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Auf ein Glas mit… Erica Bänziger

Erica Bänziger ist leidenschaftliche Naturköchin und schreibt seit über 20 Jahren Kochbücher. Sie lebt im Tessiner «Dimitri- Dorf» Verscio und führt dort ihr Gesundheitsstudio Olivo. Bei einem guten Tropfen verrät sie, dass sie nicht nur beim Essen, sondern auch beim Wein auf Bio setzt.

Als Ernährungs- und Gesundheitsberaterin, Kochbuchautorin, Kursleiterin, Dozentin, Journalistin und Wildkräutersammlerin sind Sie eine vielbeschäftigte Frau. Was machen Sie am liebsten?
Erica Bänziger: Am liebsten beschäftige ich mich in der Natur mit essbaren Kräutern, Heilpflanzen und Bäumen. Ich liebe es, mit Kindern und meinen Eseln dem Fluss Melezza entlang zu wandern und den Leuten das Wesen der liebenswürdigen Esel und die Kräutervielfalt näherzubringen.

Wie bringen Sie alle Ihre Tätigkeiten unter einen Hut?
Na ja, das ist nicht so kompliziert. An einem oder zwei Wochenenden im Monat arbeite ich als Dozentin an der Apamed Fachschule in Jona. Als Leiterin von Koch- und Ernährungskursen bin ich vorwiegend abends tätig. Dazwischen schreibe ich Kochbücher, bin als freie Journalistin tätig, oft in der Natur unterwegs und koche für meine Söhne Filippo und Oliver. Dabei wird auch viel getestet und Neues ausprobiert.

Was ist Ihnen wichtig bei all Ihrem Tun?
Ich bin eine echte «Bio-Gans», und das seit über 25 Jahren. Bio, Nachhaltigkeit und Natur sind mir schon in meiner Jugend in Berlin wichtig gewesen. Ich liebe die Natur und möchte sie so schonend und respektvoll wie möglich behandeln, daran richte ich meine Aktivitäten aus.

Persönlich
Erica Bänziger hat ihre Wurzeln im Appenzellischen. Geboren wurde sie 1963 aber in der Nähe von München, aufgewachsen ist sie in Berlin. Seit 1997 lebt die diplomierte Ernährungs- und Gesundheitsberaterin im Tessin. In Verscio führt sie das Gesundheitsstudio Olivo, wo sie Leute bei der Ernährungsoptimierung begleitet. Ferner arbeitet sie als selbständige Referentin und Ausbildnerin.

Seit 20 Jahren verhilft sie als erfolgreiche Kochbuchautorin vergessenen Lebensmitteln zum Comeback und begeistert ihre Leser mit ihrer einfachen Küche für jeden Tag. Die Köchin aus Leidenschaft beweist mit ihren Rezepten immer wieder, wie lustvoll gesunder Genuss sein kann. Weitere Infos: www.ericabänziger.ch

Wie konsequent sind Sie dabei?
Bio ist ein Muss, und trotz aller Unkenrufe von Gegnern ist es für mich eigentlich unmöglich, nicht Bio einzukaufen. Wobei ich auch von Freunden und Bauern einkaufe, die aus Kostengründen nicht zertifiziert sind, die ich aber kenne und von denen ich weiss, wie sie wirtschaften.

Fein duftende Kräuter holt sich Erica Bänziger draussen in der Natur.

Weshalb leben Sie im Tessin?
Weil es mir der Süden und die etwas mediterranere Lebensart angetan haben. Hier kann ich zwei Esel halten und meiner Kreativität freien Lauf lassen. Künstler und Schreiber hat es ja immer schon in den Süden gezogen.

Ein im vergangenen Sommer verstorbener Künstler lebte in Ihrer Nachbarschaft. Kannten Sie den berühmten Clown Dimitri persönlich?
Ja, ich wohne ja unmittelbar neben seinem Theater, wo ich viele grossartige Aufführungen miterlebt habe. Für eine Reportage «Kochen mit Prominenten» einer Zeitschrift habe ich bei ihm zu Hause eine Polenta gekocht. Dimitri war eine sehr charismatische Person, die wir in Verscio sehr vermissen.

Wie stehen Sie als Ernährungs- und Gesundheitsberaterin zum Wein?
Ich liebe feine Rotweine, aber auch mal einen Rosé, wenn es heiss ist, oder ein Glas Prosecco. Gesund ist Wein ja auch wegen des Resveratrols. So gesehen gehört er zum mediterranen Lebensstil und zu meiner geliebten mediterranen Küche. Was wäre ein feines Essen mit Kräutern, Olivenöl ohne ein gutes Glas Biowein? Zurzeit beschäftige ich mich auch mit der Prävention von Alzheimer, und da gehört moderater Weinkonsum erfreulicherweise auch dazu.

Wo liegen Ihre Vorlieben?
Als Wahltessinerin mag ich Weine, die aus dem Süden kommen, Spanien, Italien, Portugal! Es dürfen auch leichtere, aber trotz allem gehaltvolle Rotweine sein. Ich finde, da hat Delinat, ohne zu schmeicheln, eine sehr schöne Auswahl, und es gibt immer wieder auch im Degu-Abo tolle Entdeckungen.

Wie kamen Sie auf Delinat?
Das ist lange her. Als ich in der Vita-Sana- Klinik in Breganzona als Ernährungsberaterin und ein Jahr auch als Gerantin des Sanotels tätig war, hatten wir Delinat-Weine im Sortiment. Seither kenne ich auch Astrid und Karl Schefer, die beide auch schon mit mir auf Kräutertour waren. Delinat ist für mich der Inbegriff für Biowein schlechthin! Auch an unseren Kochretreats mit meinen Ernährungsstudenten gehört Delinat-Wein immer dazu!

Ein Wunsch für die Zukunft?
Umziehen ist ein Muss. Super wäre eine kleine Bio-Pension oder ein eigenes B&B, wenn meine beiden 13- und 17- jährigen Jungs flügge oder ausgebildet sind. Einer macht eventuell eine Kochlehre. Wer weiss, was dann wird …

Weintipp Erica Bänziger

Ich liebe gehaltvolle Weine aus südlichen Ländern. Im Delinat-Sortiment finde ich diesbezüglich eine breite Auswahl. Zu meinen Lieblingsweinen gehört der Altos del Cierzo der Winzerbrüder Alberto und Santiago Ramírez vom Weingut Las Cepas. Er mundet mir sehr, auch weil er gut zu meiner eher einfachen, aber lustvollen Küche passt. Ein dichter, würziger und wunderbar geschmeidiger Rioja.

Altos del Cierzo
Rioja DOCa 2015
www.delinat.com/2664.15

 

Aus der Schatzkammer der Delinat-Winzer

Premium-Rotwein heisst das neue Wein-Abo. Es handelt sich um limitierte Liebhaberweine aus den Schatzkammern der Delinat-Winzer. Das Startpaket enthält drei edle Raritäten aus Italien, Spanien und Frankreich.

