns hin. «Meine Frau fährt sehr gut Auto», ruft uns Bernard Delmas noch nach, nachdem wir uns verabschiedet und den Wagen bestiegen haben. «Keine Angst vor einer Frau am Steuer», versichert sich wenig später unsere Chauffeuse, während sie sicher und routiniert die schmalen Strassen durch das Tal der Aude meistert. In der kleinen Stadt Limoux beginnts zu stauen. Wir kommen während längerer Zeit nur noch zähflüssig voran – die Zeit wird langsam knapp. Als sich der Knoten löst, drückt Madame gehörig aufs Gas, überholt Fahrzeug um Fahrzeug. Zehn Minuten bevor der Zug fährt, halten wir direkt vor dem Bahnhof: «Uff, das war knapp», entfährt Marlène ein tiefer Seufzer. Wir sagen «Chapeau, Madame» und verabschieden uns mit gehörigem Respekt vor ihren Fahrkünsten.

Erfreuliche Ernteaussichten

Auf der achtstündigen Zugfahrt zurück in die Schweiz bleibt viel Zeit, die intensive Reise zu reflektieren. Wir haben viel Erfreuliches und Ermutigendes gesehen und erlebt. Dazu gehört ganz generell eine vielversprechende Aussicht auf die Traubenernte 2011, die in den nächsten Tagen in ganz Südfrankreich beginnt.

Syrah

Die Weinlese steht vor der Tür: Alle unsere Biowinzer in Südfrankreich können schöne und gesunde Trauben ernten.

Im Gegensatz zu den knochentrockenen Vorjahren waren sowohl die Provence wie auch das Languedoc heuer mit ausreichend Niederschlägen gesegnet. Gesundes und reifes Traubengut wartet jetzt darauf, von fleissigen Winzerhänden geerntet zu werden. Und wir dürfen uns auf einen ausgezeichneten neuen Weinjahrgang freuen.

Alle Artikel der Reise nach Südfrankreich:
Tag 1: Edles Gewürz und edle Weine
Tag 2: Der ganze Weinberg ein einziger Hotspot
Tag 3: Verheissungsvolle Wein-Entdeckungen
Tag 4: Stille Wein-Revoluzzer mit Doktorhut
Tag 5: Madame Delmas drückt aufs Gaspedal

Stille Wein-Revoluzzer mit Doktorhut

Beinahe wären wir am reizvollen Lac du Salagou hängen geblieben. Doch kurz bevor uns die Ferienstimmung dieser reizvollen Landschaft im Languedoc vollständig übermannte, mahnten die beruflichen Pflichten zur Weiterreise. Ziel ist ein weiteres neues Weingut, das ich im vergangenen Dezember schon einmal besucht habe: die Domaine der Gebrüder Jean und Paul Lignères 30 Kilometer westlich von Narbonne. Die beiden sind Teilzeit-Winzer: Jean ist Dorfarzt in seinem Wohnort Moux, Paul Zahnarzt in Narbonne. Beide haben ihr Ärztepensum auf 50 Prozent reduziert, um sich intensiv jenem Weingut zu widmen, das ihre Eltern 1957 erworben haben.

Weinkeller

Der Autor (links) mit den Ärzte-Winzern Paul (vorne) und Jean Lignères im Barriquekeller.

Die Natur machen lassen

Seit der Umstellung auf Bio im 2002 gelten die beiden naturverbundenen Ärzte als stille Wein-Revolutionäre. Am liebsten würden sie den Medikamentenschrank mit ihrem Wein aus gesunder Natur bestücken und ihre Patienten nur noch damit kurieren. Möglichst viel der Natur überlassen, lautet ihre Devise im Weinbau. Bei der Vinifikation gehen sie bei einzelnen Weinen gar so weit, dass sie kaum mehr eingreifen und beispielsweise vollständig auf Schwefel verzichten. Der so entstehende Vin naturel sorgt vorab in Japan für Furore und reissenden Absatz.

