Was haben wir uns Anfang Jahr noch gefreut. Als nach zwei in jeglicher Hinsicht herausfordernden Corona-Jahren endlich «peu à peu» die Normalität zurückgekommen ist, war die Aufbruchstimmung spürbar. Menschen waren mit neugewonnenem Drang nach Geselligkeit wieder mit Freude und Optimismus auf den Strassen, in den Restaurants und Läden unterwegs. Gross war auch die Hoffnung, dass wir uns endlich auf die grösste Herausforderung unserer Zeit fokussieren können: den Klimawandel.
Und dann kam wieder alles anders. Der unmenschliche Krieg in der Ukraine stürzte nicht nur die Menschen vor Ort in Not und Verzweiflung, er hat uns auch die absurden Abhängigkeiten und die Fragilität des Welthandels vor Augen geführt. Vor allem die Verknappung von Gas und Getreide hat zu einer explosionsartigen Erhöhung von Energie- und Lebensmittelpreisen und zum Teil zweistelligen Inflationsraten geführt. Die Auswirkungen dieses menschlichen und wirtschaftlichen Elends werden noch lange nachhallen.
Dass die Klimakrise dabei wieder in den Hintergrund gerückt ist und gar bereits getroffene Massnahmen für die Natur rückgängig gemacht wurden, ist kaum überraschend. Hier und da gab es aber auch kurze Hoffnungsschimmer. Dass in der EU-Kommission zumindest über ein Teilverbot von Pflanzenschutzmitteln diskutiert wurde, war so ein kleiner. Und das Bekenntnis des UNO-Biodiversitätsgipfels, 30% der weltweiten Land- und Meeresflächen bis 2030 unter Schutz zu stellen, ist gut gemeint. Wenn ich mir aber vor Augen führe, wie gewisse Interessensgruppen jeden noch so kleinen Fortschritt im Bereich Natur- und Klimaschutz bekämpfen, bezweifle ich, dass aus all dem jemals mehr wird als reine Symbolpolitik.
Bei diesen trüben Gedanken hilft mir jeweils ein Blick in unsere Weinberge. Wie Delinat-Winzer selbst in einem so schwierigen Umfeld unermüdlich ihre Naturparadiese hegen und pflegen und sämtlichen Herausforderungen trotzen, bereitet Freude und Zuversicht. Waren es 2021 noch flutartige Regenfälle und Überschwemmungen, die den Winzern zu schaffen machten, war dieses Jahr von extremer Hitze und Trockenheit geprägt. In beiden Fällen hat sich gezeigt, dass eine reiche Biodiversität, ein lebendiger Boden mit hohem Humusanteil und tief wurzelnde Reben helfen, das Allerschlimmste zu verhindern. Unglaublich beeindruckend ist auch, mit wieviel Energie, Kreativität und Elan die Delinat-Winzer trotz nochmals gestiegener Anforderungen der Delinat-Richtlinien alles daransetzen, eine höhere Delinat-Stufe zu erreichen. Ohne zu jammern. Ohne zu lamentieren.
Natürlich geht die Krise auch an uns nicht spurlos vorbei. Nicht alle Ziele konnten wir in diesem Jahr erreichen. Noch immer können wir einen grossen Teil unserer Weingüter mit «nur» einer Delinat-Schnecke für die Erfüllung der anspruchsvollen Richtlinien auszeichnen. Auch wenn für eine Schnecke bereits weitaus höhere Anforderungen als für andere Bio-Labels erfüllt werden müssen, wollen wir die Anzahl der 2- und 3-Schnecken-Betriebe stark erhöhen. Was in der Konsequenz bedeutet, dass die Biodiversität in den Weinbergen wie auch der Anteil an erneuerbarer Energie auf den Betrieben nochmals steigen werden. Die Winzerseminare in Spanien und Frankreich haben zudem aufgezeigt, dass die Massnahmen des Agroforst-Konzeptes noch stärker als bisher in die Delinat-Methode einfliessen können. Dem Thema widmen wir uns ausführlich in der nächsten WeinLese.
Beim Pflanzenschutz halten wir an unserem anspruchsvollen Reduktionspfad für Kupfer und Schwefel fest. In vielen Gebieten wird dies nur durch die Pflanzung von neuen, robusten Rebsorten erreicht werden können. Darin liegt ein weiterer Fokus unserer Arbeit. Wir werden die Entwicklung, den Anbau und die Förderung dieser neuen Sorten weiter intensivieren. In den letzten zwei Jahren konnten sich auf Château Duvivier viele Winzer von den Vorzügen der «PIWIs» überzeugen. Einige von ihnen werden schon im 2023 die ersten Jungpflanzen setzen. Und in Spanien scheint dank Delinat-Winzer Albet i Noya in Sachen Zulassung endlich etwas Bewegung ins Spiel zu kommen. Trotzdem: Die regulatorischen Hürden sind vielerorts zu hoch, gleichzeitig ist die Verfügbarkeit der Jungplanzen noch zu tief. Auch daran arbeiten wir. Interessierten empfehle ich in einen Blick in unseren Videoblog «Weinbau der Zukunft».
Zu guter Letzt: Wie immer gehört unser aufrichtiger Dank auch Ihnen. Ihr Bekenntnis zu Delinat und Ihr Kaufentscheid für unsere Produkte machen unsere Arbeit überhaupt erst möglich. Vielen herzlichen Dank dafür!
Wir wünschen Ihnen alles Gute und ein gesundes und erfolgreiches 2023!
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