Immer wieder stossen die Delinat-Einkäufer bei den Winzern auf Raritäten und Spitzencrus aus besonderen Lagen und Jahrgängen. Gleichzeitig ist seit Längerem bei vielen Kundinnen und Kunden der Wunsch nach Weinen im Premium- Segment spürbar. So entstand die Idee für das neue Abo Premium-Rotwein. Diese Spitzencrus müssen, wie alle Delinat- Weine, den strengen Selektionsprozess durchlaufen und Delinat-zertifiziert sein. Zahlreiche Blind- und Vergleichsdegustationen mit Konkurrenzweinen in höheren Preislagen haben gezeigt, dass auch in diesem Segment viel Potenzial für ein überdurchschnittliches Preis-Genuss-Verhältnis vorhanden ist. Das neu zusammengestellte Startpaket mit drei streng selektionierten Raritäten aus Spitzenlagen, mit grossem Aufwand und Können erzeugt, in edelstem Holz gereift und nur in kleinen Mengen verfügbar.

Ein «Merlot-Amarone»

Der Orgno aus dem Hause Fasoli im Veneto wird wie ein Amarone hergestellt. Die besten Merlot-Trauben von 40-jährigen Rebstöcken werden nach der Handlese fast drei Monate auf Strohmatten im gut durchlüfteten Dachstock getrocknet. Die Saftausbeute wird klein, doch in den Beeren entwickeln sich konzentrierte, unvergleichliche Aromen. Durch eine lange und aufwändige, gleichzeitig aber sanfte Vinifikation wird diese Aromatik auf den Wein übertragen. Nach 15-monatiger Reife im Barrique entsteht ein vielschichtiger, kraft- und gehaltvoller Tropfen, von dem man sich wünschte, die Flasche möge nie leer werden.

Frankophiler Spanier

«Grosse Weine entstehen nur in grossen Jahren.» Getreu diesem Motto stellt Josep Maria Albet i Noya seine neue Spitzencru Verol nur in ausgezeichneten Jahren her. 2013 war das im Penedès der Fall. Die perfekt gereiften Cabernet- Sauvignon- und Syrah-Trauben der Toplagen Ton Gulart und Can Simón wurden als Letzte geerntet. «Es war im wahrsten Sinne des Wortes ein Rosinenpicken», blickt Josep Maria zurück. Gereift ist der edle Tropfen schliesslich zwei Jahre in neuen Eichenfässern verschiedener renommierter französischer Tonneliers. Die unterschiedliche Machart und die Toastungsgrade der Fässer erlaubten ein subtiles Spiel mit den Röstaromen. Wichtig war Josep Maria eine optimale Balance zwischen Frucht- und Röstaromen. Das ist hervorragend gelungen: ein komplexer, grossartiger Wein der schon jetzt, aber auch in vielen Jahren noch unvergleichlichen Trinkgenuss bietet.

Châteauneuf-du-Pape der Extraklasse

Die Brüder Daniel und Frédéric Coulon führen mit viel Liebe zur Natur in siebter Generation die renommierte Domaine de Beaurenard in Châteauneuf-du-Pape.

Die Spitzenlage Boisrenard gehört schon seit 1695 zum traditionsreichen Weingut und wird heute ausschliesslich mit dem Pferd bearbeitet. So wird jegliche Verdichtung des wertvollen Bodens vermieden. Die knorrigen, 70- bis 100-jährigen Rebstöcke ergeben nur noch kleine Erträge, aber die Trauben bestechen durch aussergewöhnliche Aromatik. Alle 13 für einen Châteauneuf-du-Pape zugelassenen Traubensorten werden bei optimaler Reife von Hand gelesen, sorgfältig selektioniert und gemeinsam im grossen Holzbottich vergoren. Nach 18-monatiger Reife im Eichenholzfass wird der Wein ungeschönt und unfiltriert auf die Flasche gezogen.

Ein Châteauneuf-du-Pape der Extraklasse – kraftvoll, aromatisch, terroirbetont und mit grossem Lagerpotenzial!

Das Weinpaket mit jeweils drei Raritäten wird zweimal im Jahr, jeweils vor Ostern und Weihnachten, direkt und portofrei an die Haustüre geliefert. Der Preis liegt zwischen 100 und 150 Franken, bzw. 90 und 130 Euro pro Paket.

Weitere Informationen: www.delinat.com/weinabo

Wie viel darf eine Flasche Wein kosten?

Wie viel ist ein Wein wert? Was ist von einer Flasche unter 3 Euro zu halten? Was von einem Tropfen, der 100 und mehr Euro kostet? Zwei Gastautoren, der Weinmacher und Blogger Dirk Würtz aus dem Rheingau und Winzer Tobias Zimmer vom Weingut Hirschhof in Rheinhessen, äussern ihre persönliche Meinung zu diesem kontroversen Thema.

Winzer Tobias Zimmer ist der Meinung, dass Flaschenpreise von 60 Euro oder mehr nur durch Marketingkosten zu rechtfertigen sind.  Dirk Würtz dagegen schreibt (siehe unten), viele Winzer würden sich selber ausbeuten: Wein sei ein Kultur- und auch ein Luxusgut, hinter dem «Qualität und viel Arbeit steckt».

Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Lesen Sie die Argumente beider Autoren und schreiben Sie uns Ihre Meinung als Kommentar unter diesen Beitrag.

Tobias Zimmer, Winzer: «Der Unterschied zwischen einem guten 20-Euro- und einem 100-Euro-Wein ist nicht zu schmecken»

Tobias Zimmer führt das traditionsreiche Delinat-Weingut Hirschhof in Rheinhessen.

Wer sich mit der Frage auseinandersetzt, ob eine Flasche Wein mehr als 60 Euro kosten darf, landet automatisch in seiner ganz persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Luxus: Ist Wein für mich eher Luxusprodukt oder Lebensmittel? Eine solche Frage kann man stets nur subjektiv beantworten. Wer es sich leisten kann, jeden Tag eine Flasche Wein für 100 Euro zu öffnen, dem sei es gegönnt. Er muss nicht nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis fragen. Und dennoch steht dieses zu Recht im Zentrum vieler Verbraucherüberlegungen beim Weinkauf.

Dementsprechend versuchen wir als Weinbaubetrieb, der mittlerweile seit 26 Jahren kontrolliert ökologisch wirtschaftet, ein Produkt auf den Tisch zu bringen, das dem Kunden einen täglichen Weingenuss zu erschwinglichen Konditionen ermöglicht. Anders gesagt: Mir erscheint ein Kunde besser beraten, sich übers Jahr 100 Flaschen eines leckeren Westhofener Roten für 10 Euro zu gönnen, als einmal im Jahr einen 1000 Euro teuren Bordeaux verkostet zu haben.

Ganz objektiv hat ein Wein jenseits der 50- oder 60-Euro-Marke nichts mehr mit der Deckung seiner betrieblichen Entstehungskosten zu tun. Hierzu zählen die Erzeugungskosten im Weinberg und im Keller, die Abfüllkosten inklusive Ausstattung, die Marketing- und Vertriebskosten sowie die Kosten für betriebliche Abschreibungen. Je nachdem, wo das Produkt erstanden wird, kommen noch Margen für Versand und Handel dazu.

