Es heisst Bienen sind ein wichtiger Indikator für den Zustand eines Landstrichs. Zur aktuellen Situation der Tiere haben wir Michael Eyer, Bienenexperte und Imker, befragt.
Wie steht es um die Gesundheit der Bienen?
Vielen Wildbienen geht es aufgrund von Lebensraumverlust und intensiver Landwirtschaft schlecht. Die Hummeln haben auch mit veränderten Umwelteinflüssen zu kämpfen, wie zum Beispiel mit steigenden Temperaturen.
Auch die Honigbienen waren 2024 stark gefordert. Aufgrund der warmen Phase im Februar/März flogen Sie sehr früh und begannen zu früh mit der Brutaufzucht. Dadurch verbrauchten Sie viel Energie, was sie im Allgemein anfälliger macht.
Zudem blühte 2024 im Schweizer Mittelland vieles gleichzeitig und oft zehn bis 14 Tage verfrüht, was gut mit den erhöhten Temperaturen der Meeresoberflächen zusammenpasst. Wenn alles gleichzeitig blüht, entsteht eine Konkurrenzsituation unter den zu bestäubenden Pflanzen, und die Honigbienen ziehen Raps und Ahornbäume den Obstbäumen vor, was sich auch auf die Bestäubungsleistung auswirken kann.

Honigbienen fliegen erst ab einer Temperatur von zehn bis 12 Grad Celsius. Die vergangenen Kälte- und Nässeperioden führten entsprechend dazu, dass Sie oft nur einige Stunden am Tag fliegen konnten. Jedoch sind für die Bestäubung von Kulturpflanzen und Obstblüten auch verschiedene Wildbienenarten sehr wichtig. Einige von ihnen, wie Hummeln, Mauerbienen und Sandbienen, können bereits bei kühleren Temperaturen fliegen und wichtige Bestäubungsleistungen erbringen.
Sind wir mal auf die diesjährige Obst- und Rapsernten gespannt. Die Blütenhonigernte dürfte im Mittelland mancherorts bescheidener ausfallen als in guten Jahren.
Was die Bienenforschung sagt
Welche Themen im Bereich der Bienen beschäftigen die Wissenschaft?
Eine in der Schweiz veröffentlichte Rote Liste der bedrohten Wildbienenarten zeigt: 59 Arten, der 615 bewerteten Arten sind ausgestorben. 45 Prozent, das heisst rund die Hälfte der Wildbienenarten, sind nach diesen Zahlen gefährdet und weitere 9.4 Prozent der Wildbienenarten wurden als nahe zu bedroht eingestuft.
Des Weiteren hat eine Schweizer Studie gezeigt, dass Honigbienen besser überwintern, wenn agrarökologische Fördermassnahmen umgesetzt werden.
In der Schweiz forscht man momentan auch dahingehend, welche Pflanzenschutzmittel in Pollen und Bienenbrot von Honigbienen zu finden sind.
Eine aktuelle Studie in acht europäischen Ländern hat aufgezeigt, dass Pflanzenschutzmittelcocktails aus der Landwirtschaft Hummeln auf Feldebene beeinträchtigen.

In der Varroa-Forschung hat ein neue Studie aus den USA hervorgebracht, dass sich die Varroa-Milben von der Hämolymphe der Honigbienenpuppen ernähren, was für deren Kontrolle nützlich sein könnte.
Interessant sind auch Ergebnisse aus Kirchhain (DE), wo eine Brutstoppmethode in Kombination mit einer Oxalsäure-/Sommerbehandlung vielversprechende Resultate brachte. In Europa gibt es auch laufende Forschungsprojekte zur Wiederherstellung der Bestäuber-Populationen.
Was ist aus ökologischer Sicht der Unterschied zwischen Honigbienen und Wildbienen?
Die Honigbienen werden von Imkern umsorgt, während Wildbienen mehrheitlich auf sich selbst gestellt sind und daher Umwelteinflüssen viel stärker ausgesetzt sind.
Honigbienen sind staatenbildende Insekten. In einem Volk gibt es eine Königin, etwa 40’000 Arbeiterbienen und etwa 1’000 Drohnen (männliche Bienen). Nur die Königin überwintert mit ca. 20’000 Arbeiterinnen. Sie bilden dafür eine Wintertraube und benötigen für die Wärmeproduktion viel eingelagerten Honig. Von den aktuell rund 570 in der Schweiz vorkommenden Wildbienenarten sind ca. 90 Prozent solitär lebend. Des Weiteren gibt es auch parasitische Lebensweisen (Kuckucksbienen), kommunale (einige Sandbienen-Arten) und primitiv-eusoziale Lebensweisen (z.B. Hummeln).
