Weinstein

Man findet ihn manchmal am Flaschenboden oder am Korken: Weinstein! Die kleinen, weissen Kristalle sind gesundheitlich völlig unbedenklich und haben auch keinen Einfluss auf die Qualität und den Geschmack des Weines. Es handelt sich um ein natürliches Produkt aus Mineralien und Säuren im Wein.

Weinstein entsteht, wenn sich die im Wein vorhandenen Mineralien – vor allem Kalium (Kaliumhydrogentartrat und Kaliumbitartrat), aber auch Kalzium (Kalziumtartrat) mit der Weinsäure verbinden. In gelöster und somit unsichtbarer Form kommt Weinstein in jedem Wein vor. Verschiedene Faktoren können jedoch bewirken, dass er sich zu grösseren Kristallen zusammenfügt und ausfällt: so etwa durch die Weinlagerung bei niedrigen Temperaturen. Die Kristallbildung nimmt auch mit steigendem Alkoholgehalt und steigendem pH-Wert (ab 3,2) zu und ist – wie so oft beim Naturprodukt Wein – vom Jahrgang abhängig. Weinstein ist in Wasser schwer löslich und setzt sich daher an Tank- und Fasswänden, am Flaschenboden oder auch am Korken ab.

Kälte fällt Weinstein aus

Weinstein kann leicht vom Wein getrennt werden. Bei jung abgefüllten Weinen wird der Winzer den Wein vor der Abfüllung kaltstabilisieren. Dafür kühlt er den Wein bis zu einer Woche lang auf circa minus 4 °C ab. Die Weinstein-Kristalle fallen dabei rasch aus und sinken zu Boden. Danach wird der Wein filtriert. Bei Weinen, die einen längeren Ausbau erfahren, tut die Zeit diesen Dienst. Es gibt noch andere Verfahren, um Weinstein bei der Weinbereitung zu entfernen oder dessen Bildung in der Flasche zu verhindern. Da diese aber nicht unserer Vorstellung von Wein aus gesunder Natur entsprechen, sind sie gemäss Delinat- Richtlinien nicht zugelassen.

Bloss ein optisches Problem

Weinstein hat also nicht mit Depot zu tun, auf das man zuweilen bei älteren, gehaltvollen und gerbstoffreichen Weinen trifft. Dieser dunkelfarbige, pulverförmige Bodensatz entsteht aus Gerb- und Farbstoffen. Sind diese vorhanden, wird der Wein gerne dekantiert. Ebenfalls nicht zu verwechseln ist Weinstein mit feinen, staubartigen Kristallen, die man manchmal in Süssweinen findet. Hierbei handelt es sich meist um natürliche Kalziumsalze, die wegen höherer Lagertemperaturen ausfallen.

Auch wenn Weinstein keinen Einfluss auf die Weinqualität und den Geschmack hat, möchte man ihn vor allem aus optischen Gründen gleichwohl nicht im Glas haben. Auch kann es unangenehm sein, den sandig wirkenden Weinstein mitzutrinken. Daher sollte man Wein behutsam einschenken. Allein schon das langsame Einschenken verhindert oft, dass mögliche Kristalle von der Flasche ins Glas gelangen.

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Auf Entdeckungsreise

Auf ihren Reisen entdecken die Delinat-Einkäufer viele Wein-Perlen

Auf ihren Reisen durch Europas Weinbergparadiese stossen Delinat-Einkäuferinnen und -Einkäufer immer wieder auf Überraschungen und spezielle Weinperlen. Doch nur wenn solche Tropfen die über hundert sehr strengen Richtlinienpunkte erfüllen, schaffen sie es in die Weinabos (unseren beliebten DegustierService) und ins Sortiment. Sie müssen einen langen Hürdenlauf überstehen. Auf den folgenden Seiten berichtet unser Einkaufsteam über unvergessliche Weinentdeckungen, die das geschafft haben und zu echten Highlights geworden sind.

Unerwartete Begegnung in Nürnberg

Ich besuche in Nürnberg die Biofach, die grösste Leitmesse für Bioprodukte weltweit. Einige unserer Winzer sind mit einem Stand vertreten. Plötzlich steuert ein grossgewachsener, mir unbekannter Mann mit Bartstoppeln im Gesicht und einer Weinflasche in der Hand auf mich zu und spricht mich an. Ob ich der Einkäufer von Delinat sei, will er wissen. Ich bejahe und er stellt sich als Alberto Ramírez vor. Alberto und sein Bruder Santiago haben in der Rioja ein paar Hektar Reben, aber noch keine Kunden. Er drückt mir die Flasche in die Hand und bittet mich, diese zu verkosten.

Winzer Alberto Ramírez überraschte unseren Einkäufer David Rodriguez an der Biofach in Nürnberg mit einem temperatmentvollen Rioja der Extraklasse.
Winzer Alberto Ramírez überraschte unseren Einkäufer David Rodriguez an der Biofach in Nürnberg mit einem temperatmentvollen Rioja der Extraklasse.

Wieder zu Hause in St. Gallen, degustieren wir den Wein im Team. Nicht nur die Qualität überrascht, auch die Stilistik. Keiner dieser geschliffenen, barriquebetonten Riojas herkömmlicher Prägung, sondern ein dichter, stoffiger, feuriger, eigenständiger Tropfen mit markantem, aber reifem Tannin. Grund genug, die beiden eigenwilligen Winzerbrüder im Auge zu behalten. Ich gebe Alberto per Telefon eine Rückmeldung und weise gleichzeitig auf die strengen Richtlinien von Delinat hin, die er im Fall einer Zusammenarbeit erfüllen muss. Jahre später besuche ich mit Delinat-Winzerberater Daniel Wyss das Weingut. Und wir staunen nicht schlecht: Die Ramirez-Brüder haben einige Richtlinien-Punkte bereits mit grossem Eifer umgesetzt, ihre Weinberge blühen in reicher Biodiversität. Und die beiden Winzer zeigen grosse Begeisterung für weitere Optimierungsmassnahmen. Im Degustationsraum steht eine Flasche Gotaladrón – ein Wein, genau mit jenen Eigenschaften, die uns beim damals verkosteten Weinmuster so überzeugt haben.

David Rodriguez, Wein-Entdecker Spanien: «Der Gotaladrón verkörpert für mich einen neuen, rockigen Rioja-Stil und entspricht damit ganz seinen Erzeugern. Die beiden Brüdern sind nicht nur leidenschaftlichen Delinat-Winzer, sondern auch bekennende Rockmusik-Fans.»

Die Suche nach dem Unbekannten

Italien ist in 20 Regionen unterteilt. In jeder Region wird Weinbau betrieben. Doch weshalb spricht man eigentlich immer nur von denselben sechs bis sieben Regionen? Diese Frage stelle ich mir und beginne, andere, unbekannte Weinregionen zu studieren. An der Vinitaly – der wichtigsten Weinmesse für italienische Weine – nutze ich die Gelegenheit, um Weine aus den Marche zu degustieren, einem Gebiet, das ich bislang nicht auf meinem Weinradar hatte. Die Marken, so heisst die Region auf Deutsch, liegen in Mittelitalien, eingebettet zwischen Apennin und Adria und umgeben von Emilia-Romagna, Toskana, Umbrien und Abruzzen. Die Traubensorten wie Montepulciano oder Pecorino sind mir aus den Abruzzen bekannt.

Katja Stracci bewirtschaftet ihre Rebberge in der unbekannten Region Marken mit viel Fingerspitzengefühl im Einklang mit der Natur.
Katja Stracci bewirtschaftet ihre Rebberge in der unbekannten Region Marken mit viel Fingerspitzengefühl im Einklang mit der Natur.

Alles schon gesehen? Nicht, als ich die Weine der Azienda San Giovanni degustiere: kraftvoller als Toskaner, eleganter als die Abruzzesen. Der erste Besuch auf dem Weingut überzeugt mich definitiv: Die Kellerei steht in Offida, einem der schönsten Orte Italiens. Die Rebberge gleichen einem Paradies: reiche Biodiversität, viele Olivenbäume und Büsche, schönster Humusaufbau dank minimaler Bodenbearbeitung und perfekter Gründüngung. Betriebsleiterin Katia Stracci und Agronom Pietro Zeppilli kommen hier mit Kleinstmengen an biologischen Pflanzenschutzmitteln aus. Alles in allem also eine ideale Ausgangslage, um Weine zu erzeugen, die fast durchwegs die höchsten Delinat-Anforderungen auf 3-Schnecken-Niveau erfüllen. Und weil die Weine auch geschmacklich überzeugen, sind sie aussichtsreiche Anwärter für unsere Weinabos. Insbesondere der Tao Piceno – eine Assemblage aus Sangiovese und Montepulciano – hat es mir angetan. Er überzeugt später auch meine Kollegen innerhalb der Degustier-Teams – der Weg in den DegustierService ist frei.

Martina Korak, Wein-Entdeckerin Italien: «Der Tao Piceno ist ein Tropfen, der mich durch seine Eleganz, seine geschmeidige Fülle am Gaumen und das ausgezeichnete Preis-Genuss-Verhältnis überzeugt.»