Natürlich reicht es dem Winzer nicht aus, nur seine Kosten zu decken. Er muss einen Gewinn erwirtschaften, um vom Weinbau leben und immer aufs Neue in die Zukunftsfähigkeit des Betriebes investieren zu können. Flaschenpreise von 60 Euro sind möglicherweise nur noch durch exorbitante Marketingkosten «auf der ganzen Welt» zu rechtfertigen. Sie haben aber nichts mehr mit Handlese, Steillagenweinbau oder qualitätsorientierter Erntemengenreduzierung zu tun. Für uns gesprochen deckt sich ein solcher Vertrieb auch nicht mit unserer persönlichen Vorstellung von Ökologie und Nachhaltigkeit.

Bei ehrlicher Betrachtung, auch als Weinfachmann, bei sorgfältiger Weinauswahl und Blindverkostung kann man den Unterschied zwischen einem guten 20-Euro- und einem 100-Euro-Wein nicht mehr schmecken. Machen Sie zu einem besonderen Anlass doch mal die Probe aufs Exempel.

Dirk Würtz, Weinmacher und Weinblogger: «Billig macht die Welt kaputt»

Dirk Würtz, Weinmacher im Rheingau, gehört zu den bekanntesten Weinbloggern Deutschlands.

Wein ist nicht einfach irgendein Lebensmittel. Auch wenn viele Verbaucherschützer das gerne so hätten. Wein ist ein Kulturgut, Wein ist europäische Geschichte und Wein ist Lebensgefühl. Natürlich braucht heutzutage niemand eine Flasche Wein. Das Trinkwasser ist sauber und Wirkung gibt es deutlich billiger. Man muss es wollen, Wein ist Luxus, unter Umständen Lebensgefühl, manchmal eben einfach nur Wirkung.

Als Konsument ist es mir wichtig, was ich zu mir nehme. Wie ich mich ernähre und was ich trinke. Billig ist nie gut. Billig macht die Welt kaputt und irgendwann auch mich. Die Agrarindustrie will mich nicht ausgewogen ernähren, sie will Geld verdienen. Als Winzer will und muss ich das auch. Ich kann theoretisch alles optimieren und mithilfe von Maschinen und billigen Aushilfen die Produktionskosten in ungeahnte Tiefen drücken. Ich kann meine Arbeitsleistung und die meiner Familie – sofern es sich um einen Familienbetrieb handelt – schönrechnen. So machen das viele. Sie beuten sich selbst aus, um dem Preisdruck standzuhalten. Aber ist das sinnvoll? Nein, das ist es nicht. Und das hat viele Gründe.

Manchmal, wie an der Mosel, liegt es schlicht an den äusseren Umständen. Weinbau in Steillagen ist per se extrem aufwendig. Und wenn dann einer noch hoch qualitativ arbeitet, unter Umständen sogar zertifiziert ökologisch, geht billig nicht. Und ja, manchmal geht es auch um Marketing. Luxusprodukte haben immer etwas mit Marketing zu tun. Sie sind emotional aufgeladen. Aber auch das gibt es nicht umsonst. Dahinter steckt immer Qualität und viel Arbeit.

Natürlich braucht das keiner, und natürlich interessiert das 95 Prozent der Konsumenten nicht. Warum auch? Es gibt auch Autos, die irrsinnig viel Geld kosten. Von denen träumen komischerweise ganz viele. Von einer Flasche Wein für 10 000 Euro träumt beinahe niemand. Es ist für viele absurd, dass ein Getränk so viel kosten kann. Es ist eben eine Frage des Blickwinkels, der eigenen Erlebniswelt, und es hat mit Toleranz zu tun.

Mich persönlich macht diese latente, ganz besonders urdeutsche Angst der Konsumenten, permanent übervorteilt zu werden, wahnsinnig. Warum denkt jeder, er wird betrogen, wenn etwas kein Schnäppchen ist? Warum denkt jeder, dass es jedes Produkt immer irgendwo billiger gibt und es dabei aber bitteschön auch noch gut sein muss? Antworten gibt es viele – leider! Eine davon ist, dass jeder das Geld, das er verdient, möglichst «angenehm» anlegen will. Ein Kilo Fleisch für 1,99 Euro, und schon bleiben mehr Euros für den Urlaub. So tickt die Welt, und derjenige, der mehr Geld für sein Produkt verlangt, ist ein potenzieller Drecksack. Einer, der mir den Urlaub versaut, weil er mir für unnötiges «Zeug» das Geld aus der Tasche zieht. Ja, das war polemisch. Absichtlich.

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Auf Tuchfühlung mit den Winzern

Im November 2016 ging in Zürich zum 6. Mal der Slow Food Market über die Bühne. Über 280 handwerklich orientierte Produzenten präsentierten während drei Messetagen den rund 12 000 Besucherinnen und Besuchern traditionell, sauber und fair hergestellte Köstlichkeiten. Darin eingebettet war zum ersten Mal der Delinat-WeinMarkt. 30 der besten Biowinzerinnen und -winzer aus ganz Europa präsentierten ihre Weine und standen den Besuchern persönlich Rede und Antwort zu Herstellungsmethoden, Biodiversität oder Traubensorten. Wie unsere Bildreportage zeigt, nutzten viele die ausgelassene und gemütliche Stimmung für einen kurzen Schwatz mit dem Lieblingswinzer oder für Neuentdeckungen.

Grossen Anklang hat auch das in Zürich erstmals präsentierte Delinat-Weinforum gefunden. An kurzen, geführten Degustationen zu verschiedenen Themen konnten die Besucher mit Diplom-Sommelier Dirk Wasilewski tiefer in die Welt der Weine aus reicher Natur eintauchen. Zudem kamen im Forum auch den ganzen Tag über Delinat-Winzer zu Wort. Sie erläuterten aus erster Hand, was Weinanbau nach der Delinat-Methode im Rebberg bedeutet und bewirkt.

Die nächsten Auftritte des Delinat-WeinMarkts mit verschiedenen Biowinzern aus ganz Europa finden am Slow Food Market in Bern vom 10. bis 12. März 2017 sowie an der Slow Food Messe in Stuttgart vom 20. bis 23. April 2017 statt.

Holunderduft oder Katzenpipi

Über Gerüche und Geschmack kann man sich streiten, und nicht jeder empfindet süss, sauer, salzig oder bitter gleich stark. Unsere Sinneswahrnehmungen sind individuell geprägt. Darum lässt es sich auch genüsslich über einen Wein diskutieren.

