Wenn ein Weingut seit 1605 besteht und die 16. Generation gerade das Zepter übernimmt, ist die Frage nach der Tradition wohl obsolet. Doch kann ein Gut mit derart langjähriger Struktur auch modern sein? «Ja klar, Innovation steht bei uns hoch im Kurs», sagt Clémence Fabre, die zusammen mit ihrem Mann Louis-Jacques Ramin und ihrer Schwester Jeanne in die Fussstapfen ihrer Eltern Louis und Claire Fabre tritt.

Während über 400 Jahren hatten auf Château Coulon der Familie Fabre im südfranzösischen Luc-sur-Orbieu die Männer das Sagen. Eine Tradition, die in ihrer absoluten Form allmählich zu Ende geht. Zwar ist Louis Fabre auch mit 71 Jahren noch immer ein beratender Patron, der mit seiner Erfahrung und seinem Pioniercharakter den Familienbetrieb stark geprägt hat. Aber Schritt für Schritt lässt er nun seine Töchter Clémence, Jeanne und Cécile die Zügel in die Hand nehmen. Während Clémence und ihr Mann Louis-Jacques Ramin den Weinbau in die Zukunft führen, konzentriert sich Zwillingsschwester Jeanne auf innovative Angebote im Bereich des Önotourismus. Die jüngere Schwester Cécile ist Anfang Jahr ebenfalls zum Team gestossen. Sie engagiert sich im Bereich Marketing und Kommunikation. Ausserdem plant sie, die alten Gebäude der Domaine zu renovieren und danach als gemütliche Öko-Unterkünfte anzubieten.

Nicht operativ tätig auf dem Weingut sind die beiden Söhne. Grégoire lebt in Basel, unterstützt aber die Familie mit guten Ratschlägen im Bereich der Ökologie. André, der jüngste Spross der Familie, ist ein leidenschaftlicher Baumzüchter mit eigener Baumschule. Sein grosses Fachwissen stellt er dem Weingut im Bereich der Agroforstwirtschaft zur Verfügung. «Angeregt durch Delinat, gehört Agroforst zu den wichtigsten Innovationen der letzten Jahre in unseren Rebbergen», sagt Louis Fabre. «Gemeinsam haben wir agroforstwirtschaftliche Praktiken eingeführt, bei denen Bäume, Hecken und Weinstöcke in harmonischer und befruchtender Symbiose leben. Damit wird die Biodiversität verbessert, die Bodenerosion verringert und ein ausgewogenes Ökosystem geschaffen. Wir teilen das Ziel von Delinat, Weinberge regenerativ und als Mischstatt Monokultur zu bewirtschaften», so Louis Fabre.
Einmal Pionier – immer Pionier
Clémence freut sich darüber, dass ihr Vater 1991 mit der Umstellung auf biologischen Weinbau im Languedoc eine Pionierrolle übernommen und damit eine gesunde Basis für das heutige Weingut mit fünf Schlössern und 200 Hektar eigenen Reben geschaffen hat.

«Die Entscheidung für Bio war in den 1990er-Jahren aus kommerzieller Sicht nicht einfach. Aber mit der wertvollen Unterstützung von Delinat hat es geklappt», sagt Clémence. Sie und ihr Mann Louis-Jacques Ramin gehen den eingeschlagenen Weg konsequent weiter mit viel Elan und frischem Wind. Als neue Pionierrolle bezeichnet sie etwa die Experimente mit Pflanzenkohle, die seit 2022 laufen.
Aus organischen Abfällen hergestellte Pflanzenkohle soll CO₂ langfristig im Boden binden, den Wasser- und Nährstoffrückhalt im Boden verbessern und die Widerstandsfähigkeit der Reben stärken. Ein weiteres, aktuelles Beispiel zeigt, wie schön sich Tradition und Innovation auf einem Weingut kombinieren lassen. Im Februar wurden auf einer Länge von einem Kilometer neue Hecken und Bäume gepflanzt. Die mittlerweile zahlreichen Pistazien-, Quitten-, Mandel- und Olivenbäume werfen jedes Jahr Früchte ab, die unter den Mitarbeitenden verteilt werden.
Tradition und Innovation Hand in Hand
Laut Clémence gehört eine wachsende Nachfrage nach biologischen Weinen zu den aktuellen Trends im Weinbau des Languedoc. Das bestärkt die Familie zusätzlich, in diesem Bereich innovativ zu bleiben, ohne auf gewachsene und bewährte Traditionen zu verzichten.
Zu den traditionellen Weinen der Familie Fabre gehört der Rotwein Château Coulon Sélection spéciale, einer der beliebtesten Tropfen im Delinat-Sortiment. «Die Cuvée aus den traditionellen Sorten Carignan, Syrah, Mourvèdre und Grenache, ein Jahr im Barrique ausgebaut, verkörpert unser über Generationen überliefertes Know-how», sagt Louis Fabre. Zudem sei er stolz darauf, einen so beliebten Wein gemeinsam mit Delinat entwickelt zu haben. «Die Zusammenarbeit und das gemeinsame Tüfteln an den besten Verschnitten sind schon sehr besonders», ergänzt der Winzer.
Auf der Seite der Moderne steht die weisse Cuvée Iris, mehrheitlich aus pilzresistenten Rebsorten wie Floreal, Souvignier Gris und Sauvignac gekeltert. «Der Anstoss, auf robuste Rebsorten zu setzen, kam von Delinat», lächelt der Winzer. Die Cuvée Iris baut die Familie exklusiv für Delinat aus. Ein Feuerwerk von Aromen, das der Iris (Schwertlilie) gewidmet ist, die in grosser Zahl an den Rändern der Weinberge blüht. Clémence: «Ermutigt von Delinat und weil wir überzeugt sind, dass sich neue, robuste Rebsorten im Zusammenhang mit dem Klimawandel etablieren werden, haben wir bisher auf über zwei Hektar PIWI-Sorten gepflanzt.» Zu den weiteren Innovationen des Familienweinguts gehören Versuche mit Pét Nat, Orange- Weinen oder alkoholfreien Weinen.
Frischer Wind bei der Vermarktung
Auf Innovation setzt Familie Fabre aber nicht nur im Weinberg und in der Vinifikation, sondern auch beim Marketing. So hat Jeanne bereits mehrere Angebote im Bereich des immer stärker nachgefragten Önotourismus kreiert. Dazu gehört ein Escape-Game, bei dem Besucherinnen und Besucher auf spielerische Art und Weise Rätsel lösen müssen und dabei Einblick in die Geschichte und die Philosophie des Weinguts erhalten.
Gleiches vermittelt auch «La balade de la biodiversité». Der Biodiversitätsspaziergang gibt Einblick in den faszinierenden biologischen Weinbau der Famille Fabre und endet mit einer Verkostung bester Bioweine. Für Aufsehen hat das innovative Delinat-Weingut zudem an der «Wine Paris» 2025 gesorgt – mit einem aussergewöhnlichen Stand, der zu 100 Prozent aus recyceltem Karton bestand.
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