Geduld bringt Rosen!

Winzer Daniel Coulon aus der bekannten Weinregion Châteauneuf-du-Pape konnte unseren Einkäufer Emil Hauser mit einem gehaltvollen Roten überzeugen.
Winzer Daniel Coulon aus der bekannten Weinregion Châteauneuf-du-Pape konnte unseren Einkäufer Emil Hauser mit einem gehaltvollen Roten überzeugen.

Im Jahr 2008 besuche ich eine Côtes-du-Rhône-Degustation in Zürich mit dem Ziel, einen Winzer aus dieser Region zu finden. Es gilt, eine Sortimentslücke zu schliessen. Am Stand von Daniel Coulon bleibe ich hängen. Er hat seine Domaine de Beaurenard gerade eben auf Bio umgestellt. Die Weine faszinieren mich auf Anhieb: Was für eine Frische, was für eine Eleganz, was für Finessen. Ich frohlocke, glaube, genau jenen Winzer gefunden zu haben, der zu uns passt. Doch egal, wie gut ein Wein schmeckt, es ist schwierig, bei Delinat zu landen, gelten die ökologischen Anforderungen doch als die strengsten Europas. Ich vereinbare einen ersten Besuch auf dem Weingut in Châteauneuf-du-Pape. Auf der Anreise im Zug geht mir durch den Kopf: Würde der Betrieb die strengen Delinat-Richtlinien erfüllen können? Vor Ort zeigen sich tatsächlich ein paar Knacknüsse. Eine davon: Viele Parzellen grenzen unmittelbar an konventionell wirtschaftende Winzer. In einer windigen Region wie der Rhône ein echtes Problem, weil die Pestizide leicht verweht werden. Erst nach langwierigen Gesprächen der Familie Coulon mit den konventionell arbeitenden Nachbarn gelingt es, eine Lösung zu finden, damit die Reben von Beaurenard nicht mehr tangiert werden. Und auch alle andern Hürden werden in Zusammenarbeit mit Delinat-Winzerberater Daniel Wyss genommen. So schafft es die Spezialabfüllung Anthémis de Beaurenard als erster Wein von Daniel Coulon ins Weinabo «Exklusiver Rotwein» und wird danach zu einer festen Grösse im Sortiment.

Emil Hauser, Wein-Entdecker Frankreich: «Der Anthémis de Beaurenard aus Châteauneuf-du-Pape ist nicht nur für mich, sondern auch für viele Kundinnen und Kunden Jahr für Jahr immer wieder eine Offenbarung.»

Leckeres aus Griechenland

Önologin Arina Schefer hat beim diesjährigen Suprise-Paket mit Delinat-Winzerin Konstantina Spiropoulos zusammengearbeitet. Das Yamas-Paket enthält typisch griechische Köstlichkeiten sowie die passenden Weine.
Önologin Arina Schefer hat beim diesjährigen Suprise-Paket mit Delinat-Winzerin Konstantina Spiropoulos zusammengearbeitet. Das Yamas-Paket enthält typisch griechische Köstlichkeiten und dazu passende Weine.

Schon ihr allzu früh verstorbener Bruder Apostolos Spiropoulos war angetan von der Delinat-Methode. Konstantina Spiropoulos, die seit 2020 das gleichnamige griechische Familienweingut führt, hält es genauso. Konstantina hat uns sowohl im vergangenen wie in diesem Jahr auf Château Duvivier besucht, um Einblick in den Weinbau mit robusten Rebsorten und Massnahmen der Permakultur zu bekommen. Bei diesen Gelegenheiten lerne ich Konstantina als fröhliche, lustige, neugierige und herzliche Person kennen. Wir sprechen viel über die Spiropoulos-Weine, über griechische Kultur und Kulinarik. Konstantina überzeugt mich mit ihrem breiten Wissen und ihrem grossen Know-how über griechische Food-Produkte. «Wie wäre es, unser nächstes Überraschungspaket für das Weinabo Surprise mit lauter griechischen Produkten zu füllen?», geht es mir spontan durch den Kopf. Ich spreche Konstantina auf diese Idee an. Sie ist sofort Feuer und Flamme. Wenige Wochen später schickt sie mir ein erstes Paket mit vielen griechischen Biodelikatessen zum Probieren. In mehreren Team-Degustationen grenzen wir die Auswahl der Produkte ein und verfeinern sie. Gleichzeitig treffen mehrere Muster von griechischen Weinen des Weinguts Spiropoulos ein. Nach intensiven Degustationsrunden im Team fällt die Wahl auf drei Weine, die aus unserer Sicht ausgezeichnet zu den ausgewählten Leckereien passen. Natürlich verrate ich an dieser Stelle nicht mehr über den Inhalt des Surprise-Pakets, denn es soll ja eine Überraschung bleiben. Nur so viel: Wer den «DegustierService Surprise» abonniert hat, kann sich auf Weihnachten mit drei hervorragenden griechischen Weinen und passenden, typisch griechischen Köstlichkeiten freuen.

Arina Schefer, Feinkost-Entdeckerin: «Ich bin mit der Auswahl der Weine und der anderen Bioprodukte sehr zufrieden und finde das Überraschungspaket 2022, das den Namen «Yamas» (zum Wohle) trägt, sehr gelungen.»

Überraschung zu Weihnachten

Der Inhalt des Yamas-Pakets bleibt eine Überraschung

Drei Flaschen Wein und feinste Bioprodukte aus Griechenland.
Abonnentinnen und Abonnenten unseres «DegustierService Surprise» erhalten das Überraschungspaket mit ausgewählten Weinraritäten und kulinarischen Leckereien jeweils automatisch gegen Mitte Dezember zugestellt. Bis zum Öffnen des Pakets bleibt der Inhalt jeweils geheim – ganz einfach deshalb, weil es sonst keine Überraschung mehr wäre. Das Yamas-Paket mit feinsten Weinen und leckeren Bioprodukten aus Griechenland bieten wir auch Nichtabonnenten an. Sie können diese «Wundertüte» aus Griechenland bereits jetzt bestellen. Ausgeliefert wird sie ab Mitte Dezember noch rechtzeitig vor Weihnachten. Sie können das Paket für sich selbst und auch gleich für gute Freunde bestellen, denn es eignet sich auch wunderbar als Geschenk.

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Der genussvollste Weg, neue Weine zu entdecken

Unsere Weinabos sind der beste Weg, um neue Weine zu entdecken

Die spannendsten Entdeckungen unserer Einkäuferinnen und Einkäufer gibts immer zuerst im DegustierService, so heissen unsere Weinabos. Diese sind ein genussvoller und bequemer Weg, immer wieder neue Weine aus den ökologisch wertvollsten Weinbergen Europas zu entdecken. Jedes Paket enthält neben exklusiven Weinperlen viel Hintergrundinformation über die Weine, die Weinregionen und die Winzer. Mit den Delinat-Weinabos verwöhnen Sie sich selber mit geschmackvollen, unverfälschten Terroir-Weinen und tun auch der Natur Gutes: Jedes Abo fördert den Weinbau nach der Delinat-Methode, die weit über die normalen Biorichtlinien hinausgeht. Das Ziel sind Rebberge mit reicher Biodiversität, die eine natürliche Kreislaufwirtschaft mit hochwertigen Weinen ermöglichen.

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Griechischer Wein

Griechischer Wein? Hätte Udo Jürgens ihn nicht besungen, wäre er hierzulande wohl fast gänzlich unbekannt. Dabei hat Griechenland als antike Hochburg des Weinbaus viel Spannendes zu bieten. Etwa das langjährige Delinat-Partnerweingut Ktima Spiropoulos, das Weinraritäten für das diesjährige «Surprise-Paket» beisteuert.

Konstantina Spiropoulos führt das Weingut seit November 2021 und steuert drei Weine zum diesjährigen Suprise-Paket.
Konstantina Spiropoulos führt das Weingut seit November 2021 und steuert drei Weine zum diesjährigen Suprise-Paket.

Griechenland gehört zu den traditionsreichsten Weinländern Europas. Es waren die Griechen, die in der Antike Weinbau und -kultur in den Mittelmeerraum brachten, wo anschliessend die Römer für die Weiterverbreitung sorgten. Bis ins Mittelalter hinein blieb Griechenland ein bedeutendes Weinland. 400 Jahren Türkenherrschaft zwischen 1453 und 1820 und das damit verbundene Weinverbot hinterliessen Spuren. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde der Weinbau wieder ein Wirtschaftsfaktor.