Beschreiben wir einen Wein, dann schildern wir meistens Sinneseindrücke: Er duftet fein, ist rassig und kräftig. Den feinen Duft registriert die Nase, also unser Geruchssinn. Rassig, das heisst eher säurebetont, sagt unser Geschmackssinn. Der kräftige Eindruck stammt vom hohen Extraktgehalt, vor allem vom Tannin. Es wird vom Tastsinn (pelzig) und vom Geschmackssinn (bitter) registriert. Die Sinneswahrnehmungen unterscheiden sich von Mensch zu Mensch. Ebenso könnte der gleiche Wein so beschrieben werden: «Ich finde den Duft verhalten, er könnte intensiver sein, dafür ist mir der Wein zu sauer und am Gaumen zu kratzig.» Warum dieser grosse Unterschied? Unsere Sinnesrezeptoren sind unterschiedlich entwickelt und auch genetisch geprägt. Ein Beispiel: Nicht jeder Gaumen produziert gleich viel Speichel; je weniger, umso stärker attackiert das Rotweintannin die Schleimhäute.

Superschmecker

Die Forscherin Linda Bartoshuk untersuchte, wie viele Geschmacksknospen die Zunge des Menschen enthält. Sie stellte fest, dass diese Anzahl beträchtlich variiert. Je mehr Knospen, umso besser schmecken wir. Bartoshuk unterscheidet drei Gruppen von Schmeckern: Supertaster, Normaltaster und Nontaster. Besonders deutlich zeigte sich der Unterschied bei bitterem Geschmack, doch auch bei süss, sauer, salzig und umami (fleischig und herzhaft) ist die Anzahl Knospen ausschlaggebend für unser Geschmacksvermögen.

Wunderschön stinkig

Auch der Duft wird unterschiedlich wahrgenommen. Die Medizin unterscheidet verschiedene Geruchsstörungen: Die Anosmie, das Fehlen des Geruchssinns, die Hyposmie, der schwache, sowie die Hyperosmie, der übersteigerte Geruchssinn. Dann die Geruchsagnosie: Gerüche können nicht erkannt und benannt werden. Beschwerlich wird es auch bei der Kakosmie, bei der ein Wohlgeruch als stinkig empfunden wird, und umgekehrt bei der Euosmie: Ein übel riechender Wein entzückt die Nase. Beinahe unheimlich wird es bei der Phantosmie, dem Riechen von Gerüchen, die gar nicht da sind. Beruhigender ist dagegen die Entdeckung von Forschern, dass Verliebte salzig und sauer stärker empfinden, süss und bitter dagegen schwächer. Riechen ist sehr individuell und lässt gerade beim Weindegustieren viel Raum für interessante Gespräche.

Gerüche wecken Emotionen

Und noch etwas beeindruckt: Wir erinnern uns nach Jahrzehnten noch an Gerüche: Düfte aus der Kindheit, wie beispielsweise Omas Apfelkuchen. Gerüche gelangen direkt ins limbische System unseres Gehirns, das für Emotionen zuständig ist. Bevor wir einen Duft benennen können, müssen wir ihn einmal gerochen haben. Wer eine Katze hat, umschreibt den Duft von reifem Holunder schon mal als Katzenurin, in Weinkreisen vor allem bekannt beim Sauvignon Blanc.

Unser Wohlbefinden hängt stark ab von unseren Gefühlen, von unseren Sinneseindrücken. Es lohnt sich, schwach ausgebildete Sinne zu trainieren. Ein Grund mehr, Wein nicht einfach zu trinken – sondern bewusst zu geniessen; darauf zu achten, was bei einem Wein besonders auffällt. Was uns gefällt und warum. So bringt uns ein Glas Wein bis ins hohe Alter ein Stück Lebensfreude.

Tipps zur Geruchsschulung
An Getränken und Speisen riechen – und den Geruch beschreiben (= speichern)

Wein-Degustationsnotizen lesen – und mit eigenen Wahrnehmungen vergleichen

Dunkle Schraubgläser mit Gewürze füllen, regelmässig daran riechen und erraten, was es ist

Neue Düfte kennenlernen

Sich aufs Riechen konzentrieren: Sich Zeit nehmen. Störend dabei sind Hitze, Kälte, Lärm, grelles Licht und Fremdgerüche.

Durch die Stadt schlendern und bewusst Düfte wahrnehmen und beschreiben

Auf zu neuen Ufern

Das kleine, aber feine Delinat-Reiseprogramm erhält Zuwachs: Neue Destinationen im 2017 sind die Region Bodensee-Zürichsee, das Veneto sowie Nordspanien. Alle drei Reisen bieten viel Genuss und direkten Einblick in den anspruchsvollen Weinbau nach der Delinat-Methode.

Weinberg Lenz mit Weitblick ins Thurtal.

Das Weingut Lenz in Iselisberg in der Ostschweiz hat sich zum ökologischen Vorzeigeweingut gemausert. 2015 konnte ein neuer Weinkeller mit Verkostungsraum und Weinlounge in Betrieb genommen werden. Dabei wurde so viel in erneuerbare Energien (Sonne, Erdwärme) investiert, dass Lenz heute als erstes energieautonomes Weingut der Schweiz dasteht. Es wird auf dem Betrieb sogar mehr Energie produziert, als für den Eigenbedarf benötigt wird. Ebenfalls 2015 wurde der Betrieb von Karin und Roland Lenz vom Weinmagazin «Vinum» zum «Schweizer Bioweingut des Jahres» gekürt. Das Weingut steht neben verschiedenen Slowfood-Produzenten im Zentrum der neuen Reise «See.Land.Fluss … Genuss». Die viertägige Wein- und Genussreise vom 21. bis 25. Juni 2017 bietet unter anderem spannende Begegnungen mit dem Bodensee und seinen Fischen, der Slowfood-Arche Höri-Bülle (rote Speisezwiebel vom Bodensee), dem Weingut Lenz, dem Kloster Fischingen und den Bergkartoffeln von Freddy Christandl in Rapperswil.

Valpolicella und Prosecco

Die grosse Nachfrage nach den beiden Italien-Reisen in die Toskana und ins Piemont hat dazu geführt, dass in diesem Jahr erstmals eine dritte Destination angeboten wird: das Veneto. Ausgangspunkt der viertägigen Reise vom 6. bis 10. August 2017 ist die Opernstadt Verona, wo in der prachtvollen Arena eine eindrückliche Inszenierung von Giuseppe Verdis «Aida» wartet. Weinfreunde machen Bekanntschaft mit den beiden Biopionieren Amadio und Natalino Fasoli, deren Weine sich weit über die Bioszene hinaus grosser Beliebtheit erfreuen. Die beiden Winzerbrüder geben nicht nur Einblick in ihre Erfolgsgeschichte und ihren vorbildlich ökologischen Weinbau, sie zeigen uns auch die kulturellen und landschaftlichen Reize des Valpolicella-Gebiets und geben gute Tipps für einen Ausflug in den Lessinia-Naturpark. Die Reise führt bis ins Prosecco-Gebiet, wo Winzer William Savian einen beeindruckenden Pakt mit der Sonne geschlossen hat: Der ganze Betrieb funktioniert mithilfe von Solaranlagen energieautark.