Der Montagne de l’Aric – ein neuer Delinat-Wein trägt seinen Namen.

Keine reinen Naturweine, dafür zwei ihrer terroirgeprägten Bioweine finden demnächst Eingang ins Delinat-Sortiment: der Montagne de l‘Aigle und der Roches d‘Aric. Die beiden Cuvées aus einheimischen Trauben wie  Grenache, CarignanSyrah und Mourvèdre werden bei uns begeisterte Anhänger finden, davon bin ich felsenfest überzeugt.

Schlapper Teich und spriessende Hecken

Nur einen guten Steinwurf von den beiden Ärzte-Winzern entfernt liegt Château Coulon. Also nutzen wir die Gelegenheit und machen noch einen kurzen Abstecher zu unserem guten Freund und Partner Louis Fabre. Hier interessiert uns vor allem, wie sich die grossen Anstrengungen, alle Rebparzellen mit einem zusammenhängenden Netz von Hecken und Bäumen zu verbinden, entwickeln.

Château Coulon Fruchtbäume

Zwei Reihen mit Fruchtbäumen mitten durch den Weinberg – das Vernetzungsprojekt auf Château Coulon kommt gut voran.

Abgesehen von einem kleinen Teich, der völlig ausgetrocknet und wild überwachsen ist, zahlen sich die Massnahme zugunsten einer grösseren Biodiversität bereits aus. Die im Verlauf der letzten beiden Jahre über mehrere Kilometer angepflanzten Hecken und Bäume gedeihen prächtig und bieten bereits neuen Lebensraum für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt.

Alle Artikel der Reise nach Südfrankreich:
Tag 1: Edles Gewürz und edle Weine
Tag 2: Der ganze Weinberg ein einziger Hotspot
Tag 3: Verheissungsvolle Wein-Entdeckungen
Tag 4: Stille Wein-Revoluzzer mit Doktorhut

Verheissungsvolle Wein-Entdeckungen

Provence adieu. Wir reisen westwärts Richtung Languedoc. Im Westen nichts Neues? Ganz im Gegenteil. Mit unserem langjährigen Südfrankreich-Partner Gilles Louvet machen wir uns auf die Suche nach neuen Bioweingütern. Nordwestlich von Avignon treffen wir im kleinen Städtchen Goudargues, das mit seinen offenen Kanälen einen Hauch von Venedig verbreitet, auf Brigitte Martinez und Philipp Dubois. Ihre Grenache-, Syrah– und Cinsault-Rebstöcke wachsen am Fusse der wellenförmigen Hügelkette La Font des Couteaux. Das gleichnamige Weingut bietet dem Winzerpaar und seinen beiden Kindern derzeit bloss Teilerwerb. Philipp arbeitet hauptberuflich als Erzieher in einer Behindertenwerkstätte. Seine Wochenenden aber gehören der Familie und dem Rebberg.

La Font des Coutaux

Sie freuen sich auf die Zusammenarbeit: Philippe Dubois und Brigitte Martinez mit dem Autor (Mitte).

Wein aus roter Erde

Als Volltreffer entpuppt sich auch unsere nächste Neuentdeckung: Am landschaftlich reizvollen Lac du Salagou, 50 Kilometer westlich von Montpellier, hat sich Sébastien Rouve einen Traum erfüllt. Schon seine Grosseltern und Eltern haben Weinbau betrieben, die Trauben aber an eine Genossenschaft verkauft. «Ich habe immer gesagt: Eines Tages steht mein eigener Name auf der Etikette», erzählt uns Sébastien. 2007 wurde sein Traum wahr – das Weingut Mon Rève war geboren. Seither keltert er seine Trauben (Syrah, Grenache, Carignan, Mourvèdre, Vermentino, Grenache Blanc, Roussanne und Grenache Gris) selber. Sie gedeihen fast alle auf leuchtend roten Schiefböden.

Mon Rève

Sébastien Rouve hat sich am Lac du Salagou mit dem Weingut Mon Rève einen Traum erfüllt.