Freud und Leid

Auf diese Zeit geht die Weinbaugeschichte der Familie Spiropoulos auf der Halbinsel Peloponnes zurück. Seit 1860 ist sie fest mit der Weinproduktion verbunden. Mehrere Generationen bauten Trauben an, um sie an grosse Kellereien abzuliefern. 1989 fällte Epaminondas Spiropoulos den Entscheid, auf seinem Weingut in Mantinia eine eigene Kellerei zu bauen. Auch stellte er als einer der ersten Winzer in Griechenland auf biologischen Anbau um. Seit 1994 werden alle Rebberge der Familie Spiropoulos biologisch bewirtschaftet. Im Jahr 2001 übernahm Sohn Apostolos Spiropoulos nach einem Agrar- und Önologiestudium in Kalifornien das elterliche Weingut und baute es zu einem renommierten Betrieb aus. Apostolos war ein grosser Fan der Delinat-Methode. So kam es 2002 zur Zusammenarbeit. «Mein Ziel ist es, längerfristig alle unsere Weinberge auf das 3-Schnecken-Niveau von Delinat zu hieven», sagte er uns, als wir 2011 seinen Betrieb besuchten. Damals steckte Griechenland in einer schweren Wirtschaftskrise, dem Staat drohte wegen eines riesigen Schuldenbergs der Bankrott. Das bekam auch die Familie Spiropoulos zu spüren, brach doch der Weinabsatz im Inland praktisch vollständig zusammen. Doch Apostolos schaffte es, den Betrieb über Wasser zu halten, bekam aber einige Jahre später grosse gesundheitliche Probleme. Diese führten dazu, dass er den Betrieb seiner Schwester Konstantina Spiropoulos überliess und sich mit seiner Familie nach Kalifornien zurückzog. Leider verstarb er dort im November 2021 im blühenden Alter von 49 Jahren.

Weinbau in Griechenland
Griechenland gehört zu den Ländern mit einer sehr langen Weinbautradition. Archäologische Funde bezeugen, dass hier schon in der späten Jungsteinzeit Beeren zu Wein verarbeitet wurden. Im antiken Griechenland wurde der Weinbau weiterentwickelt und im ganzen Mittelmeerraum verbreitet. Bis heute sind gegen 300 autochthone Rebsorten übriggeblieben, wobei im Weinbau nur wenigen eine Bedeutung zukommt. Dazu gehören die weisse Moschofilero und die rote Agiorgitiko. Die Reben wachsen auf Kalk, Granit und Vulkangestein – die Trauben reifen in einem mediterranen Klima mit heissen, trockenen Sommern und kurzen, feucht-milden Wintern. Der Anteil an biologischem Anbau ist noch bescheiden. Er liegt bei etwa 5 Prozent (Stand 2019) und hinkt damit den meisten europäischen Weinländern hinterher. Früher war Griechenland vor allem für den Retsina bekannt, einen trocken ausgebauten Weisswein, der mit Harz versetzt wird und einen ganz eigenen Geschmack hat. Heute sorgen eher frisch-fruchtige Rot-, Weiss- und Schaumweine für Furore.

Die Schwester übernimmt

So führt nun Konstantina Spiropoulos das Weingut mit einem motivierten Team im bisherigen Sinne und Geist, aber auch mit neuen Ideen weiter. Im Jahr 2020 setzte sie einen ersten Meilenstein, indem sie dem Weingut unter dem neuen Namen Ktima Spiropoulos einen völlig neuen Auftritt verpasste. Gleich geblieben ist die hohe Qualität der Weine, die grossmehrheitlich aus autochthonen griechischen Sorten gekeltert werden. Im Stammhaus in Mantinia sind die 88 Hektar Rebfläche hauptsächlich mit der weissen Sorte Moschofilero bepflanzt. 2005 entstand in der Region Nemea ein Zweitbetrieb mit eigener Kellerei. Hier wachsen auf rund 40 Hektar vorwiegend Agiorgitiko-Trauben, aus denen Rot- und Roséweine gekeltert werden.

Der Inhalt des Yamas-Paket bleibt eine Überraschung.
Der Inhalt des Yamas-Paket bleibt eine Überraschung.

Konstantina Spiropoulos freut sich sehr, dass Delinat das diesjährige Überraschungspaket im Weinabo «Surprise» Griechenland widmet: «Für uns ist es eine grosse Freude, drei ganz spezielle Weine besteuern zu können.»

-> Zum Überraschungspaket Yamas

Tannine

Tannine sind chemische Substanzen aus der grossen Gruppe der Phenole (Phenolester), die besonders in der Rinde vieler Bäume und Früchte vorkommen. Sie sind auch in den Kernen, Kämmen und in den Schalen von Weintrauben enthalten. Chemisch gesehen handelt es sich um Ester der Gallussäure. Es sind Substanzen, die mit Proteinen reagieren und dabei ihre Molekülgrösse erhöhen können. Diesen Vorgang macht sich die Gerberei zunutze. Nicht von ungefähr werden sie oft als Gerbstoffe bezeichnet, obwohl dies ein Überbegriff ist.

Mehr oder weniger Tannin

Tannin verhindert unter anderem die Oxidation des Weines und macht ihn deshalb haltbar und lagerfähig.

Der Gerbstoffgehalt eines Weines wird in Gallussäure ausgedrückt, Weisswein enthält ca. 300 mg/l, Rotwein 1800 mg/l. Die Gerbstoffmenge aus den Trauben ist abhängig von der Hautdicke der Traubensorte und von der Dauer der Maischegärung. Stark tanninhaltig sind Cabernet Sauvignon, Mourvèdre, Carignan, Nebbiolo und Sangiovese. Schwache bis mässige Gerbstoffe weisen Pinot Noir, Gamay und Merlot auf.

Der Tanningehalt eines Weines ist aber nicht nur von der gekelterten Rebsorte, sondern hauptsächlich auch von der Art der Vinifikation abhängig. Je mehr und länger Schalen, Kerne und Stiele mit dem Most bzw. dem Wein in Kontakt sind, desto höher ist der mögliche Gehalt an Tanninen. In Weiss- und Roséweinen, die grösstenteils unter Ausschluss dieser Traubenbestandteile entstehen, ist der Tanningehalt deshalb geringer als in Rotweinen. Beim Barriqueausbau gelangt zusätzlich auch das im Eichenholz der Fässer enthaltene Tannin in den Wein, was aber einen geringen Anteil ausmacht.

Je älter, desto milder

Die Gerbstoffmenge bleibt im Wein nicht konstant. Mit zunehmender Reife vereinigen sich einfache Moleküle zu grösseren (Polymerisation), sinken als Bodensatz ab und verlieren ihre trocknende Wirkung am Gaumen – der Wein wird dadurch milder. Durch Extraktion aus Eichenholz gewonnene Essenzen nennt man önologische Tannine. Diese setzt man ein, um den Tanningehalt zu erhöhen. Oft führt dies zu einem weicheren Gaumenempfinden. Tannin verhindert unter anderem die Oxidation des Weines und macht ihn deshalb haltbar und lagerfähig.

Sauerstoff lässt Tannine «reifen»

Gerbstoff im Wein ist in der Nase nicht wahrnehmbar. Aber er bildet mit den Proteinen der Geschmacksknospen auf der Zunge und am Gaumen eine lederartige Struktur, die sich je nach Qualität und Alter des Weines als «feinkörnig» und «gut eingebunden» bis «spröde» oder «sehr bitter» bemerkbar macht. Durch eine stetige moderate Sauerstoffzufuhr bei der Weinbereitung polymerisieren die Tannine schneller und führen daher schon im jungen Alter zu geschmeidigen Weinen.

Der ideale Erntezeitpunkt der Trauben wird übrigens nicht nur durch den Zuckergehalt bestimmt, sondern unter anderem auch durch die Tanninreife. Auch hier bestätigt sich einmal mehr: Wein entsteht bereits im Rebberg.

Auf ein Glas mit … Katharina Beck

Seit 2021 ist die grüne Politikerin Katharina Beck (40) Mitglied des Deutschen Bundestags. Wir trafen die ausgewiesene Sustainable-Finance-Expertin und Delinat-Weinliebhaberin in Hamburg an einem heissen Sommertag zum Interview bei einem Glas Wein.

Frau Beck, wie war Ihr Sommer?
Katharina Beck: Es war ein Sommer mit Wohnungsumgestaltung, ein bisschen Urlaub, viel politischer Arbeit, zum Beispiel zum dritten Entlastungspaket, und dem Schreiben eines Buchs. Mit dem Buch habe ich zusammen mit einem Kollegen schon vor zwei Jahren angefangen. Es ist ein Werk über konsequent nachhaltiges Wirtschaften, das wir nun finalisiert haben.

Katharina Beck lebte eine Zeit lang in St. Gallen und hatte eine gute Zeit mit Delinat-Weindegustationen.
Katharina Beck lebte eine Zeit lang in St. Gallen und hatte eine gute Zeit mit Delinat-Weindegustationen.

Europaweit war es ein Sommer, der bezüglich Klimawandel Angstgefühle weckt: Ist die Welt noch zu retten?
Ich bin jetzt 40 Jahre alt und habe vielleicht nochmals etwa so viele Jahre vor mir. Ich kann mich von negativen Schlagzeilen und Entwicklungen erschlagen lassen und resignieren oder aber sie erkennen und dann meine Energie nutzen und mich für eine bessere und gerechtere Welt einsetzen. Ich habe mich für das Zweite entschieden und möchte mit meiner politischen Arbeit einen Beitrag leisten für eine gesellschaftliche Entwicklung, die positiv ist.