Über 60 Prozent der Wildbienenarten nisten im Boden. Eine weitere Besonderheit der Wildbienen ist, dass 30 Prozent aller Wildbienenarten auf Pollen bestimmter Pflanzenfamilien und -arten spezialisiert sind.
Für die Bestäubung von Kultur- und Wildpflanzen sind sowohl Honigbienen als auch Wildbienen von zentraler Bedeutung und werden durch Käfer, Motten, Fliegen/Moskitos und Wespen ergänzt. Mehr Infos: FIBL-Merkblatt „Wildbienen und Bestäubung“ ; https://www.fibl.org/de/shop/1633-wildbienen
Bienen und Pflanzenschutzmittel
Was haben chemisch-synthetische Pestizide oder zum Beispiel Glyphosat für einen Einfluss auf die Bienen?
Glyphosat kann sich indirekt auf Bestäuber auswirken, indem wichtige Futterpflanzen nicht mehr vorhanden sind. Dies kann insbesondere für Wildbienen problematisch sein.
Des Weiteren haben Pflanzenschutzmittel oft subletale Auswirkungen auf Bestäuber, die die Bienen nicht direkt töten, aber ihre Gesundheit oder ihr Verhalten beeinträchtigen und so die Populationen langsam reduzieren.
Eine Studie der Universität Konstanz zeigt, dass hungernde Hummeln weniger gut in der Lage sind die Regulierung der Nesttemperatur durchzuführen, wenn sie mit Glyphosat versetztem Zuckerwasser gefüttert wurden. Glyphosathaltige Produkte beeinträchtigen zudem die Darmflora von Honigbienen, was Sie anfälliger für Infektionen machen kann.
Was sollte sich ändern, damit Wildbienen-Populationen wieder besser überleben können?
Generell sollte der wirtschaftliche Nutzen der Bestäubung und anderer Ökosystemdienstleistungen viel stärker gewichtet werden. Denn eine ertragreiche Obst-, Beeren-, Gemüse- und Ölproduktion hängt von einer vielfältigen und ausreichend grossen Zahl von Insekten und Bienen und damit von einer intakten Bestäubungsleistung ab.
Es wäre wichtig, Monitoringdaten zu gefährdeten Wildbienenarten so rasch wie möglich in konkrete Förderprojekte umzusetzen und entsprechende finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig sollte man die Testprotokolle im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel auf verschiedene Wildbienenarten anpassen und erweitern, sowie stärker auf die Fortpflanzungsmerkmale fokussieren.
Mit welchem Honig Bienen schützen
Was gibt es zu beachten beim Honigkauf?
Idealerweise sollte man Honig aus nachhaltiger Produktion kaufen. Zudem ist Importhonig aus China und der Türkei häufiger mit Sirupen verfälscht als einheimischer Honig.
Wie kann Honig nachhaltig produziert werden?
Für die Produktion von nachhaltig produziertem Honig gibt es verschiedene Labels, die zum Beispiel den Einsatz von Varroa-Bekämpfungsmitteln und einen zertifizierten Wachskreislauf vorschreiben. Als Standortanforderung für Biohonige muss die Bienenweide im Umkreis von drei Kilometern 50 Prozent nachhaltige Bewirtschaftung aufweisen.
Warum gibt es so wenig deutschsprachige Fachliteratur über Honig?
Es gibt ziemlich viel Literatur über Honig, wenn man gezielt danach sucht. Zum Beispiel auf der folgenden Homepage von Stefan Bogdanov, einem ehemaligen Schweizer Bienenforscher: https://www.bee-hexagon.net/deutsch/die-produkte/honig/
Ich selbst durfte während meiner Ausbildung an einem Projekt mitarbeiten, bei dem die Honigherstellung im dunklen Bienenstock mittels Computertomographie untersucht wurde. Dabei konnten wir unterschiedliche Zellfüll-, Umlagerungs- und Mundwerkzeugverhalten dokumentieren, die alle Teil des Honigreifungsprozesses sind.; „Geheimnisse um Honigproduktion durch Bienen enthüllt“, https://ira.agroscope.ch/de-CH/publication/37028
Auch folgendes Buch ist sehr empfehlenswert: „Kulinarisches Erbe der Alpen – Honig der Alpen“; https://www.orellfuessli.ch/shop/home/artikeldetails/A1060483012
Etwas, das noch erwähnt werden sollte?
Ja, dass strukturreiche Rebberge für viele Wildbienenarten sehr nützlich sein können, indem sie wertvolle Lebensräume und wichtige Nahrungspflanzen zur Verfügung stellen. Speziell Abbruchkanten, Lössböschungen, kiesige Feldwege, sandige Böden, Totholzstrukturen, Markstängel und Steinmauern bieten für zahlreiche Insekten kleine Nistmöglichkeiten.
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