Die beiden neuen Weingüter haben mich mit ihrer Weinqualität und ihrem ehrlichen Bekenntnis zum ökologischen Weinbau überzeugt. Sie werden diese Weine demnächst neu im Delinat-Sortiment finden.

Und noch ein Geheimtipp…

Sébastian Rouve hat uns übrigens seinerseits eine Entdeckung beschert, die ich allen Südfrankreich-Reisenden, die einen Abstecher ins rot schimmernde Bike- und Wanderparadies rund um den Lac du Salagou planen, nicht vorenthalten möchte. Etwas abseits vom See führt die gebürtige Bernerin Margrit Roth das Hotel-Restaurant La Palombe. Während sie für chaleureuse Gastfreundschaft sorgt, zaubert ihre französische Küchenchefin Gerichte auf den Teller, die punkto Preis-Genuss ihresgleichen suchen.

La Palombe

Wirtin Margrit Roth überrascht im Restaurant La Palombe nicht nur mir ausgezeichneter Küche, sondern auch mit einer schönen Auswahl an Bioweinen.

Dass uns Sébastien in dieses kleine Schlemmerparadies entführte, hatte natürlich noch einen anderen Hintergrund. Im stark biogeprägten Weinangebot figurieren auch jene von Mon Rève. Uns wars recht: So konnten wir uns unisono davon überzeugen, dass die Weine von Sébastien Rouve auch höchsten kulinarischen Ansprüchen problemlos genügen.

Alle Artikel der Reise nach Südfrankreich:
Tag 1: Edles Gewürz und edle Weine
Tag 2: Der ganze Weinberg ein einziger Hotspot
Tag 3: Verheissungsvolle Wein-Entdeckungen
Tag 4: Stille Wein-Revoluzzer mit Doktorhut
Tag 5: Madame Delmas drückt aufs Gaspedal

Der ganze Weinberg ein einziger Hotspot

Château Duvivier und eine kurze Nacht liegen hinter uns – wir streifen südwärts durch die Provence. Viele Rebberge machen einen «geschleckten», aber leider auch monotonen Eindruck. Hecken, Sträucher, Bäume und andere natürliche Strukturelemente wurden Opfer einer auf reine Bequemlichkeit getrimmten Wirtschaftsweise. Ökologiebewusste Winzer wirken solcher Monotonie mit Neupflanzungen von Hecken, Bäumen und Kräutergärten entgegen. Die sogenannten ökologischen Hotspots sorgen für neue Artenvielfalt.

Leider noch nicht ganz reif: Der Autor greift nach einer Feige im Rebberg von Biowinzer Volker Paul Weindel (links).

Biodiversität pur

In der Provence gibt es jedoch noch Orte, wo der ganze Weinberg bis heute ein einziger natürlicher Hotspot mit schier perfekter Biodiversität geblieben ist. Zum Beispiel auf der Domaine La Tour des Vidaux im Hinterland von Toulon. Jedes Mal wenn ich Volker Paul und Marlena Weindel auf ihrem Gut in Pierrefeu-du-Var besuche, fühle ich mich in einer andern (Wein-)Welt. Hier, auf seinen exponierten Weinbergsterrassen, die einem Amphitheater gleichen, muss Volker aufpassen, dass die natürliche Vielfalt nicht überhandnimmt. Für mich ist das einer der schönsten und vielfältigsten Weinberge, die ich kenne.

Von der «Arena» mit dem Weingut führt ein steiler Weg hinauf ins «Amphitheater», wo auf Terrassen Reben, Bäume und wilde Kräuter wachsen.

Fruchtbare Partnerschaft

Was unsere ästhetischen und ökologischen Ansprüche derart begeistert, bedeutet für den Winzer mit dem langen, wilden Bart harte, schweisstreibende Arbeit. Die engen Steillagen lassen kaum eine maschinelle Bearbeitung zu. Als wir am Abend unten in der «Arena» auf der Terrasse des Weingutes auf die sonnenbeschienenen Rebhänge blicken und die Kochkünste von Marlena zusammen mit den köstlichen Weinen von La Tour des Vidaux geniessen, sprechen wir über Gott und die Welt , aber auch über Volkers langjährige Zusammenarbeit mit Delinat.