Klimaschutz ist schon lange ein Thema, wird aber von anderen Themen wie Pandemie und Krieg immer wieder verdrängt. Was tun?
Wir wissen heute, dass sich der Klimawandel auch bei uns schon viel früher auswirkt, als wir lange Zeit angenommen haben. Einfach alles mit Geld zu reparieren, funktioniert nicht. Wir brauchen einen anderen Bezug zu unseren planetaren Grenzen. Wir müssen unser Wirken global und national so ausrichten, dass die Wertigkeit der Natur gebührend mit einbezogen wird. Sonst erreichen wir eine positive Zukunftsvision für die bald acht, neun, zehn Milliarden Menschen weltweit nicht. Ganz grundsätzlich wünsche ich mir ein besseres Verständnis des Systems, wie Mensch und Natur im Einklang funktionieren.

Persönlich
Katharina Beck, geboren 1982 in Düsseldorf, wuchs in Duisburg als Tochter einer Opernsängerin und eines Diplom-Ingenieurs auf. Die Ursprünge ihrer Familie liegen im Bäckerhandwerk. Katharina Beck studierte zwischen 2001 und 2007 in Köln und Tucumán Diplom-Regionalwissenschaften mit Schwerpunkt Lateinamerika. Darüber hinaus absolvierte sie von 2012 bis 2014 ein Fernstudium zur Finanzbetriebswirtin und schloss Weiterbildungen in «Leadership», «Sustainability» und «Executive Management » mitunter an der University of Yale und der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin ab. Seit 2011 lebt sie in Hamburg und seit 2021 auch in Berlin. Sie ist verheiratet und Mutter eines Kindes. Seit 2021 ist sie als grüne Politikerin Mitglied des Deutschen Bundestags und dort stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses und finanzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Schönes geniessen, Freunde und Gespräche, Berge erklimmen, Musik hören und machen, über die Nordsee surfen, Bücher und Filme erkunden, Tischtennis spielen und Yoga gehören zu ihren Vorlieben in der Freizeit.

Umdenken ist das eine, handeln das andere …
Ja, es braucht auch Neuregulierungen und konkrete Massnahmen, um in die angestrebte Richtung zu gehen. Es gibt zudem neue Technologien, die wir nutzen müssen. Eine davon zeigt, wie wir mit viel weniger Wasser klarkommen, als wir uns bisher gewohnt sind. Ich möchte ein Beispiel aus Israel erwähnen, wo in der Wüste dank klugen Befeuchtungsanlagen und Speichersystemen Erdbeeren gedeihen. Landwirtschaft in der Dürre – auch das kann funktionieren. Weltweiter Technologietransfer hilft uns bei neuen, innovativen Lösungen weiter.

Delinat propagiert seit Jahrzehnten einen Bioweinbau mit reicher Biodiversität, robusten Rebsorten und Permakultur. Gleichwohl dominiert weltweit noch immer industrieller Weinbau mit Monokultur und Chemiekeule. Weshalb ist das so?
Mit Kreislaufwirtschaft und Permakultur beschäftige mich ebenfalls intensiv. Permakultur halte ich für die bodenproduktivste Anbaumethode. Sie ist sogar deutlich produktiver als industrielle Anlagen. Bezüglich Ertragsmenge und Nahrungsproduktion für die ganze Weltbevölkerung ist Permakultur also bestens geeignet. Zusätzlich stärkt sie die Regenerationsfähigkeit unseres Planeten. Das Problem ist, dass viele Leute gar nicht verstehen, was Permakultur ist. Manche denken dabei eher an «Permafrost». Dass es aber eine tolle, vielfältige und ertragsreiche Anbaumethode im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist, wissen die wenigsten.

Ihre erste Begegnung mit Delinat?
Ich habe 2008/2009 in St. Gallen gelebt und war dort mit einem Menschen aus der Delinat-Marketingabteilung zusammen. Es war eine sehr schöne Zeit mit spannenden Weinverkostungen. Als ich dann nach Köln gezogen bin, habe ich den DegustierService abonniert. Das blieb auch so, als ich weiter nach Hamburg gezogen bin. Ich kenne Delinat also schon recht lange.

Kommt Ihre Beziehung zu Wein aus dieser Zeit oder war das schon vorher ein Thema?
Wein fand ich schon immer ein spannendes Thema. Mein Vater ist ein Weingeniesser, er hat mich und meine Schwester für Wein sensibilisiert und wohl insgeheim sogar davon geträumt, dass eine von uns Önologie studieren würde. Daraus ist dann aber nichts geworden. Wein ist für mich ein Genuss- und Kulturgut, das ich mir nicht jeden Tag gönne. Seit vielen Jahren aber kaufe ich aus Überzeugung biologischen Wein.

Weintipp Katharina Beck

Der La Tradition de Beaurenard der Familie Coulon aus Südfrankreich hat eine wunderbare Samtigkeit und Tiefe. Er passt exzellent zur Adventsund Weihnachtszeit.

La Tradition de Beaurenard
Rasteau AOP 2019
www.delinat.com/tradition-beaurenard

Die Dürre ist ein leiser Killer

Der Hitzesommer 2022 stellte viele Winzer in ganz Europa vor grosse Herausforderungen. Einmal mehr zeigte sich: Delinat-Winzer sind häufig etwas besser gewappnet – die reiche Biodiversität, ein lebendiger Boden mit hohem Humusanteil und tief wurzelnde Reben helfen, das wenige Wasser im Boden zu halten und das Allerschlimmste zu verhindern.

Nach dem aussergewöhnlich nassen Jahrgang 2021 war der Sommer 2022 das genaue Gegenteil: In grossen Teilen Europas war es aussergewöhnlich trocken und zuweilen auch sehr heiss. Grossflächige Brände, ausgetrocknete Gewässer und Dürren waren die Folge. Dies stellt die Landwirtschaft vor riesige Herausforderungen. Die Winzer in Europa litten unter der extremen Trockenheit und mussten Ernteausfälle wegen der Hitze und Trockenheit hinnehmen. Wie erlebten Delinat-Winzer den Hitzesommer 2022?

Südliches Klima in Deutschland

Hirschhof-Winzer Tobias Zimmer traf im Hitzesommer 2022 auf Verhältnisse, wie sie sonst nur im tiefen Süden anzutreffen sind.
Hirschhof-Winzer Tobias Zimmer traf im Hitzesommer 2022 auf Verhältnisse, wie sie sonst nur im tiefen Süden anzutreffen sind.

«Bei uns in Rheinhessen hat es in diesem Jahr bereits im Winter und im Frühjahr deutlich weniger Niederschläge gegeben als sonst», sagt Tobias Zimmer vom Weingut Hirschhof. Ab Juni gab es praktisch keine nennenswerten Regenmengen mehr. «Über den ganzen Sommer hinweg herrschten beständige Temperaturen zwischen 26 und 37 °C», so der Delinat-Winzer. Die Reben, speziell die jüngeren Anlagen, seien über den Sommer hinweg sehr kleinwüchsig gewesen. Die Trauben blieben bis Ende August ebenfalls klein und nur mässig mit Saft gefüllt. Man habe auch schon früh vertrocknende Blätter in der Traubenzone gesehen. Tobias Zimmer hat die Junganlagen so gut es ging bewässert, doch für komplette Bewässerungsmassnahmen ist das Weingut Hirschhof nicht eingerichtet. Was erfreulich ist: Die Qualität der Trauben verspreche trotz allem einen tollen Jahrgang. Laut Tobias Zimmer sollte die Klimaveränderungen bereits bei der Rebenzüchtung vermehrt berücksichtigt werden: «Die Sommer werden wahrscheinlich in Zukunft ähnlich trocken und heiss ausfallen, und dafür sollten tolerante Sorten gezüchtet werden.»

Sehr ausgeprägt war die Dürre auch an der Mosel, wo Timo Dienhart seine Reben bewirtschaftet. «Ich fühlte mich diesen Sommer wie ein spanischer Winzer», sagt Timo. Das sei für die Mosel nicht normal und habe dazu geführt, dass ganze Waldabschnitte förmlich vertrockneten. «Die Dürre ist ein leiser Killer», so der Delinat-Winzer. Man habe langsam mit ansehen müssen, wie auch die Reben immer stärker um ihr Überleben kämpften. In solchen Zeiten zahlt sich eine nachhaltige Bodenbewirtschaftung aus: Der humusreiche Untergrund seiner Rebberge konnte Wasser speichern und in extremen Trockenphasen an die Rebstöcke abgeben. Trotzdem musste Timo Dienhart vor allem junge Pflanzen zum Teil bewässern, ansonsten hätte stellenweise ein Totalausfall gedroht. Der positive Aspekt eines solch trockenen Sommers ist der verminderte Krankheitsdruck auf die Reben: «Pilzkrankheiten waren bei mir 2022 kein Thema.» Den Erntezeitpunkt schätzte Timo Dienhart auf rund zwei Wochen früher als im Durchschnitt der letzten 20 Jahre. Wenn man 40 bis 50 Jahre zurückblicke, habe man dieses Jahr sogar rund einen Monat früher geerntet als damals.

Prekäre Lage in Spanien

Josep Maria Albet i Noya rechnet mit Ertragseinbussen von rund 20 Prozent.
Josep Maria Albet i Noya rechnet mit Ertragseinbussen von rund 20 Prozent.

