«Minimalisten treffe ich unter den Delinat-Winzern nicht an»

Wer kontrolliert eigentlich die Einhaltung der Delinat-Biorichtlinien? Wie spielen sich die Kontrollen ab? Seit 1998 arbeitet Delinat mit der unabhängigen Kontroll- und Zertifizierungsfirma bio.inspecta zusammen. Philipp Seitz, ein erfahrener Inspektor, gibt Auskunft.

Wie läuft eine Kontrolle der Delinat-Richtlinien beim Winzer konkret ab?
Philipp Seitz: In der Regel begegnen sich Betriebsleiter und Inspektor zuerst im Betriebsgebäude. Dort wird der Ablauf der Inspektion kurz umrissen, bevor die erste Dokumentenkontrolle erfolgt, die einen Über- und Einblick in den Betrieb gewährt. Anschliessend kommt es zu einer Feldbegehung, um die Informationen vor Ort zu verifizieren. Daran schliesst sich eine zweite, meist kürzere Phase der Dokumentkontrolle an, in der offene Fragen abschliessend geklärt werden. Zum Schluss wird das Inspektionsprotokoll ausgefüllt und von beiden Seiten unterzeichnet.

War der Weinbau schon immer Ihre Domäne?
Nein, meine Schwerpunkte lagen bis vor wenigen Jahren hauptsächlich bei tropischer Landwirtschaft und Feldbau, besonders Kaffee, Kakao, Tee, Zuckerrohr und Baumwolle. Durch bio.inspecta hatte ich die Möglichkeit, auch in der Landwirtschaft der gemässigten Zonen Fuss zu fassen. Mit Weinbau hatte ich in der Vergangenheit nur im Rahmen von Fairtrade Audits in Chile zu tun – da ging es aber mehr um soziale und ökonomische Fragen und weniger um Ökologie.

Philipp Seitz bei einer Kontrolle auf der Domaine Beaurenard
Philipp Seitz (links) bei einer Kontrolle auf der Domaine Beaurenard in Châteauneuf-du-Pape.

Wie gehen Sie bei den Kontrollen auf den Delinat-Gütern genau vor?
Inspektionen können sowohl angekündigt als auch unangekündigt erfolgen. Bei der Durchführung exklusiver Delinat-Kontrollen sind unangekündigte Kontrollen nicht bedeutsam, weil die Biodiversität immer offensichtlich ist, das heisst zu jedem Zeitpunkt kontrolliert werden kann. Ausserdem handelt es sich bei den Delinat-Betrieben um biozertifizierte Weingüter, die bereits durch die Mangel der Biokontrolle gegangen sind.

Wie reagieren die Delinat-Winzer auf Ihre Kontrollen?
Überraschenderweise waren bisher alle Betriebe sehr offen, auch wenn ich während der Erntezeit zu Besuch kam, was in der Regel die arbeitsintensivste Zeit des Jahres ist.

Was kontrollieren Sie genau?
Ein Schwerpunkt sind Kriterien, die einen Eindruck liefern von der Biodiversität, wie beispielsweise ökologische Hotspots, Baum- und Strauchwuchs usw. Diese werden quantitativ erfasst. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Einhaltung strikter Kupfer- und Schwefelobergrenzen, die strenger sind als im üblichen biologischen Anbau.

Philipp Seitz
Philipp Seitz wurde 1969 in Rio de Janeiro geboren. Er ist studierter Agraringenieur und arbeitet weltweit als Berater und Auditor für Nachhaltigkeitsstandards mit Schwerpunkt Tropen und Kleinbauern. Seit 2015 ist er für bio.inspecta tätig und kontrolliert hier unter anderem Delinat-Weingüter in verschiedenen europäischen Ländern. Er ist in Bonn wohnhaft und vierfacher Familienvater.

Die Delinat-Biorichtlinien gelten als die strengsten im Weinbau. Wie schwierig oder aufwendig ist die Kontrolle?
Anspruchsvoll für jeden Inspektor sind die Biodiversitätsrichtlinien, deren Vielseitigkeit und Abgrenzbarkeit sich nur demjenigen erschliessen, der Fachwissen mitbringt. Daher gehört ein jährliches Training zum Standardrepertoire eines jeden Delinat-Inspektors.