Für Volker Paul und Marlena Weindel ist die Zusammenarbeit mit Delinat eine fruchtbare Partnerschaft.

«Als eher unbekannter Winzer ist es für mich ein enormer Vorteil, dass ein Grossteil der Weine über den Delinat-DegustierService verkauft werden kann. So müssen wir uns nicht auch noch gross um die Vermarktung kümmern», sagt der Biowinzer zufrieden. Dann ist es Zeit, aufzubrechen. Auch heute ist es wieder spät geworden – Antoine Kaufmann lässt grüssen. Marlena fährt uns zum nahegelegenen Hotel – diesmal haben wir den Schlüssel im Sack – zum Glück.

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Tag 1: Edles Gewürz und edle Weine
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Tag 5: Madame Delmas drückt aufs Gaspedal

Edles Gewürz und edle Weine

Erste Station unserer Südfrankreichreise ist ein guter Bekannter: Seit 1998 wird das Delinat-eigene Weingut Château Duvivier in der Provence von Antoine Kaufmann bewirtschaftet. Ich staune immer wieder, mit welchem Engagement und welchen Ideen der Winzer die ökologische Revolution und die natürliche Vielfalt in seinen Weinbergen vorantreibt.

Die ökologischen Hotspots, die Winzerkollegen aus ganz Europa im Frühling 2010 gepflanzt haben, gedeihen prächtig.

Bei unserem Spaziergang durch die Rebanlagen interessieren uns vorerst die ökologischen Hotspots, die beim Winzertreffen 2010 von Biowinzern aus ganz Europa angepflanzt worden waren. Die kleinen Setzlinge haben sich in rund anderthalb Jahren zu stattlichen Sträuchern und kleinen Bäumchen entwickelt und sorgen so bereits für viel Abwechslung im Weinberg.

10 000 Safran-Setzlinge

Ein imposanter «Hotspot» innerhalb der Weinberge ist auch der grosse Gemüsegarten, wo gerade reife Tomaten, Kürbisse, Zucchini und andere Gemüse darauf warten, in der Schlossküche zu kulinarischen Leckereien verarbeitet zu werden. Direkt neben dem Garten zeigt uns Antoine ein brachliegendes Feld. Hier pflanzt er in den nächsten Tagen rund 10 000 Safran-Zwiebeln. Bereits Ende Oktober wird das Feld dann erstmals bläulich leuchten und die ersten Safranblüten können geerntet werden.

Antoine Kaufmann vor dem Feld, auf dem er in diesen Tagen 10 000 Safran-Zwiebeln setzt.

Damit entsteht auf Duvivier ein weiterer, farbiger Hotspot, der auch wirtschaftlich etwas abwerfen soll. 180 Blüten ergeben rund 1 Gramm rot-orange Safran-Fäden. Der Verkaufspreis dafür liegt laut Antoine bei rund 30 Euro. Das wertvolle Gewürz soll vor allem den Château-Gästen zum Kauf angeboten werden.

Vor verschlossenen Château-Türen

Wie sehr sich die ökologischen Bemühungen auch in der Qualität der Duvivier-Weine niederschlagen, durften wir dann einmal mehr bei einem gemeinsamen kulinarisch hochstehenden Nachtessen im abgelegenen, privaten Zuhause von Antoine und Irene Kaufmann feststellen.

Privataudienz bei Irene und Antoine Kaufmann: Richard Zumkemi (rechts) und der Autor freuen sich auf ein gediegenes Diner mit Duvivier-Wein.