Auch in Spanien war die Lage angespannt, die Trockenheit aussergewöhnlich. Josep Maria Albet i Noya aus dem Penedès berichtet, dass es von Januar bis Ende August gerade einmal 180 Liter Niederschlag gab. Die grossen Retentionsbecken auf dem Weingut waren praktisch leer. Die Trockenheit trieb ausserdem die Wildtiere auf der Suche nach Wasser in die Weinberge. Eine Parzelle mit Trauben, die bereits eine gute Reife erreicht hatten, sei von den Wildschweinen kahl gefressen worden. In anderen Parzellen wurden lediglich die reifsten Trauben weggefressen. Josep Maria und sein Team versuchten das Problem zu mildern, indem sie den Tieren in ihrem Revier Tränken aufstellten, damit sie nicht in die Weinberge ausweichen. In Spanien war vor Erntebeginn im August allgemein von Ertragseinbussen von rund 20 Prozent die Rede.

Die grosse Ausnahme in Spanien war dieses Jahr das Weingut Pago Casa Gran im Hinterland von Valencia. Winzer Carlos Laso kriegte im ersten Quartal so viel Regen (rund 550 Liter) wie sonst über das ganze Jahr. Zudem zahlten sich seine neu gebauten Rückhaltebecken gerade bei Starkregen aus. Er konnte viel Wasser für den Sommer speichern. «Der kleine Bach, der in ein Sammelbecken mündet, führte im August immer noch etwas Wasser», freut sich Carlos. Denn es war auch bei ihm ein heisser Sommer: Seit Mitte Juni verzeichnete er immer wieder Temperaturen um die 35 bis vereinzelt fast 40 Grad.

Die Permakultur-Massnahmen und Rückhaltebecken auf dem Weingut Pago Casa Gran machten sich dieses Jahr bezahlt.
Die Permakultur-Massnahmen und Rückhaltebecken auf dem Weingut Pago Casa Gran machten sich dieses Jahr bezahlt.

Vor dem Verdursten gerettet

Auch auf dem Delinat-Forschungsweingut Château Duvivier in der Provence war es monatelang aussergewöhnlich trocken. Dies bekamen selbst die neuen, robusten Rebsorten zu spüren. Speziell auch die jüngeren Pflanzen mussten sporadisch mit einigen Litern Wasser vor dem Verdursten gerettet werden. Glücklicherweise gab es schliesslich Ende August rund 40 Millimeter Regen, was schlimmere Schäden verhinderte. Trotzdem reiften wegen der Dürre die Trauben sehr heterogen, das heisst, während einige Beeren bereits reif waren, zeigten sich andere Beeren an derselben Traube noch fast grün. Dies sorgte für eine schwierige Ernte und Ertragseinbussen.

Dramatische Lage in Norditalien

Der über 650 Kilometer lange Po, war dieses Jahr praktisch ausgetrocknet.
Der über 650 Kilometer lange Po, war dieses Jahr praktisch ausgetrocknet.

Italiens Norden registrierte die schlimmste Trockenperiode seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor 70 Jahren. Die wichtigste Lebensader, der über 650 Kilometer lange Po, war praktisch ausgetrocknet, in fünf Regionen wurde der Wassernotstand ausgerufen. Diese Extremsituation bekam auch Winzerin Cecilia Zucca vom Weingut Poggio Ridente im Piemont zu spüren. Bei bestimmten Rebsorten musste sie Ertragsausfälle von rund 30 Prozent hinnehmen. «Unsere wichtigste Rebsorte, die Barbera, hat stark gelitten. Der Nebbiolo scheint die Trockenheit etwas besser verdaut zu haben», sagt Cecilia. Und weiter: «Nach diesem Sommer sollte allen klar sein, dass wir Wasser, das im Winter vom Himmel fällt, sorgfältig speichern müssen, um es den Reben bei Trockenheit zugänglich zu machen.»

Nordschweiz kam glimpflich davon

Roland Lenz wurde vor grösseren Ertragsausfällen durch Trockenstress verschont.
Roland Lenz wurde vor grösseren Ertragsausfällen durch Trockenstress verschont.

Etwas erfreulicher ist der Sommer 2022 beim Schweizer Delinat-Winzer Roland Lenz verlaufen: Bei ihm im Kanton Thurgau hat es zum Sommerbeginn noch ein paar Mal geregnet, und auch im August haben noch einmal einzelne Gewitter für Niederschläge gesorgt. Vor grösserem Ertragsausfall durch Trockenstress wurde er somit verschont. Unterstützend wirkten dabei sicher auch seine vitalen Böden, die durch den hohen Humusgehalt das Wasser wie ein Schwamm speichern konnten. Dazu kommt die Begrünung, die sich auch im August immer noch saftig grün präsentierte. Die Begrünung hat Roland Lenz gewalzt. Die so entstandene Mulchschicht hielt den Boden auch an sehr heissen Tagen kühl und feucht.

Wintergemüse mal anders

Beim Wintergemüse ist die Auswahl kleiner als im Sommer. Wer trotzdem abwechslungsreich kochen will, braucht Fantasie. Abwechslungsreiche Winterküche lebt von verschiedenen Garmethoden, neuen Kombinationen und Gemüsesorten.

Wintergemüse kann sehr abwechslungsreich sein

Es gab eine Zeit, da kochte ich im Winter für 20 bis 25 Personen. Abwechslung war gefragt. Kein Problem, wenn es um Fisch und Fleisch ging. Die haben immer Saison. Auch alle Gemüse konnte man beim Grosshändler rund ums Jahr kaufen. Aber wenn man seinen Gästen Biowein empfiehlt und vom Einklang mit der Natur spricht, dann machen Paprika und Co. im Winter einen schlechten Eindruck. Bei jedem Gemüse kam mir zuerst die gängige Zubereitung in den Sinn: Rosenkohl gekocht, Kürbis als Suppe, Sellerie als Salat. Ich fragte mich: Wie kann ich meine Gäste überraschen? Wie könnte man diese Gemüse anders zubereiten?

Garmethode macht den Unterschied

Gemüse in Salzwasser kochen, schwemmt viele Inhaltsstoffe aus. Klar besser ist der Dämpfer: schonender, zudem verkocht das Gemüse weniger schnell. Aber am Schluss das Würzen nicht vergessen. Gerne schmore ich Gemüse: eine Kombination von Garen und Würzen. Aus «ausgekochten» Rüstabfällen, Kräutern und Gewürzen entsteht eine tolle Brühe. Darin schmoren Karotten, Grünkohl und Co. sanft, bis sie knackig-weich sind. Zum Schluss ein Schuss Wein, Essig oder etwas Honig verleihen Pfiff. Ich nehme nur so viel Flüssigkeit, dass sie am Ende beinahe eingekocht ist. Jetzt gebe ich ein, zwei Esslöffel Olivenöl oder Butter dazu: weckt die Aromen und rundet ab. Empfehlenswert: Ausgelöste Rosenkohlblätter als Risottobegleitung oder Lauchstangen (Porree) in Gemüsebrühe gegart mit Morcheln, dazu ein Glas Soave La Casetta.

Getrocknete Morcheln

Zusätzliche Aromen entstehen beim Braten. Feingeschnittenes Gemüse wird in wenig Fettstoff unter Schwenken kurz gebraten, was auch als sautieren bezeichnet wird. Dadurch bilden sich Röststoffe, Zucker karamellisiert, neue Aromen bereichern das Gemüse. Mir gefällt diese Methode auch, weil gleichzeitig zum Garen ein Bratfond entsteht. Dazu lösche ich das Gemüse am Schluss mit wenig Flüssigkeit ab; beispielsweise gebratene Gemüsewürfelchen wie Karotten und Sellerie, kombiniert mit Linsen, dazu ein Glas Les Hirondelles von Château Duvivier.

Gemütliches Garen im Ofen

Schmoren kann ich Gemüse auch im Ofen, so zum Beispiel Süsskartoffeln, Sellerie oder rote Beete (Randen). Ich verteile die eher grob geschnittenen Teile auf dem Backblech, würze, salze und beträufle das Gemüse mit wenig Öl. Praktisch auch, wenn Besuch kommt. Das fertige Gemüse lasse ich im ausgeschalteten Ofen, jederzeit bereit für den zweiten Service. Sehr dekorativ sind auch Ofenkartoffeln, eingeschnitten und gespickt mit einem halben Lorbeerblatt. Dazu passt ein Lammbraten, begleitet von der Reserva Martí von Albet i Noya. Gemüse grillen ist knifflig. Vertrocknete Zucchinischeiben, angekohlte Paprika und festklebende Auberginen verderben den Grillspass. Mit etwas Übung und Geduld kann dies aber vermieden werden. Im Winter empfehlen sich Kürbis, Chinakohl, Knollensellerie, Pastinake und Lauch fürs Garen in der Grillpfanne, meist vorher kurz gedämpft. Das verkürzt die Grillzeit und verhindert das Austrocknen.