Stellen Sie bei den Winzern grosse Unterschiede bezüglich Umsetzung der Richtlinien fest?
Minimalisten treffe ich unter den Delinat-Winzer nicht an. Selbstverständlich gibt es jene, die aufgrund klimatischer Umstände gewisse Abstriche machen müssen, zum Beispiel bei der Dauerbegrünung und beim Pflanzenschutz. Nichtsdestotrotz: Auch diese Betriebe zeichnen sich durch grosse Motivation aus, ökologische und biodiverse Massnahmen umzusetzen.

Was passiert, wenn Sie Verstösse gegen einzelne Richtlinienpunkte oder generell Verfehlungen feststellen?
Kleinere Verstösse müssen vor Verlängerung des Zertifikats behoben werden. Bei gröberen Verstössen – normalerweise im Bereich des Pflanzenschutzes – muss der Betrieb plausibel darlegen, warum es zum Verstoss gekommen ist. Nur wenn der Verstoss für den Kontrolleur nachvollziehbar ist, kann eine Ausnahmebewilligung erteilt werden.

Wie oft kommt das vor?
Selten. In der Regel nur in sehr niederschlagsreichen Jahren.

Wo sehen Sie als professioneller Inspektor die Stärken und Schwächen der Delinat-Richtlinien?
Die Richtlinien zählen sicherlich zu den stärksten Biodiversitätstandards überhaupt. Die Herausforderung liegt in der Komplexität, die Biodiversitätsrichtlinien eigen ist. Deswegen ist es erforderlich, dass das gesamte Standardsystem, in das die Richtlinien eingefasst sind, stabil gebaut ist. Dazu gehört insbesondere auch eine gute Ausbildung von Inspektoren. Von aussen erkennt man die Stärke eines Standardsystems an der Art und Weise, wie die Zielgruppe die Richtlinien annimmt – die durchwegs positive Haltung aller Betriebe ist das, was mich am meisten überrascht hat.

Die bio.inspecta AG
Die bio.inspecta AG ist eine unabhängige, neutrale und weltweit tätige Schweizer Kontroll- und Zertifizierungsfirma mit Sitz in Frick AG. Das Angebot umfasst anerkannte Kontrollen und Zertifizierungen für Bio- und Labelprodukte sowie ISO-Standards und Lebensmittelsicherheit.
Die Zusammenarbeit mit Delinat besteht seit 1998. Konkret überprüfen unabhängige Inspektoren die Einhaltung der Delinat-Richtlinien in der Praxis und stellen bei der Erfüllung der Vorgaben das entsprechende Zertifikat aus. Kontrolle und Zertifizierung basieren auf dem vier-Augen-Prinzip, das heisst, nach der Kontrolle vor Ort wird die Zertifizierung der Weine von einer zweiten Person durchgeführt. bio.inspecta ist somit ein wichtiger Eckpfeiler in der Qualitätssicherung bei Delinat.

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«Hirschhof» schafft Lebensraum für Wildbienen

Tobias Zimmer vom Weingut Hirschhof beteiligt sich am Projekt «Blühendes Rheinhessen – Wein, Weizen, Wildbienen». Ziel ist die Schaffung von mehr Artenvielfalt und neuer Lebensräume für Wildbienen in der Kulturlandschaft Rheinhessens.

Wildbiene auf dem Weingut Hirschhof

In Deutschland verfolgt der Bund für Umwelt und Naturschutz (kurz: BUND) Ziele des Natur- und Umweltschutzes, des Biodiversitäts- und Klimaschutzes sowie des Tier- und Denkmalschutzes im Sinne einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Entwicklung. Der BUND Landesverband Rheinland-Pfalz e.V. hat für das von 2018 bis 2020 laufende Projekt «Blühendes Rheinhessen – Wein, Weizen, Wildbienen» Modellpartner gesucht, die bereit sind, die Artenvielfalt und die Lebensbedingungen für Wildbienen in der Agrarlandschaft Rheinhessens aufzuwerten. Denn Wildbienen sind für die biologische Vielfalt unerlässlich. Durch die Bestäubung tragen sie zur Fortpflanzung von Blütenpflanzen bei.