Von Barcelona nach Bilbao

Windpark in Nordspanien

Albet i Noya, das erfolgreichste Bioweingut Spaniens, ist seit Jahren der grosse Renner bei der Wein- und Genussreise Katalonien. Da die Reise immer rasch ausgebucht ist, hat zusätzlich eine siebentägige Reise «Von Barcelona nach Bilbao» vom 25. September bis 1. Oktober 2017 Eingang ins Programm gefunden. Fast einen ganzen Tag lang geben Winzer Josep Maria Albet i Noya und Kellermeisterin Marga Torres Einblick in ihr ökologisches Vorzeigeweingut und präsentieren eine facettenreiche Weinpalette. Auf der Reise nordwärts Richtung Bilbao gibt es weitere spannende Zwischenhalte bei Delinat-Winzern: bei Azul y Garanza in der geheimnisvollen Navarra-Halbwüste Bardenas Reales mit ihren bizarren Felsformationen; bei Osoti-Winzer Francisco Ruíz in der Rioja und bei Raúl und Jorge Ripa Zudaire auf der Bodega Quaderna Via am berühmten Jakobsweg nach Santiago de Compostela.

Mehr Impressionen von den Weinreisen und Anmeldung: www.delinat.com/weinreisen

Traktoren unter Strom

Ein Jahrhundert lang wurde am Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren gearbeitet. Mit ernüchterndem Ergebnis: Noch immer landen nur gerade rund 20 Prozent der verbrannten Energie im Antrieb. Von fünf Litern Benzin oder Diesel werden vier Liter umsonst verbrannt. Auch sie erzeugen das Klimagift CO2 und heizen die Atmosphäre auf. Dass dies so ist, hat mit Physik zu tun, deren Gesetze auch mit modernster Technik nicht ausgehebelt werden können.

Ganz anders sieht die Bilanz beim Elektromotor aus, der einen Wirkungsgrad von rund 90 Prozent erreicht. Zieht man die Energie für Heizung, Kühlung, Licht usw. des Fahrzeugs ab, fliessen noch immer 85 Prozent in den reinen Antrieb. In Anbetracht dieser eklatanten Unterschiede grenzt es an ein Wunder, dass die Autoindustrie nicht schon vor Jahrzehnten ernsthaft in den Elektroantrieb investiert hat. Es brauchte wohl den südafrikanisch-amerikanischen Querdenker und Haudegen Elon Musk, der mit Tesla gezeigt hat, wie das gehen kann. Der Schrecken bei den etablierten Automarken sitzt tief, und erst langsam beginnt sich die Schockstarre zu lösen.

Vergleich der Emissionen

Den gesamten CO2-Ausstoss von Elektrofahrzeugen und Verbrennern zu vergleichen, ist eine komplexe Angelegenheit. Einen guten und seriösen Emissions-Vergleich (PDF) hat der Schweizer Martin Rotta für den deutschsprachigen Raum erstellt. Ergebnis: Elektofahrzeuge haben die Nase vorn – wie weit vorn, hängt davon ab, wie der benötigte Strom erzeugt wird.

Es ist völlig klar, dass das Bild auf den Strassen sich stark verändern wird. Aber nicht nur dort. Auch Industriemaschinen, die heute noch mit Diesel laufen, werden elektrifiziert. Das dauert etwas länger, weil sich die Entwicklungskosten auf weniger Einheiten verteilen und der Anreiz für die Hersteller deshalb kleiner ist. Trotzdem gibt heute schon wegweisende Projekte, zum Beispiel von grossen Traktor-Herstellern.

Eines darf man bei aller Euphorie aber nicht vergessen: Die Ökobilanz von Elektrofahrzeugen ist nur so gut wie die des eingesetzten Stroms. Stammt dieser von Kohlekraftwerken, ist die Bilanz katastrophal. Da schneiden sogar Benziner besser ab. Geradezu ideal ist es hingegen, wenn Strom von «neuen erneuerbaren» Quellen wie Photovoltaik oder Wind direkt in die Akkus der Fahrzeuge fliesst und nicht erst über lange Leitungen transportiert werden muss.

Richtlinien fördern grüne Energie

Solarstrom für Weingüter
William Savian aus dem Veneto produziert mit einer 200-Kilowatt-Anlage genügend Strom für Weinkeller und Lager, und es würde auch noch für Traktoren und Autos reichen. Die meisten Winzer verfügen über grosse Dachflächen, die sich für Photovoltaik eignen.

Das Thema Energiegewinnung und Elektroantrieb haben wir bei Delinat seit Jahren immer wieder mit unseren Winzern diskutiert. Und nun haben wir es in die Delinat-Richtlinien 2017 aufgenommen. Ideal wäre, wenn jeder Winzer seinen eigenen Strom produzieren und sich von Kraftstoffen unabhängig machen könnte. Das wäre nicht nur ökologisch, sondern langfristig auch ökonomisch interessant. Der neue Passus in den Richtlinien 2017 lautet: Ab 2021 muss die Energie für den Betrieb aus erneuerbaren Quellen selbst erzeugt werden:

  • Auf Stufe 1 Delinat-Schnecke: mindestens 30% des Energieverbrauchs
  • Auf Stufe 2 Delinat-Schnecken: mindestens 60% des Energieverbrauchs
  • Auf Stufe 3 Delinat-Schnecken: 100% des Energieverbrauchs

Damit haben unsere Winzer vier Jahre Zeit, ihre Anlagen zu planen und zu realisieren. So lange Diesel verbraucht wird, gilt ein einfacher Umrechnungssatz von 1 Liter Diesel = 10 kWh Strom.

Viele beginnen nicht bei null

Natürlich beginnen die wenigsten Winzer bei null. Die meisten haben entweder bereits Anlagen installiert oder solche geplant. Jenen, die Probleme mit Bewilligungen, Planung oder Realisierung haben, stellen wir Fachleute zur Verfügung und helfen wenn nötig bei der Finanzierung. Bei Härtefällen, wo Bewilligungen schwer oder nicht zu bekommen sind, wie zurzeit in Spanien, können sich Winzer an Projekten im Umkreis von 100 km beteiligen, um ihre eigene saubere Energie herzustellen.

Ich wage eine Prognose: In zehn Jahren fahren auf Delinat-Gütern mehr Elektro- als Diesel-Fahrzeuge. Wetten?

Vorreiter Tesla

Die Luxuslimousine Tesla wiegt 2,2 Tonnen und braucht trotzdem nur 18 kWh Strom pro 100 Kilometer, was ungefähr 1,8 Litern Diesel entspricht. Ein Verbrenner mit vergleichbarer Leistung verbraucht mindestens das Vierfache. Der PV-Ertrag der Dachfläche eines Einfamilienhauses reicht aus, um einen Tesla jedes Jahr dreimal um die Erde zu fahren: 120 000 km.

Himmlisches Gemüse

Drei Tonnen biologisches Gemüse reifen jedes Jahr im Schlossgarten von Château Duvivier. Zuständig für den reichen Gemüsesegen ist Père Eric. Der Geistliche mit dem grünen Daumen versorgt die Château-Küche übers Jahr mit gesunden, saisongerechten Produkten.