Kreativ kombinieren

Verlassen Sie ausgetretene Pfade, kombinieren Sie Gemüse unkonventionell: Karotten mit Rosinen und Walnüssen; Kartoffeln mit Oliven, Dörrtomaten und Knoblauch; Lauch mit Blauschimmelkäse und Thymian; Rosenkohl mit Kastanien und Honig; Süsskartoffeln mit Sesam und Sojasauce; Pastinaken mit Apfel und Zimt; Wurzelpetersilie mit Haselnüssen.
Welche Weine passen dazu? Richtungsweisend sind Süsse und Herbe der Gemüse, Garmethode und Saucen sowie die Aromen der Gewürze. Zu leicht süsslichen Gerichten mag ich einen vollmundigen Weisswein mit etwas Restsüsse. Gemüse mit leichtem Bitterton (Grilladen) lassen sich gerne von gehaltvollen Barriqueweinen begleiten. Und Gerichte mit üppigen Aromen (Saucen) lassen nur ebensolchen Weinen eine Chance. Ich wünsche Ihnen genussreiche Wintermonate! Das soll nicht nur auf öffentliche Anlässe begrenzt sein. Genauso gut kann es zu Hause Einzug halten.

Rezepte

Lauch (Porree) mit Morcheln

Herbstliche Gaumenfreude: Lauch mit Morcheln, begleitet von einem Glas Soave La Casetta.
Herbstliche Gaumenfreude: Lauch mit Morcheln, begleitet von einem Glas Soave La Casetta.

Zutaten (für 4 Personen)
400 g Lauchstangen
200 ml Gemüsebrühe
20 g getrocknete Morcheln
20 g Schalotten
30 g Butter
1 TL getrocknete Thymianblättchen
2 EL Noilly Prat (oder Weisswein)
Salz und schwarzer Pfeffer frisch gemahlen

Zubereitung
Getrocknete Morcheln in Wasser ca. 1 Std einweichen.

Lauch in ca. 5 cm lange Stücke schneiden, dicke Stangen längs halbieren; allenfalls gut spülen. In Gemüsebrühe knapp weich garen.

Morcheln halbieren und gut spülen. Mit Schalottenstreifen und getrocknetem Thymian in Butter ca. 10 Minuten braten. 2 Prisen Salz und Noilly Prat dazugeben, schwenken. Mit schwarzem Pfeffer abschmecken.

Lauch auf Teller anrichten, halbierte Stangen Schnittfläche nach oben. Morcheln mit Buttersauce darüber verteilen.

Weintipp
Dazu empfehlen wir ein Glas Soave La Casetta.

Lorbeerkartoffeln

Einfach, aber lecker: im Ofen gebackene Lorbeerkartoffeln mit einem Glas Reserva Martí.
Einfach, aber lecker: im Ofen gebackene Lorbeerkartoffeln mit einem Glas Reserva Martí.

Zutaten (für 4 Personen)
800 g Kartoffeln (klein oder mittelgross)
Lorbeerblätter
Olivenöl
Salz

Zubereitung
Kartoffeln ungeschält 3x längs einschneiden (nicht ganz durchschneiden). Grosse Kartoffeln vorher längs halbieren. In jeden Einschnitt ein längs halbiertes Lorbeerblatt stecken. Backform einfetten. Kartoffeln auf Backform verteilen, mit Olivenöl bepinseln und mit Salz bestreuen. Im Ofen bei 170° (Umluft) 20-30 Minuten je nach Grösse backen.

Weintipp
Dazu empfehlen wir ein Glas Reserva Martí vom Weingut Albet i Noya.

Linsen mit Gemüse

Unwiderstehlich: Linsen mit Gemüsewürfelchen und einem Glas Château Duvivier Les Hirondelles.
Unwiderstehlich: Linsen mit Gemüsewürfelchen und einem Glas Château Duvivier Les Hirondelles.

Zutaten (für 4 Personen)
150 g Puy-Linsen
Salz
100 g Karotten
100 g Knollensellerie
Rapsöl, Salz, Kreuzkümmel
1 EL weisser Balsamessig

Zubereitung
Grüne Puy-Linsen mit Wasser spülen, in ungesalzenem Wasser ca. 20 Minuten knapp weich garen. 5 Minuten vor Schluss Wasser salzen. Dann abgiessen.

Karotten und Knollensellerie in Würfelchen (4-5 mm) schneiden. In Rapsöl leicht rösten und bissfest garen; mit Salz, Balsamessig und Kreuzkümmel abschmecken. Mit den Linsen mischen. 2 EL Olivenöl zugeben und mischen.

Weintipp
Dazu empfehlen wir ein Glas Les Hirondelles von Château Duvivier.

Video-Reise zu Öko-Pionieren

Video-Blogger Olivier Geissbühler besuchte Delinat-Vorzeigeweingüter

In der WeinLese Nummer 61 haben wir im Februar 2021 die Vision vom ökologisch perfekten Weingut skizziert. Reiche Biodiversität, lebendige Böden, robuste Rebsorten und grüne Energie sind zentrale Elemente. Unser Video-Blogger Olivier Geissbühler hat jetzt mit seiner Kamera sechs Delinat-Winzer besucht, die in einzelnen Bereichen bereits nahe am perfekten Weingut sind. In den Video-Interviews erzählen die Winzer, in welchen Bereichen sie die Nase vorn haben.

Reiche Biodiversität

Trockensteinmauer auf dem Weingut Albet i Noya im Penedès

Josep Maria Albet i Noya, Penedès, Spanien
«Biodiversität bedeutet biologische Vielfalt. Es ist unser Ziel, möglichst viele verschiedene Pflanzen und Kleinlebewesen in unseren Rebbergen zu haben, um so einen natürlichen Kreislauf aufzubauen, bei dem Nützlinge Schädlinge in Schach halten. Das funktioniert schon ganz gut. Ein wichtiges Element sind die über acht Kilometer Trockensteinmauern, welche die Terrassen unserer Steillagen stützen. Sie bieten ein Habitat für vielerlei Lebewesen, die wir nicht alle kennen. Wir haben schon bis zu 60 Zentimeter lange Echsen beobachtet. Zwischen den Steinen hausen sogar kleine Frösche, die nachts zu singen beginnen.»

Lebendige Böden

Timo Dienhart setzt auf eine artenreiche Begrünung und lebendige Böden

Timo Dienhart, Mosel, Deutschland
«Wir legen grössten Wert auf natürliche Vielfalt und funktionierende Kreisläufe. Grundlage dafür ist ein lebendiger Boden. Wir säen gezielt unsere standortgerechte, artenreiche Begrünung mit 20 verschiedenen Komponenten, darunter zahlreiche Leguminosen. So erhalten und steigern wir den Humusaufbau, die Bodenfruchtbarkeit und schützen unsere Steillagen vor Erosion. Es entsteht ein lebendiger, blühender Teppich, der vielen Insekten und Vögeln Heimat bietet. Biodynamische Präparate und unser wertvoller Trester-Rebholz-Kompost helfen mit, die Bodenorganismen mit Futter zu versorgen, sodass diese ständig aktiv sind und ihrerseits die Reben mit Energie versorgen können.»

Biologische Hotspots

Ein Lebensturm dient in den Weinbergen des Weinguts Pflüger als Hotspot für Insekten und Vögel

Alexander Pflüger, Pfalz, Deutschland
«Leider ist auch bei uns in der Pfalz die biologische Vielfalt im Weinbau generell verarmt und einer Monokultur gewichen. Die Schaffung von biologischen Hotspots trägt dazu bei, die Artenvielfalt zu fördern und unsere Weinberge zu einem funktionierenden Ökosystem zu entwickeln. Einer unserer auffälligsten Bio-Hotspots ist der vier Meter hohe Lebensturms am Dürkheimer Herrenberg. Der Aufbau aus den verschiedensten Materialien wie Reisig, Hölzern, Steinen sowie das Anbringen von Nistkästen lockt Wildbienen, Wespen und unsere heimischen Singvögel an. Die Vitalität und die Balance dieses Systems spiegeln sich auch in unseren Weinen wider.»

Permakultur

Permakultur: Wasserretentionsbecken auf Château Duvivier

Erik Bergmann, Provence, Frankreich
«Auf Château Duvivier haben wir uns intensiv mit Lösungen für einen zukunftsgerichteten Weinbau in Zeiten des Klimawandels auseinandergesetzt. Wetterextreme wie Hitze, Trockenheit, Starkregen, Sturmwinde und Überschwemmungen stellen uns vor grosse Herausforderungen. Um diese zu meistern, bietet die Permakultur gute Ansätze. Dadurch können Ökosysteme gestärkt und die Bodenfruchtbarkeit erhöht werden. Durch das Anlegen von Teichen und Sickergruben konnten wir erreichen, dass Regenwasser nicht ungenutzt abgeschwemmt, sondern gesammelt und den Reben in Trockenperioden zugänglich gemacht wird.»