Ein idealer Partner

«Wir haben uns als Modellpartner für dieses Projekt beworben, weil wir hoch motiviert sind, noch mehr zur biologischen Vielfalt beizutragen», sagt Hirschhof-Winzer Tobias Zimmer. Neben der Liebe zur Natur steckt da durchaus auch Eigennutz dahinter. Tobias Zimmer: «Für die Produktion von gesunden, qualitativ hochwertigen Trauben sind wir auf ein gesundes Ökosystem angewiesen. Ausserdem führen Vielfalt und ein ökologisches Gleichgewicht erwiesenermassen auch zu verringertem Schädlingsdruck.»

Tobias und Ellen Zimmer schaffen auf ihrem Weingut ein Blütenparadies für Wildbienen.
Tobias und Ellen Zimmer schaffen auf ihrem Weingut ein Blütenparadies für Wildbienen.

Den Projektverantwortlichen ist es nach einer Begehung der Weinberge leicht gefallen, das Weingut Hirschhof als Modellpartner auszuwählen. Die fünf Spezialisten für Wildbienen und Kräuterkunde konnten eine bereits reich vorhandene Pflanzen- und Tierwelt erfassen. Gesichtet wurden gegen 80 Pflanzenarten, sechs verschiedene Arten von Wildbienen, 16 Arten Falter und 14 Arten anderer Lebewesen – vom Marienkäfer über Heuschrecken bis zum Rotmilan. «Es ist wirklich sehr beeindruckend, was es auf den Flächen des Hirschhofs schon alles gibt», lobte Projektleiterin Dr. Tatjana Schneckenburger. Dass die natürliche Vielfalt auf dem Hirschhof einen hohen Stellenwert hat, ist auch den Delinat-Richtlinien geschuldet. Diese verlangen explizit eine Förderung der Biodiversität.

Wissenschaftliche Begleitung

Weitere Massnahmen, die seit Herbst 2019 umgesetzt werden, sollen diese Vielfalt noch erhöhen. Die Anlage zusätzlicher Blühstreifen, Untersaaten und Retentionsflächen verbessern die Verfügbarkeit von Nahrung, Nistmaterial und Lebensraum weiter. Das Projekt wird gemeinsam mit den Experten vom BUND umgesetzt. Es erfolgt eine wissenschaftliche Begleitung vor und nach den Massnahmen, um den Effekt auf die Wildbienen zu messen.

Bio-Pioniere in Rheinheissen

Neben den Wildbienen ist auch der 40. Geburtstag von Delinat ein aktuelles Thema auf dem Weingut Hirschhof: Tobias Zimmer gehört zu den vier langjährigen Partnerwinzern, die einen Jubiläumswein beisteuern.

Walter und Annette Zimmer begannen 1991, auf ihrem traditionsreichen «Hirschhof» ihre Weine biologisch zu erzeugen. Damit gehören sie zu den Pionieren in Rheinhessen. Bereits ein Jahr später begann die Zusammenarbeit mit Delinat, die von der Nachfolgegeneration Tobias und Ellen Zimmer bis heute erfolgreich fortgeführt wird. Das Weingut verfügt über ökologisch intakte Rebberge und einen vielfältigen Sortenspiegel. Aus der grossen Traubenvielfalt werden Rot-, Weiss-, Rosé- und Schaumweine mit ausgezeichnetem Preis-Genuss-Verhältnis erzeugt. Seit etlichen Jahren finden auf dem Hirschhof im Frühling und im Herbst Weintage statt, an denen Delinat-Kunden praxisnahen Einblick in einen Weinbau mit reicher Biodiversität erhalten und die ganze Palette der Weine verkosten können. Informationen dazu: www.delinat.com/weintage

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Feine Spürnase

Wir trinken gerne Wein, aber wenn wir festhalten wollen, wonach ein Wein riecht, lässt uns die Nase im Stich. Mehr als «gut, fein oder intensiv» schaffen wir nicht. Dabei lässt sich unser Geruchssinn trainieren – auf abwechslungsreiche und unterhaltsame Weise.