Es wurde spät an diesem lauwarmen Sommerabend auf der weitläufigen Gartenterrasse. So spät, dass wir bei der Rückkehr zu unseren Gemächern im Château Duvivier unverhofft vor verschlossenen Türen standen. Uns blieb nichts anders übrig, als Schlossherrin Sylvia Fahs weit nach Mitternacht aus dem Bett zu klingeln. Sie nahms, trotz strengem Arbeitstag, mit Humor…

Alle Artikel der Reise nach Südfrankreich:
Tag 1: Edles Gewürz und edle Weine
Tag 2: Der ganze Weinberg ein einziger Hotspot
Tag 3: Verheissungsvolle Wein-Entdeckungen
Tag 4: Stille Wein-Revoluzzer mit Doktorhut
Tag 5: Madame Delmas drückt aufs Gaspedal

Meinklang: Pflanzen-Inseln im Weinberg

Wir haben Wien hinter uns gelassen und sind im Burgenland angekommen, wo auf dem Weingut Meinklang so richtig die Post abgeht: Angela und Werner Michlits sind innovative Winzer. Ihr grösster zusammenhängender Weinberg erstreckt sich über eine Fläche von 11 Hektar. Er ist mit Rebstöcken der Sorten Zweigelt, St. Laurent und Grüner Veltliner bepflanzt. Weil natürliche Strukturelemente wie Bäume, Hecken und Sträucher fehlen, wirkt die riesige Rebfläche in der weiten, flachen Landschaft monoton. Das soll sich nun in den nächsten Jahren radikal ändern.

Blick aus der Vogelperspektive: Die Rebzeilen werden unterbrochen um Pflanzen-Inseln Platz zu machen.

27 Inseln mit grosser Pflanzenvielfalt

Das junge Winzerpaar hat in Zusammenarbeit mit einer Botanikerin ein Renaturierungsprojekt gestartet, das in seiner Dimension im Weinbau bisher wohl einzigartig ist. Hunderte von Rebstöcken wurden entfernt, um 27 Inseln in Form von 50 bis 200 m2 grossen ökologischen Hotspots Platz zu machen.

Bäume, Sträucher, Blumen, Kräuter und Getreide sollen auf diesen Inseln zusammen mit Holz- und Steinhaufen Lebensraum für eine vielfältige Fauna und Flora bieten. Im Moment ist davon zwar noch wenig zu sehen. In den letzten Monaten gab es einen argen Rückschlag: Viele der neu gepflanzten Bäume sind der Trockenheit zum Opfer gefallen und verdorrt. Sie werden im kommenden Herbst nach der Ernte ersetzt.

Familie Michlits beim Bewirtschaften der frisch angelegten ökologischen Hotspots.

Winzertreffen gab den Anstoss

Den Anstoss zu diesem Öko-Projekt hat das Delinat-Winzerseminar 2010 auf Château Duvivier gegeben. Werners Eltern Annelies und Werner Michlits sen. waren dabei, als Hans-Peter Schmidt, Leiter des Delinat-Institutes, das Anlegen von ökologischen Hotspots zur Verbesserung der Biodiversität in den Weinbergen propagierte. Werner Michlits sen. sah vorerst nur rot, als er von dieser neuen Idee hörte. Seine dezidierte Meinung: Bäume mitten in den Rebbergen würde das Problem mit den Staren, die im Burgenland jeweils vor der Ernte über die heranreifenden Trauben herfallen, nur noch verschärfen, wenn man ihnen quasi zusätzliche Start- und Landeplätze bot. Und die maschinelle Bearbeitung der Weinberge würde massiv behindert.

Der praktische Anschauungsunterricht in den Rebbergen von Antoine Kaufmann auf Château Duvivier dürften dann aber ein Umdenken bewirkt haben. «Als meine Eltern aus Frankreich zurückkehrten, sprachen sie ganz begeistert von diesen ökologischen Hotspots», erinnert sich Werner jun. Bei ihm und Angela rannten sie damit offene Türen ein, so dass der Weg für dieses einzigartige Biodiversitätsprojekt geebnet war.