Chateau Duvivier, Auberginen aus dem hauseigene Garten
Auberginen aus dem hauseigene Gemüsegarten von Château Duvivier.

Manchmal fallen auch ganz praktische Lösungen vom Himmel. Zum Beispiel vor drei Jahren, als der damalige Duvivier-Winzer Antoine Kaufmann einen Gemüsegärtner für sein Projekt «Sekundärkulturen im Weinberg» suchte. Da meldete sich aus der Nachbarschaft Père Eric, ein katholischer Priester. Zwei Tage in der Woche arbeitet er als Seelsorger in einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Nizza, einen Tag zelebriert er Messen im benachbarten Nonnenkloster St. Joseph, die restliche Arbeitszeit verbringt er heute im Gemüsegarten von Château Duvivier. Das Gärtnern lernte er vor langer Zeit auf einer kleinen Parzelle, die Kirchenmitgliedern vorbehalten war. Ein Autodidakt also, aber offenbar einer mit dem sprichwörtlichen grünen, noch dazu biologischen Daumen. Auf Château Duvivier erntet er inzwischen drei Tonnen Gemüse, rund eine davon gelangt direkt in die 50 Meter entfernte Küche von Uwe Fahs. Der freut sich über das «gesegnete Gemüse» in unvergleichlicher Frische und bester Qualität.

Eric und Erik: Père Eric, der geistliche Gemüsegärtner, rechts, und Erik Bergmann, der Winzer auf Château Duvivier, mit seinem Hund Maïko.
Eric und Erik: Père Eric, der geistliche Gemüsegärtner, rechts, und Erik Bergmann, der Winzer auf Château Duvivier, mit seinem Hund Maïko.

Was er anbaut? Père Eric lacht, bevor er antwortet: «Es gibt eigentlich nichts, was hier nicht wächst. Ich suche nur noch etwas, das Maulwürfe partout nicht mögen. » Der schwere Lehmboden neben der Kellerei unterscheidet sich von den steinigeren Bereichen des Guts, die günstigere Bedingungen für den Weinbau bieten. «Ich pflanze alte Tomatensorten, Auberginen, allerlei Paprika und Knoblauch, Kartoffeln, rote, weisse und gelbe Zwiebeln, Schalotten, Erbsen und Bohnen, na ja, und Kräuter sowieso.» Natürlich muss hier bewässert werden, sonst würde das Gemüse die sommerliche Gluthitze nicht überstehen. Daher hat er auch einige Tomatenstöcke zwischen die schattigen Reben des Forschungsfelds gepflanzt.

Forschergeist

Violetter Kohlrabi: Farbsinnbild für den Advent.
Violetter Kohlrabi: Farbsinnbild für den Advent.

Der geistliche Gärtner hat das Glück, mehrere Fruchtfolgen im Jahr anbauen zu können. In den kühleren Monaten erntet er Rote Bete, verschiedene Kohlsorten, Spinat, schwarze Radieschen, Sellerie und Lauch. Im kommenden Jahr will er alte regionale Bohnensorten ziehen. Das Saatgut dafür stammt noch aus dem Garten seiner Grossmutter: «Diese Bohnenart ist sehr windempfindlich. Ich will versuchen, sie zusammen mit Mais einzubauen, um sie vor dem Mistral zu schützen.»

«Es hat etwas Meditatives,
Pflanzen
beim
Gedeihen zu helfen.»

Père Eric

Père Erics Forschergeist passt zur Philosophie von Château Duvivier. «Ausserdem bin ich damit Bestandteil von dem, was Schöpfung ausmacht. Es hat etwas Meditatives, Pflanzen beim Gedeihen zu helfen. Mir tut die regelmässige physische Arbeit gut, sie macht mich auch geistig freier. Etwas davon nehme ich immer mit in meine Gottesdienste. » Sagts, wechselt schnell in den schwarzen Talar, der auf dem Beifahrersitz seines Wagens liegt, und entschwindet zu seinem nächsten göttlichen Job.

 

Süsser die Weine nie klingen

Süssweine sind Seelenwärmer. Dass sie auch raffinierte und überraschende Essensbegleiter sein können, geht heute oft vergessen. Es muss ja nicht gleich am allerletzten Abend sein wie bei der feinen Gesellschaft auf der Titanic.

suessweine-anreisser

Galant nimmt Walter Donald Douglas seine Frau Mahala bei der Hand und führt sie die steile Treppe hoch. Strahlenden Blickes geleitet er sie auf direktem Weg in den luxuriösesten Salon des Dampfers, ins A-la- Carte-Restaurant, von den Passagieren schlicht «das Ritz» genannt. Das Streichorchester spielt Puccini und Tschaikowsky, und auch das Diner beginnt an diesem Abend vorzüglich. Auf die Kiebitzeier in Aspik mit Kaviar folgt eine Potage Saint-Germain. Besonders freut sich Mahala auf den Homard Thermidor, das berühmteste Gericht der Belle Epoque: ein in Würfel geschnittener Hummer an einer cremigen Sauce aus Weisswein, Béchamel und Sauce Bercy. Klassischerweise wird zum Homard Thermidor ein Sauternes serviert, im «Ritz» – what else – ein Yquem. Walter und Mahala Douglas geniessen das mehrgängige Diner, den empfohlenen Wein und die gepflegte Gesellschaft in vollen Zügen. Es soll ihr letztes Mal sein: Am 14. April 1912, kurz vor Mitternacht, sinkt die Titanic. Walter Donald Douglas bleibt auf dem Dampfer zurück, seine Frau kann sich in Sicherheit bringen.

Süsswein im Wandel der Zeit

Was das Ehepaar Douglas an seinem verhängnisvollen letzten Abend zum Hummer trank, ist aus heutiger Sicht verblüffend und fast befremdlich, in der feinen Gesellschaft der Belle Epoque war es hingegen en vogue. Als klassisch galt auch die Mariage von Austern und einer Trockenbeerenauslese. Beides ist heute unüblich – ja Süssweine sind generell etwas in Vergessenheit geraten. Eigentlich erstaunlich, ist doch deren Geschichte viel älter als jene des trockenen Weines. In der Antike hatte guter Wein mehrheitlich so süss wie möglich zu sein. Die Römer etwa konzentrierten ihn durch das Einkochen des Traubenmosts. Häufig wurde der Süsswein gar mit Honig, Pfeffer und anderen Gewürzen angereichert. Süsser Vinum war nicht nur eine Geschmacksfrage, hochkonzentrierter Wein war auch besser gegen Oxidation und Essigstich geschützt. Da das Destillieren noch nicht erfunden worden war, kannten die Römer kein stärkeres Getränk als Süsswein. Diese waren im Verlauf der weiteren Geschichte unterschiedlich beliebt: Galten sie im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts als schick, so gerieten sie nach dem Zweiten Weltkrieg mehr und mehr in Vergessenheit. Ende der Fünfzigerjahre sank die Nachfrage nach Sauternes so stark, dass im Anbaugebiet die klassischen Weissweinsorten Sauvignon Blanc und Sémillon teilweise durch Cabernet Sauvignon und Merlot ersetzt wurden. Sogar Château d’Yquem führte einen trockenen Weisswein ein, den «Y». Heute gelten Süssweine als Nischenprodukte.