Ein Produkt lebt von seiner Geschichte. «Storytelling» nennt sich das heute. Doch schon vor 40 Jahren lieferte Delinat zu jedem Wein seine Geschichte. Insbesondere ab 1987 mit dem DegustierService. Nebst Herkunft, Art der Weinbereitung, Traubensorten und passenden Speisen gehört seither ein Geruchs- und Geschmacksprofil (Degustationsnotiz) zu jedem Wein. Wenn wir diese Gaumen- und Naseneindrücke nachvollziehen können, erhöht das den Genuss. Der Wein erhält ein unverwechselbares Profil. Ein Weinaroma besteht aus einigen Hundert Duftstoffen. Idealerweise trainieren wir unsere Nase zuerst mit einfacheren Düften. Das schärft unseren Geruchssinn – gemäss Gehirnforschung verbessert sich auch das Gedächtnis.

Riechen, wie geht das?

Unser Geruchssinn lässt sich trainieren

Unser Geruchssinn ist mässig, Hunde und Mäuse riechen viel besser als wir. Wir verlassen uns im Alltag mehr auf Augen und Ohren, die Nase vernachlässigen wir gerne. So dichtete der Humorist Heinz Erhardt: «Wenngleich die Nas’, ob spitz, ob platt, zwei Flügel – Nasenflügel – hat, so hält sie doch nicht viel vom Fliegen; das Laufen scheint ihr mehr zu liegen.»

Wie funktioniert denn unsere Nase? Beim Einatmen gelangen Duftmoleküle zur Riechschleimhaut in der Nasenhöhle. Hier sitzen rund 30 Millionen Riechzellen (Neuronen), versehen mit ca. 350 verschiedenen Duftsensoren. Via Nervenfasern (Axone) gelangt die Duftinformation in den Riechkolben in der Grosshirnrinde und von da in die Riechrinde. Erst jetzt wird uns der Duft bewusst; von hier aus gibt es auch direkte Verbindungen ins Limbische System, unser Gefühlszentrum. Hier wird der Duft mit unseren Erfahrungen und Erinnerungen verglichen. Dazu der Geruchsforscher und Zellbiologe Prof. Hanns Hatt von der Uni Bochum: «Bei Gerüchen spielt der Verstand keine Rolle. Das Gehirn erkennt jeden Geruch, den es abgespeichert hat. Wird er aufgerufen, wird auch die dazugehörige Stimmung wiederholt. » So verspüren wir bei Duft von frischgebackenem Brot Appetit, bei Fäulnisgeruch Ekel.

Ausdauer und Spass

Wir können Tausende von Düften unterscheiden und erkennen, schwer fällt es uns hingegen, Düfte zu benennen: Ein geübter Weinsommelier schafft vielleicht 200; Parfümeure nach jahrelangem Training bis zu 3000. Fürs Training braucht es also Ausdauer – aber Spass ist auch wichtig. Bewährt haben sich folgende Varianten:

Duftfläschchen

Ätherische Öle eignen sich gut fürs Geruchstraining. Zirka sechs Düfte reichen: zum Beispiel Zitrone, Ananas, Rose, Lavendel, Schokolade, Zedernholz. Morgens und abends riechen wir daran. Woran erinnert uns der Duft? Wie heisst er? Auch wenn wir nach einiger Zeit die Düfte kennen, lohnt es sich, damit weiter zu trainieren. So stärken wir Geruchssinn und Gedächtnis. Schnuppern, also stossweises Riechen, ist wirkungsvoller als langsames Einatmen. Wenn wir zu lange an den Düften riechen, versagt unser Geruchssinn. Ein «reset» hilft, beispielsweise frische Luft einatmen oder an Kaffeebohnen riechen.

Duftfläschchen helfen beim Trainieren des Geruchssinns

Statt einzelner Düfte sind Duftklassen einfacher zu erkennen. Beispielsweise die Grundgerüche nach Aromaforscher Günther Ohloff: blumig, fruchtig, grün, würzig, holzig, harzig, animalisch und erdig. Für eine Weinbeschreibung reicht «blumig, mit einer würzigen Note» vollkommen. Wer mehr punkten will, muss länger trainieren.

Duftproben

Gut geeignet sind auch selbst hergestellte Düfte: fein gemörserte Gewürze und Kräuter oder Säfte. Die können auch gleich zum Kochen verwendet werden.