Grüne Energie

Solaranlage auf dem Dach der Azienda Le Contrade

William Savian, Veneto, Italien
«Unsere Azienda Le Contrade ist klimaneutral. Mittels Solaranlage erzeugen wir weit mehr Strom, als wir brauchen. Wir produzieren zwar noch nicht alle Energie selbst, denn für die Erzeugung von Dampf für die Sterilisation der Abfüllanlage sowie für den Traktor sind wir nach wie vor auf fossile Brennstoffe angewiesen. Diese kompensieren wir aber mit unserer überschüssigen Solarenergie. So gesehen sind wir energieautark. Aber klar: Unser Ziel ist es, nur noch erneuerbare Energien zu nutzen. Wir haben auch bereits einen Versuch mit einem Elektrotraktor gemacht. Allerdings fehlt den heutigen Modellen noch die Marktreife.»

Robuste Sorten

PIWI auf dem Vormasch: Auf dem Weingut Lenz setzt man auf robuste Rebsorten

Roland Lenz, Thurgau, Schweiz
«Eine zukunftsorientierte Bioweinproduktion ist in unserem Klima nachhaltig nur mit pilzresistenten Traubensorten (PIWI) zu realisieren. Weil wir zu dieser Einsicht gekommen sind, setzen wir seit einiger Zeit vollständig auf robuste Sorten, die nicht oder nur minimal gespritzt werden müssen. Wir haben damit nur gute Erfahrungen gemacht. Es braucht viel weniger Hilfsstoffe und Traktorfahrten, was den Boden schont und auch zu weniger Abfall durch Fäulnis führt. Zudem finden unsere Weine aus den neuen, noch wenig bekannten Sorten grossen Anklang.»

Streetfood – mehr als ein Trend

Strassenküchen sind heute in aller Munde, denn Essen wird zum Rundum-die-Uhr-Bedürfnis. Was ist Streetfood und woher stammt es? Und warum ist es so beliebt?

«Schmeckt ausgezeichnet, aber die Sauce klebt an meinen Fingern und auf meinem Hemd.» So könnte das Urteil eines Streetfood-Neulings lauten. Doch die Vorteile überwiegen, denn Strassenküchen finden sich heute an jedem Anlass.

Streetfood ist mehr als nur ein Trend

Was ist Streetfood?

Strassenküchen positionieren sich zwischen Restaurant und häuslicher Küche. Es gibt kein typisches Streetfood. Strassenfutter kann alles sein, solange es draussen zubereitet und gegessen wird. Wobei «draussen» grosszügig interpretiert wird. Meist kommen Foodtrucks zum Einsatz, wie die fahrbaren Imbissbuden heute heissen. Die Gerichte werden, meist von Kleinbetrieben, vor Ort zubereitet; unter aller Augen – auch aus hygienischer Sicht ein Vorteil.

Der Begriff Streetfood steht für frisch zubereitete, internationale, authentische Speisen mit Tendenz zu einfachen Gerichten. Sie werden ja oft stehend verzehrt, da gilt: Eintopf vor Schnickschnack. Manche essen alles von Hand (Fingerfood), gerne serviert auf einem Pflanzenblatt.

Wie ist Streetfood entstanden?

Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verpflegten sich die Cowboys in Wilden Westen aus fahrbaren Küchen, sogenannten Chuckwagons, die ihnen und ihren Herden folgten. Andere Quellen verorten die Erfindung des Streetfood in Asiens Städten.

Richtig bekannt wurden Strassenküchen in Europa im 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung. So beispielsweise Fish & Chips in England: Fisch, eingewickelt in die Tageszeitung von gestern. Auch schon seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten kennt Deutschland die Currywurst und das Fischbrötchen, Österreich die verschiedenen Strudel und die Schweiz Bratwurst und gebratene Marroni, die vorzugsweise im Freien verzehrt werden.

Was macht Streetfood so beliebt?

Aufkommende kulinarische Gelüste schnell zu befriedigen, gehört zum Strassenküchen-Konzept. Spontan wähle ich ein Gericht und brauche nicht lange zu warten, bis es zubereitet ist. Zudem ist das Angebot gegenüber früherer Zwischenverpflegung verlockender: Burritos statt Käsebrötchen, Souvlaki statt Bratwurst, Taco statt Hotdog. Verlockend nur schon deshalb, weil es fremd tönt und neuartig ausschaut. Ist es auch noch lecker, wird aus dem Trend ein Dauerbrenner.

Gute Qualität ist ein Merkmal der Strassenküchen: Jene der Thailänderin Supinya Junsuta (heute 78) wurde 2018 mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet. Ihr Markenzeichen: Beim Kochen trägt sie eine Taucherbrille.

Das Erfolgsrezept von Streetfood lautet also: neu, einfach, rasch und gut. Und das soll nicht nur auf öffentliche Anlässe begrenzt sein. Genauso gut kann es zu Hause Einzug halten.

Ihre eigene «Strassenküche»

Am Mittelmeer kennt man die Landhäuser mit Sommerküche, einer gedeckten Kochstelle beim Gartensitzplatz. Immer mehr sieht man diese Art von «Strassenküche» auch bei uns. Kochen an warmen Tagen im Freien. Auch bei Streetfood zu Hause gilt: Neues ausprobieren, sich von der Küche anderer Länder inspirieren lassen, entsprechende Kochbücher gibt es zuhauf. Und ebenso wichtig: einfach vor kompliziert (siehe Rezepte weiter unten). Denn gerade wenn wir eine grössere Gästeschar erwarten, sollten wir Zeit für sie statt für aufwändige Gerichte einplanen: Streetfood macht vor allem in Gesellschaft Spass.

Streetfood-Rezepte

Forellentartar

Forellentatar

Zutaten (für 4 Personen)
300 g geräucherte Forellenfilets
1 Apfel (mit Schale) in kleine Würfel geschnitten (5 mm)
2 EL Quark
1 EL Dill, fein gehackt, 4 kleine Dillzweige
1 TL Tomatenpüree
2 TL Zitronensaft mit Schalenabrieb
4 Scheiben Vollkorntoast (leicht geröstet)
Salz

Zubereitung
Forellen enthäuten, Fisch fein hacken. Quark, Dill, Tomatenpüree und Zitronensaft mischen; mit Salz abschmecken. Apfelwürfelchen und Fisch dazugeben, gut mischen und auf die Toastbrotscheiben verteilen. Mit einem Dillzweiglein dekorieren.

Weintipp: Duvivier Cuvée des Amis rosé

Pasta mit Pilzen und Gemüse

Pasta mit Pilzen und Gemüse

Zutaten (für 4 Personen)
300 g Nudeln (z.B. Spiralnudeln)
50 g Shitakepilze, in Scheiben geschnitten
1 Knoblauchzehe, gehackt
300 g Broccoli, kleine Röschen und Stiel in Würfel geschnitten
3 EL Sojasauce
Rapsöl nach Belieben
Salz

Zubereitung
Nudeln knapp garkochen. Broccoli knapp gardämpfen. Pilze mit Knoblauch in wenig Rapsöl 5 Minuten sanft braten. Sojasauce mit etwas Rapsöl und Salz mischen und mit allen Zutaten gut vermengen.

Weintipp: Riesling Terra Rossa

Bramatapizza

Bramatapizza

Zutaten (für 4 Personen)
160 g Bramata (grobe Polenta)
550 ml gesalzenes Wasser
2 EL Olivenöl
100 g Büffelmozzarella guter Qualität, in kleine Stücke zerzupft
100 g Champignons in dünne Scheiben geschnitten
1 EL Kapern
1 TL Oregano fein gehackt
2 EL Tomatenpüree oder dicke Tomatensauce
Salz und Pfeffer

Zubereitung
Bramata in Salzwasser 30 Minuten garziehen lassen; mit Olivenöl mischen. Auf ein Brett 1 cm dick ausstreichen, auskühlen lassen. Dann 8 bis 12 Rechtecke schneiden. Champignons salzen und kurz braten. Tomatenpüree leicht salzen. Bramatascheiben mit Tomatenpüree bestreichen und mit Champignons und Mozzarella belegen. Mit Kapern und Oregano bestreuen. Im Ofen bei 170° 15 Minuten überbacken. Mit Pfeffer würzen.

Weintipp: Conterocca

Tabouleh

Taboulehsalat

Zutaten (für 4 Personen)
150 g Bulgur
1 Freilandgurke, klein gewürfelt (5 mm)
1 Maiskolben, gekocht, Körner ausgelöst
1 rote Paprika, klein gewürfelt (5 mm)
1 EL Korinthen, in wenig Wasser einweichen
1 EL Pinienkerne, geröstet
1 TL Kreuzkümmel, gemörsert
einige Koriander- oder Minzeblätter

Sauce:
2 EL Condimento bianco (heller Balsamicoessig)
2 EL Sonnenblumenöl
Salz und Pfeffer

Zubereitung
Bulgur in 350 ml Wasser 10 Minuten köcheln und 10 Minuten zugedeckt nachquellen lassen. Sauce mischen, gut mit Bulgur vermengen und 15 Minuten einziehen lassen. Alle übrigen Zutaten dazugeben und mischen. Anrichten und mit Koriander- bzw. Minzeblättern garnieren.