Herkunft und Machart sind prägend

Das Château d’Yquem geniesst noch heute Kultstatus, und unter den Süssweinen aus edelfaulen Trauben ist sein Süsswein State of the Art. Mit edelfaul werden Beeren bezeichnet, die durch den Pilz Botrytis cinerea befallen sind. Er perforiert die Traubenhaut, das Wasser in den Beeren verdunstet, es kommt zu einer Zucker- und Säurekonzentration. Die Entwicklung von Botrytis cinerea ist von verschiedenen Faktoren abhängig: Klima, Sorten, Erntezeitpunkt. Der Pilz ist nur bei weissen Sorten erwünscht, denn er zerstört die roten Farbpigmente. Die Produktionskosten sind beträchtlich: Die bräunlichen, rosinierten Beeren werden oft in mehreren Durchgängen gelesen, die Ausbeute ist gering und das Risiko durch die späte Lese hoch.

Streifzug durch die Süssweinwelt

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Portwein und Blauschimmelkäse: ein Klassiker, um ein Festmahl zu krönen.

Hochkarätige Botrytis-Weine stammen etwa vom Neusiedlersee, aus dem Wallis und – wie der Yquem – aus dem Bordelais. Im Weinbaugebiet im Umfeld der Stadt Bordeaux gibt es gleich mehrere Zonen, die sich auf diese Art der Süssweinherstellung spezialisiert haben: Sauternes, Barsac oder Saussignac zählen dazu. Die Appellation Saussignac bildet eine Enklave innerhalb von Bergerac. Zu den angesehensten Produzenten im rund 100 Hektar grossen Anbaugebiet zählt Château Richard. Seine Cuvée Noble 2009 besteht zur Hälfte aus Sémillon-Trauben, ein Drittel entfällt auf Muscadelle, der Rest auf Sauvignon Blanc. Die Abfüllung charakterisieren Aromenvielfalt und Ausgewogenheit. Noten von Dörraprikosen, gerösteten Haselnüssen und Safran klingen an.

Von weiter südlich, aus der Appellation Muscat de Rivesaltes, stammen ganz besonders aromatische Süssweine. Sie werden aus den Sorten Muscat blanc à petits grains und Muscat d’Alexandrie gekeltert. Im heissen meernahen Klima können die Trauben am Rebstock rosiniert werden. Die Gärung des Mosts aus solch überreif geernteten Beeren wird mit hochprozentigem, neutralem Alkohol abgestoppt. Dadurch bleibt ein Teil des Traubenzuckers unvergoren und die beerige Aromatik gut erhalten. Jung getrunken, dominieren florale, fruchtige Noten, in reifem Stadium dann Aromen, die an Nüsse und Orangen erinnern; sprechendes Beispiel dafür ist die 2003er-Abfüllung der Domaine du Mas des Clots.

Wie Muscat de Rivesaltes ist auch Portwein aufgespritet. Gegen Ende des 17. Jahrhunderts suchten englische Kaufleute in Portugal nach exportfähigen Weinen. In einem Klosterkeller sollen sie, so wird erzählt, auf alten Rotwein gestossen sein. Durch den Zusatz von Weinbrand während der Gärung erwies er sich als besonders süss und langlebig. Wer im Kelterhaus von Casal dos Jordões in Casais steht, wo auch heute noch in lagares, in grossen Granitbecken also, die Trauben mit den Füssen gequetscht werden, versteht, woher der Nimbus des Portweins rührt: Das Anbaugebiet mit seinen unzähligen Terrassen entlang des Douro-Flusses trägt dazu bei wie auch die archaische Kelterung, die Lagerhallen in Porto, die Langlebigkeit und der unvergleichliche Geschmack. Einen weiteren Typus bilden diejenigen Süssweine, die aus Trauben gekeltert sind, die nach der Ernte in Gebäuden getrocknet und erst in rosiniertem Zustand abgepresst werden. In Italien heisst dieser Wein etwa Vin Santo oder Recioto, im deutschsprachigen Raum Schilfwein. Für den Recioto di Soave werden die lokalen Trauben Garganega und Trebbiano di Soave verwendet. Der San Zeno der Gebrüder Fasoli besteht ausschliesslich aus angetrockneten Garganega- Trauben. Der goldfarbene Wein überzeugt durch seine Ausgewogenheit und die finessenreichen Aromen, die an Quitte, Zimt und Honig erinnern.

Basis für den Vin Santo Malmantico der Tenuta San Vito sind Malvasia-Trauben, die bis vor Weihnachten auf Gittern getrocknet werden. Nach dem Pressen der Beeren reift der Nektar während dreier Jahre in Kastanienholzfässchen. Der amberfarbene Vin Santo ist von kompakter, cremiger Struktur, geschmacksintensiv und lange nachklingend. Die österreichische Variante des Appassito-Weines nennt sich Schilfwein. Beim Weingut Sepp Moser am Neusiedlersee werden die Trauben der Scheurebe tatsächlich noch auf Schilfmatten getrocknet. Ist der Zeitpunkt reif, werden die Beeren eingemaischt, die Gärung wird eingeleitet und bei rund 10 Volumenprozent Alkohol gestoppt. Das Resultat: ein leichtfüssiger, beeriger Süsswein mit exotischen Fruchtnoten, die an Ananas und Maracuja erinnern.

Mut zum Quertrinken

Der Österreicher August F. Winker steht in der Tradition eines Brillat-Savarin und Grimod de la Reynière. In seinen Feinschmeckerey- Briefen widmet er sich auch immer wieder den Mariagen, den Verbindungen von Speisen und Wein. «Die simpelste Partnerschaft ist die genialste und obendrein bibelfest: Brot und Wein», schreibt er. Und zählt dann ein paar Pas de deux auf, die immer klappen: Rohschinken mit Melone und Muskateller, Spargel und Silvaner, Fisch mit Buttersauce und Meursault, Lammrücken und Médoc, karamelisiertes Apfeltörtchen und Riesling Auslese, Stilton und Portwein. «Das sind ideale Harmonien. » Doch wer sich nur an Bekanntes hält, beraubt sich der Möglichkeit, neue Erfahrungen zu machen. So schlägt August F. Winker zu Süsswein auch vor: mit Ziegenkäse gefüllte Ravioli in Roquefortcreme, Senfsuppe mit Croûtons, paniertes Kalbsbries mit Tomatenkompott, in Banyuls geschmorter Ochsenschwanz, rosa gebratener Hirschrücken auf Balsamicokirschen und Petersilienwurzeln. «Wer die Form beherrscht, darf sie auch durchbrechen. Auch und gerade bei Tisch sollte man die Grundsätze schon mal über den Haufen werfen. Mit einer Ausnahme: Eine Flasche sollte stets in Reserve gehalten werden, denn nichts ist ernüchternder als ein Essen, das mit leeren Gläsern endet.»