Der Nase nach

Eindrücklich ist auch ein Geruchsspaziergang, bei dem wir Duftobjekte suchen und intensiv daran riechen: Baumrinden, Blumenwiesen, feuchte Erde, Pilze.

Küchenschnüffler

Ein ideales Geruchstraining ist Kochen. An Speisen und Getränken riechen stärkt unseren Geruchssinn. Und der Geruch von Speisen führt uns auch zur Wahl des dazu passenden Weins – oder umgekehrt: Das Geruchs- und Geschmacksprofil eines Weins gibt vor, was wir dazu idealerweise essen sollen.

Übrigens: Eine Weinsorte kann man sich gut einprägen, wenn wir während dreier Monaten ausschliesslich Weine dieser Sorte trinken. So speichert unser Gedächtnis die Geruchs- und Geschmackseindrücke und, plötzlich erkennen wir diese Weinsorte «blind». Wein degustieren ist also hohe Schule. Beginnen wir mit einfacheren, klaren Düften. Üben wir täglich und werden wir langsam zu Spürnasen.

Ist Degustieren eine Kunst?

Natürlich ist Weindegustieren keine Kunst, aber unser Geschmack ist individuell und wird durch Erfahrungen und Erinnerung geprägt. Letztlich lässt sich über Geschmack prächtig streiten, und gerade hier setzt der Delinat-Basiskurs «Die Kunst des Degustierens» an: Erlernen Sie die richtige Degustationstechnik. Schulen Sie Ihre Nase und Ihren Gaumen. Der praktische Teil beginnt mit einem Parcours durch zehn verschiedene Aromen, die beim Weindegustieren eine wichtige Rolle spielen. Die verschiedenen Weinaromen aus dem Aromenkoffer «Le nez du vin» helfen dabei. Der Delinat-Basiskurs wird seit zehn Jahren in vielen Städten in der Schweiz und Deutschlands angeboten. Mehr Informationen finden Sie unter: www.delinat.com/basiskurs

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Die Geburtsstunde des Bioweins: erste Richtlinien für Bio-Weinbau in Europa bereits 1983

Mit der EU-Öko-Verordnung wurden 1992 erstmals europaweit geltende Kontrollvorschriften für biologischen Landbau eingeführt. Diese galten auch für den Anbau von Weintrauben, nicht aber für deren Verarbeitung im Keller. Dafür gibt es in der EU erst seit 2012 rechtsverbindliche Bio-Richtlinien. Die Bezeichnung «Biowein» für ökologisch erzeugte Weine darf offiziell deshalb erst seit dem Jahrgang 2012 verwendet werden. 

Biowein Richtlinien

Schon viel früher, nämlich 1983, schuf Delinat eigene Biorichtlinien für Weinanbau und -bereitung in Europa, was damals nicht ganz einfach war.

«Das war eine harte Zeit …»

Delinat-Gründer Karl Schefer erinnert sich: «Das war gleichermassen eine harte, aber auch spannende Zeit. Es fehlte uns an Wissen, Geld, Infrastruktur und vor allem an Mitstreitern. Weinhandel und Behörden hatten sich geschlossen gegen uns gestellt. Genau genommen hatten wir nur eines: Die sichere Überzeugung, dass unsere Idee richtig ist. Dass natürlich gewachsener Wein besser sein muss. Beseelt von dieser Idee haben wir die notwendige Kraft geschöpft, die es brauchte, um einige Dutzend Abstürze zu überwinden. Kraft gaben uns die damaligen Winzer-Pioniere, die wie wir vom Grundgedanken überzeugt waren.

Schon 1982 trafen sich sieben charismatische Persönlichkeiten im appenzellischen Speicher, wo wir in drei Tagen die ersten Delinat-Richtlinien formuliert haben, die 1983 in Kraft traten. Das war die Geburtsstunde des Bioweins, weil diese Richtlinien, anders als alle anderen, auch die Weinbereitung und nicht nur die Traubenproduktion definiert hatten. Darauf waren wir sehr stolz.»

Bio-Honig aus reicher Natur: die Delinat-Imker

Europa ist der zweitgrösste Honigproduzent weltweit und kann seinen Bedarf trotzdem nur zu 60% decken. Importe aus China, Südamerika und anderswo decken den Rest. Europa ist damit auch einer der grössten Importeure von Honig.