Alle Artikel der Österreichreise:
Tag 1: Wachau: Toter Boden wird lebendig
Tag 2: Wagram – Grüner Veltliner aus der Gruft
Tag 3: Der Charme von Wien und Biowein
Tag 4: Meinklang: Pflanzen-Inseln im Weinberg

Alles andere als ein Winzling

Was ist das Gegenteil von einem Winzling? Logisch: ein Riesling. Mitunter gibt es unter diesen Gewächsen in der Tat ganz grosse Weine – vor allem aus Deutschland. Winzer von der Mosel, aus der Pfalz und Rheinhessen gehören weltweit zu den besten Riesling-Adressen.

Riesling Weinberg

Rote Erde in Rheinhessen: Winzer Tobias Zimmer (links) mit dem Autor im Weinberg, der dem Riesling Terra Rossa seinen Namen gab.

Trockene Rieslinge haben den Ruf, säurebetont zu sein. Sind sie auch. Das ist aber noch lange kein Grund, an gängigen Vorurteilen festzuhalten und der unumstrittenen Königin unter den Weissweintrauben abzuschwören. Denn säurebetont heisst nicht sauer, sondern steht im Idealfall für Kraft, Eleganz, Geschmeidigkeit und Haltbarkeit. Gut gemachte Rieslinge sind wunderbar harmonisch, finessenreich und mineralisch.

Erstklassige Bio-Rieslinge

Deutschlands Weinschatzkammer bietet erstklassige Rieslinge aus konsequent biologischem Anbau zu moderaten Preisen. Mit unseren drei deutschen Riesling-Winzern können wir da aus dem Vollen schöpfen. Alexander Pflüger ist mit der Aufnahme seines Weingutes ins Talente-Programm des VDP Pfalz (Verbandes der deutschen Prädikatsweingüter) gerade auf dem Sprung in die deutsche Weinelite. Die Pflüger-Rieslinge gehören zu den Rennern im Delinat-Sortiment.

An der Mosel profiliert sich Timo Dienhart immer mehr als Spitzenwinzer. Sein im Ökobereich äusserst innovatives Weingut zur Römerkelter gehört nicht nur zum Delinat-Forschungsnetzwerk, es nutzt die Gunst seiner Toplagen auch für die Herstellung von Top-Weinen, die von den Delinat-Kundinnen und -kunden fast durchwegs mit mindestens vier von fünf möglichen Sternen bewertet werden.

Ein Exot als Alternative

Für alle, die sich mit den traditionellen Stärken deutscher Riesling-Weine partout nicht anfreunden können, hier noch ein heisser Tipp: Der Terra Rossa vom Weingut Hirschhof in Rheinhessen öffnet das Tor in eine andere Rieslingwelt. Die Trauben für den Terra Rossa gedeihen auf der für Deutschland seltenen, rot schimmernden Kalksteinerde (Terra Rossa). Winzer Tobias Zimmer keltert daraus einen fruchtbetonten Riesling mit wunderschön eingebauter Restsüsse. Obwohl eher ein Riesling-Exot, überzeugt der Terra Rossa bei unseren Kunden ebenso wie bei Experten aus aller Welt: Am Internationalen Bioweinpreis 2010 wurde der Wein mit Grossem Gold und somit der höchstmöglichen Auszeichnung dieses Wettbewerbs ausgezeichnet.

Welches ist Ihr persönlicher Riesling-Favorit? Was schätzen sie an deutschen Rieslingen ganz besonders? Weshalb scheinen diese Weine in der Schweiz einen eher schweren Stand zu haben? Teilen Sie uns Ihre Meinung unten im Kommentarfeld mit. Herzlichen Dank.

Rückfall ins Mittelalter?

Massimiliana Spinola, Besitzerin des piemontesischen Delinat-Weingutes Castello di Tassarolo, und ihr Partner Henry Finzi-Constantine haben sich ein Pferd gekauft. Titouan, so sein Name, entkam dadurch knapp der Schlachtbank und kommt nun als bald fünfjähriges Arbeitspferd im Weinberg zum Einsatz.