Alle Süssweine im Delinat-Sortiment unter www.delinat.com/dessertweine

Zwei Deutsche in den Schweizer Bergen

Der Allgäuer und die Moselanerin im kleinen Bündner Bergdorf Andeer: Martin Bienerth (Floh) und Maria Meyer haben geschafft, was nur wenigen gelingt: In der Dorfsennerei erzeugen sie Biokäse auf Weltklasseniveau. Etwa den Andeerer Traum, der auch im Delinat-Kurs «Wein und Käse» zum Zuge kommt.

Martin Bienerth und Maria Meyer
Martin Bienerth und Maria Meyer

Ein Montagmorgen im August in der Sennerei Andeer, keine zehn Kilometer unterhalb des Splügenpasses: «Ich heisse Martin Bienerth und bin der Floh.» Die Begrüssung in unverkennbarem Allgäuer Dialekt fällt unkompliziert und herzlich aus. Der bärtige Mann mit dem Beret auf dem Kopf (sein Markenzeichen) bittet in die Stube im ersten Stock des alten Bündner Hauses, in dem seit über 50 Jahren Käse hergestellt wird. Hier ist er zusammen mit seiner aus der Mosel stammenden Frau Maria Meyer seit 2001 zu Hause. Sie ist die Käsermeisterin, er der Affineur und Verkäufer. Einen Floh im Ohr hat Martin Bienerth definitiv nicht. Der Spitzname ist von seinem älteren Bruder auf ihn übergesprungen. «Mein Bruder blieb lange klein, schoss dann aber plötzlich in die Höhe, sodass ich fortan der Floh war.» Das ist bis heute so geblieben. Auch im Dorf, wo die beiden Deutschen mit vielen Leuten freundschaftlich verbunden sind, nennen ihn alle so. Dass er und seine Frau Maria in der abgeschiedenen Bündner Gemeinde den Zugang zu den Einheimischen so leicht gefunden haben, hängt mit ihrer unkomplizierten Art und einer langen Vorgeschichte zusammen.

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Beide haben eine landwirtschaftliche Ausbildung (Schwerpunkt Ökologie) mit Universitätsabschluss. Maria stellte ihren ersten Käse auf einem biodynamisch geführten Hof im Odenwald her. «Auf diesem Hof schwärmte mir der Bauer auch immer von den Alpen in Graubünden vor, wo die Kühe Tag und Nacht draussen sein dürfen und wo es Milch und Käse in Hülle und Fülle gibt», erzählt sie. Später, während ihrer Studienzeit in Witzenhausen, verbrachte sie die Sommersemesterferien auf verschiedenen Bündner Alpen. Auf einer lernte sie Martin Bienerth kennen, der zwischen 1982 und 2001 insgesamt 20 Sommer auf der Alp verbrachte. Dort hat er gelernt, aus Milch Käse und Joghurt zu machen. Genauso wie seine Frau hat ihn dieses Metier nie mehr losgelassen.

«Wein & Käse»
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Die Käse der Sennerei Andeer sind im eigenen Dorfladen sowie in verschiedenen Bioläden der Schweiz erhältlich. In den Genuss des weltmeisterlichen Andeerer Traums oder eines Weichkäses von Martin Bienerth und Maria Meyer kommt aber auch, wer am beliebten Kurs «Wein & Käse: komplexe Liebschaften!» mit Diplom-Sommelier Dirk Wasilewski teilnimmt. Dieser Kurs wird in regelmässigen Abständen in verschiedenen Städten der Schweiz und Deutschlands angeboten.

Genaue Kursorte und Daten unter www.delinat.com/veranstaltungen

Als um die Jahrtausendwende eine Anfrage von der Käsereigenossenschaft Andeer kam, ob sie mitten im Dorf die Sennerei (rätoromanisch Stizun da Latg) mit Laden übernehmen möchten, haben sie zugesagt, ohne genau zu wissen, was auf sie zukommt. «Es war damals alles andere als einfach, als Ausländer in der Schweiz selbständig ein Gewerbe zu übernehmen», erinnert sich Martin Bienerth. «Wir haben schliesslich ein ganzes Jahr gebraucht, bis es geklappt hat.» Heute verarbeiten Käsermeisterin Maria Meyer und Affineur Martin Bienerth gemeinsam mit einer Handvoll Mitarbeitern jedes Jahr 400 000 Liter Alpenmilch von fünf Biobauern zu Käse, Quark, Joghurt und andern Milchprodukten. Grosser Renner unter den 25 verschiedenen Käsen ist der Andeerer Traum. 2010 holte er in Wisconsin (USA) den Weltmeistertitel in der Kategorie geschmierte Hartkäse. Und über alle 80 Kategorien gewann er zudem den Vizeweltmeistertitel.

Machen Biokäse auf Welt klasseniveau: sie, die Käsermeisterin, er, der Affineur.
Machen Biokäse auf Welt klasseniveau: sie, die Käsermeisterin, er, der Affineur.

Wie ein guter Wein soll der Andeerer Käse das Terroir ausdrücken, in dem er entsteht. «Jeder Laib ist ein Spiegelbild der Landschaft, des Futters und der Tiere, die hier weiden», sagt Floh. Aber auch das Spiegelbild des Käsers. «Wir verkäsen ausschliesslich frische, rohe Biovollmilch.» Ausserdem wird in der Sennerei Andeer mit Sirtenkultur gearbeitet, die aus eigener Molke nachgezüchtet und dem Käse am andern Tag zugesetzt wird: «Das ermöglicht zusätzlich spezielle Geschmacksnoten für unsere Käsesorten.» Dass ein paar Andeerer Käse beim Delinat-Kurs «Wein & Käse» (siehe Kasten) zum Zug kommen, freut Martin Bienerth: «Bio ist ja unsere gemeinsame Basis. Darauf bauen Delinat und auch wir auf. Natürliche Vielfalt, kleine Strukturen, Handwerk, Authentizität, Geschmack und Individualität sind Stichworte, die auf beiden Seiten einen hohen Stellenwert haben.»

Käse und Wein sind komplexe, aber spannende Liebschaften.
Käse und Wein sind komplexe, aber spannende Liebschaften.
Dem guten Geschmack auf der Spur
Martin Bienerth ist nicht nur passionierter Käseaffineur, sondern auch ein leidenschaftlicher Fotograf und Texter. Seit 2010 sind verschiedene Bücher von ihm erschienen, in denen alpwirtschaft liche Themen, biologische Produkte und der gute Geschmack eine zentrale Rolle spielen. Sein bekanntestes Werk ist wohl das Buch «Alpechuchi».

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Soeben ist «Alpengold» erschienen, das er zusammen mit Marcel Heinrich herausgegeben hat. Es ist den Kartoffeln und dem Käse aus den Alpen gewidmet.