Weintipp: Saxum Verdejo

Probierpaket «Streetfood-Weine»

Probierpaket Streetfood Weine

Das Erfolgskonzept «Strassenküche» hält auch zu Hause Einzug. An warmen Sommertagen draussen kochen, die passenden Weine aus dem Keller holen, und schon steigt die Gartenparty. Wir bieten Ihnen ein Probierpaket mit je zwei Flaschen von drei verschiedenen Weinen, die leckere, selbst zubereitete Streetfood-Gerichte perfekt begleiten.

-> Zum Probierpaket

Conterocca
Toscana IGT 2021
Dieser frisch-fruchtige, gut strukturierte Botschafter aus der Maremma ist ein idealer Pizza-Wein. www.delinat.com/1204.21

Duvivier Cuvée des Amis rosé
Vin de France 2021
Der florale, zauberhafte Rosé aus der Provence macht Lust auf geräucherte Forelle und frischen Ziegenkäse. www.delinat.com/4421.21

Riesling Terra Rossa
Qualitätswein Rheinhessen 2021
Der fruchtbetonte, feinherbe Riesling passt hervorragend zu Pasta-, Pilz- und Gemüsegerichten. www.delinat.com/5968.21

Starke Rebsorten, gesunder Boden und Agroforst

Damit sich die Winzer regelmässig austauschen und weiterbilden können, organisiert Delinat Seminare zu aktuellen und drängenden Themen. Regenerative Landwirtschaft, Permakultur und Agroforst waren nebst den neuen, robusten Traubensorten die Schwerpunkte bei den diesjährigen Seminaren in Spanien und Frankreich.

Die spanischen Delinat-Winzer trafen sich dieses Jahr auf der Bodega Albet i Noya im Penedès. Hier läuft in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Rebenzüchter Valentin Blattner seit einigen Jahren ein für den biologischen Weinbau wegweisendes Projekt. Es werden neue pilzwiderstandsfähige Traubensorten (PIWI) gezüchtet, die den ökologischen und klimatischen Herausforderungen der Zukunft ohne oder mit nur geringem Einsatz von biologischen Pflanzenschutzmitteln (Kupfer- und Schwefellösungen) trotzen und einzigartige Weine hervorbringen.

Bald akzeptiert?

Josep Maria Albet i Noya führte die spanischen Delinat-Winzer durch
seinen Betrieb.
Josep Maria Albet i Noya führte die spanischen Delinat-Winzer durch seinen Betrieb.

Josep Maria Albet i Noya, spanischer Biopionier und langjähriger Delinat-Winzer, erklärte den Winzerkollegen die Fortschritte des Projekts und dessen Potenzial für die Zukunft. Bei einer Verkostung von entsprechenden Weinen konnten sich alle von den geschmacklichen Qualitäten dieser Tropfen überzeugen. Die Degustation der neuen Weine sorgte regelrecht für Begeisterung: Der eine oder andere Winzer, der zuvor vielleicht noch eine kritische Haltung (vor allem gegenüber roten PIWI-Weinen) hatte, dürfte nach der Degustation von Albet i Noyas neuem Wein «Aventurer» seine Meinung etwas geändert haben. Und auch politisch dürfte das Thema in Spanien dank diesem Forschungsprojekt nun Fahrt aufnehmen: Josep Maria Albet i Noya ist optimistisch, dass diese neuen Sorten bald auch offiziell für den grossflächigen Anbau erlaubt werden.

Gesunder Boden – das höchste Gut

Am zweiten Tag führte Josep Maria die Delinat-Winzer durch den Betrieb und durch die Weinberge. Besichtigt wurde auch der grosse Sortengarten, wo der Winzer und Valentin Blattner die vielversprechendsten Neuzüchtungen auswählen. Der Nachmittag stand dann im Zeichen der regenerativen Landwirtschaft und der Permakultur. Francesc Font ist ein Spezialist auf diesen Gebieten. Er besitzt selbst einen Landwirtschaftsbetrieb in Katalonien, wo er unter anderem auch Weinbau betreibt. Anhand unzähliger Fakten erklärte er die Relevanz des Humusaufbaus und eines gesunden Bodens für die kommenden Generationen. Bei Bodenanalysen in den Weinbergen von Albet i Noya wurde deutlich, dass es selbst in Delinat-Weinbergen noch reichlich Potenzial bezüglich Begrünung, Humusaufbau und Bodenqualität gibt.

Bodenanalyse bei Albet i Noya: Anhand der Pflanzen im Weinberg lässt sich viel über die Bodenbeschaffenheit herausfinden.
Bodenanalyse bei Albet i Noya: Anhand der Pflanzen im Weinberg lässt sich viel über die Bodenbeschaffenheit herausfinden.

Am letzten Tag des dreitägigen Seminars stand der Besuch des Landwirtschaftsbetriebs von Francesc Font in der Nähe von Girona auf dem Programm. Nebst Trauben wachsen dort unter anderem auch Olivenbäume in einer Intensivkultur. Francesc zeigte, wie er dort innert weniger Jahre mit einer Erhöhung der organischen Substanz und Mikroorganismen den Humusgehalt des Bodens von rund 1 auf über 4 Prozent steigern konnte, was eine eindrückliche Verbesserung der Bodenqualität bedeutet. Weitere Themen waren Begrünungen, Konkurrenz von Wasser und Nährstoffen zwischen Reben und anderen Pflanzen, CO2-Einsparungen, Maschinen für eine bodenschonende Bearbeitung und das Mulchen sowie der Beweis, dass sich regenerative Landwirtschaft auch finanziell lohnt. Obwohl sich einige Delinat-Winzer zuweilen kritisch zu den Methoden von Francesc Font äusserten, fiel das Feedback am Ende durchwegs positiv aus. Und was allen Teilnehmern klar wurde: Die regenative Landwirtschaft bietet auf sämtlichen Betrieben noch ein riesiges Potenzial für die Zukunft, weil der Boden durch diese Massnahmen auch für die kommenden Generationen fruchtbar bleibt.

Waldweingarten in Frankreich

Nur wenige Tage später startete das Delinat-Winzerseminar in Frankreich. Schauplatz war die Domaine Emile Grelier in Lapouyade etwas ausserhalb von Bordeaux, wo Winzer Benoit Vinet die französischen Delinat-Winzer begrüsste. Auf rund acht Hektaren hat der Agroforst-Pionier zwischen seinen Merlot-Reben rund 1000 Bäume gepflanzt. Direkt daneben liegt ein Wald und zwischen den Weinbergen gedeihen Hecken und verschiedenste Biodiversitätsflächen. Die Vielfalt auf diesem kleinen, aber feinen Weingut sorgte selbst bei den Delinat- Winzern für Verblüffung und zeigte auf eindrückliche Weise, wie gut sich Bäume und Hecken mit einem ökologischen Weinbau ergänzen.

Auf der Domaine Emile Grelier in Lapouyade lernten die französischen Delinat-Winzer mehr über Agroforst im Weinbau.
Auf der Domaine Emile Grelier in Lapouyade lernten die französischen Delinat-Winzer mehr über Agroforst im Weinbau.

Am nächsten Tag war der französische Winzer, Autor und Permakultur-Spezialist Alain Malard zu Gast: Er erklärte den Delinat-Winzern die wichtige Rolle der Bäume in den Weinbergen, mögliche Konkurrenz für die Reben, Einfluss auf den Boden und die Funktion der Mykorrhiza, einer Lebensgemeinschaft von Bodenpilzen, die mit Pflanzenwurzeln in einer Symbiose leben. Der Pilz besiedelt das Feinwurzelsystem der Pflanze, versorgt die Pflanze mit Nährstoffen wie Phosphor und Stickstoff und macht Wasser leichter verfügbar, was gesündere und stärkere Pflanzen hervorbringt. Zudem gewährte Alain Malard einen Einblick in seine vielfältigen Permakultur- Projekte, die er bereits erfolgreich in Frankreich realisiert hat.

PIWI – auch Frankreich bewegt sich

Am letzten Tag stand ein Referat von Olivier Zekri auf dem Programm. Er ist Entwicklungs- und Innovationsmanager bei Frankreichs grösster Rebschule Mercier und massgeblich an der aktuellen Forschung zu pilzwiderstandsfähigen Rebsorten in Frankreich beteiligt. Dazu arbeitet Mercier auch eng mit Valentin Blattner zusammen. Im Referat wurde deutlich, welchen riesigen Stellenwert diese neuen Sorten im europäischen Weinbau in Zukunft haben werden und wie viel Geld Mercier bereits für diese Forschung investiert. Die Präsentation der beiden Studentinnen Ines und Maude, die bei einem Forschungsprojekt auf der Domaine Emile Grelier mithelfen, zeigte, welche Relevanz Fledermäuse bei der Schädlingsbekämpfung haben. Zum Abschluss des Seminars sprach der französische PIWI-Pionier Gabriel Cuisset über seine Erfahrungen mit resistenten Rebsorten in Bezug auf rechtliche Hürden, Kosten und Produktion. Auch in Frankreich fiel das Feedback zum Seminar positiv aus: Sowohl bezüglich Agroforst und Permakultur-Massnahmen wie auch bei robusten Rebsorten sind die Delinat-Winzer motiviert, den ökologischen Weinbau weiter voranzutreiben.