Pferd im Weinberg

Ein PS ganz ohne Abgase: Titouan, das Arbeitspferd auf Castello di Tassarolo.

Rückfall ins Mittelalter oder unverbesserliche Nostalgiker? Aus ökologischer Sicht ist ein Pferd für die Reben auch heute noch besser als alle Traktoren. Es verursacht keine Abgase und keine Bodenverdichtung. Stattdessen liefert es frischen Naturdünger und vermittelt dem Winzerpaar ein gutes Gefühl und eine noch engere Beziehung zur Natur. Titouan habe die Atmosphäre auf dem Weingut sofort positiv verändert, schreibt mir Massimiliana. Diesen Effekt habe sie auch schon bei anderen Haustieren – etwa ihrem Hund Rusfus – bemerkt. Nur sei es beim Pferd noch viel mächtiger.

Tassarolo Kutsche

Titouan ist vielseitig einsetzbar.

Vielseitig einsetzbar

Titouan kommt auf Castello di Tassarolo beim Pflügen, beim Einsäen der Gründüngung, bei Laubarbeiten und beim Ausbringen von biodynamischen Präparaten zum Einsatz. Das Pferd stapft durch die begrünten Rebgassen, ohne Schaden an Begrünung und Boden anzurichten – selbst bei nassen Verhältnissen. Wie stark die Natur auf diesem Weingut im Vordergrund stehen, zeigen auch zwei Weine, die ganz ohne Schwefelzugabe gekeltert werden. Schon probiert?

Auf dem Weg zur Wein-Elite

Die Riesling Spätlese 1994 war der erste Wein, den wir vom Weingut Pflüger einkauften. Bei einem stetig wachsenden Kreis von Delinat-Kunden haben sich unterdessen die verschiedenen Pflüger-Rieslinge zu echten Liebhaberweinen entwickelt. Es erstaunt mich deshalb nicht, dass das Weingut jetzt ins Talente-Programm des VDP Pfalz aufgenommen worden ist und damit zum erweiterten Kreis der «deutschen Weinelite» gehört.

Alexander Pflüger

Engagiertes Talent: Alexander Pflüger hat das Weingut jetzt von seinem Vater Bernd übernommen.

Nur 4 von 15 schafften den Sprung

Das Talente-Programm des VDP Pfalz ist ein bundesweit einmaliges Programm des Verbandes der deutschen Prädikatsweingüter (VDP). Bei der Bestimmung der neuen Spitzentalente standen 15 Betriebe zur Auswahl. Vier davon konnten mit ihrem Gesamtpaket überzeugen. Neben der konstant überdurchschnittlichen Qualität war bei der Auswahl der Betriebe vor allem die Gesamtstruktur wichtig. Seit Jahren nennen Bernd und Alexander Pflüger beste Lagen der Mittelhaardt wie Spielberg, Michelsberg oder Herrenberg ihr Eigen. Traditionelle Rebsorten wie Riesling, Gewürztraminer und Burgundersorten bilden das Herzstück des Sortiments. Ein wichtiger Faktor ist auch die Winzerpersönlichkeit. Diese muss mit konsequentem Qualitätsdenken, spannenden Visionen und solider Ausbildung überzeugen.

5 Jahre landesweite Präsenz

Seit 1989 wirtschaftet das Weingut Pflüger nach den ökologischen Richtlinien von Ecovin. Seit 2008 ist es sowohl nach den Demeter- wie auch den Delinat-Richtlinien zertifiziert. Über allem schwebt die konsequente Umsetzung der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise, die den Geschmack des Terroirs noch deutlicher werden lässt. Das Delinat-Partnerweingut wird nun während fünf Jahren auf allen regionalen und nationalen Veranstaltungen des Verbandes der deutschen Prädikatsweingüter (VDP) vertreten sein. Wir freuen uns, diesen Betrieb der deutschen Nachwuchs-Elite in den eigenen Reihen zu haben und gratulieren herzlich zum steilen Aufstieg.