Das begehrte Produkt schürt die Versuchung, mit unlauteren Methoden die Mengen zu erhöhen. Kaum bekannt ist die Tatsache, dass Honig das am dritthäufigsten gefälschte Lebensmittel ist. Das ZDF hat am 14.10.2019 eine bemerkenswerte Doku ausgestrahlt: «Fake Honig».

Eine Biene auf der Suche nach Nektar, welcher zu kostbarem Honig wird.
Die Grundsätze der Delinat-Imkerei
Die Richtlinien definieren Standort (Umwelt), Behausung, Fütterung, Honiggewinnung, Bienen-Behandlung und analytische Kontrolle. Die Details dazu finden Sie unter: www.delinat.com/imkerei

Die Delinat-Imker

Unsere kleinen Imkereien produzieren authentischen Honig in naturbelassenen Regionen Europas. Dank ihrer langjährigen Erfahrung und dem Wissen über die besten Weideplätze gewinnen sie köstliche Honige von höchster Qualität. Doch Umweltverschmutzung und Klimawandel machen das immer schwieriger.

Hier stellen wir Ihnen unsere engagierten Bio-Imker aus Bulgarien, Italien und Spanien einmal vor:

Nureitin Nieziew, Bulgarien
Gerada

Imker Nureitin Nieziew aus Bulgarien überlässt seinen Bienen genügend Honig

Der 48-jährige Nureitin Nieziew strahlt eine wohltuende Ruhe aus. Diese schöpft er wohl aus der kaum besiedelten Region am Rusenski Lom-Naturpark. Es gibt für eine Imkerei kaum einen besseren Ort auf Erden. Die Bienenhäuser stehen weit abseits von Industrie und anderer Verschmutzung.

Für Bienen ist das ein Schlaraffenland. Ausgedehnte Linden- und Robinienwälder (Scheinakazie) laden zum Schlemmen ein. Nureitin ist sichtlich stolz auf seine gesunden Völker. 1994 hat er das Handwerk von seinem Onkel gelernt. Die Imkerei spielt eine wichtige Rolle in der Familiengeschichte.

Nureitin hält seine Völker sehr naturnah. So verwendet er ausschliesslich eigenes Bienenwachs für die Herstellung der Waben. Zur Überwinterung der Bienen lässt er genügend eigenen Honig in den Stöcken, eine Fütterung mit Zucker oder Sirup kommt für ihn nicht in Frage. Seiner Meinung nach ebenso wichtig für die Gesundheit der Völker ist die Wahl der Königinnen. Seine stammen von den eigenen Völkern und werden gezielt auf Robustheit gezüchtet.

Nureitin hält seine Völker sehr naturnah. So verwendet er ausschliesslich eigenes Bienenwachs für die Herstellung der Waben. Zur Überwinterung der Bienen lässt er genügend eigenen Honig in den Stöcken, eine Fütterung mit Zucker oder Sirup kommt für ihn nicht in Frage. Seiner Meinung nach ebenso wichtig für die Gesundheit der Völker ist die Wahl der Königinnen. Seine stammen von den eigenen Völkern und werden gezielt auf Robustheit gezüchtet.

Leider ist die Varroa-Milbe trotz Abgeschiedenheit auch hier eingeschleppt worden und macht den Bienen zu schaffen. Regelmässige Behandlungen mit Ameisensäure halten den gefährlichen Blutsauger in Schach, so dass Nureitins Völker trotz der Plage gesund und kräftig sind.

Angela Ronca & Francesco Apicella, Italien
La Bottega delle Api

Imker Francesco Apicella aus Italien produzieren seit vielen Jahren Honig für Delinat

Alles begann vor 30 Jahren in Cava dei Tirreni im Hinterland der bezaubernden Amalfi-Küste. Das hügelige Gebiet wird von Einheimischen auch «kleine Schweiz» genannt. Aus Freude an den Bienen und im Bewusstsein um ihren Stellenwert in der Natur haben Francesco Apicella und seine Frau Angela Ronca damals einem alten Imker vier Bienenbeuten abgekauft.

Anders als ausgebildete Profis mussten die Roncas die Imkereikunst von Grund auf erlernen, was ein steiniger Weg war. Die Freude an der Arbeit mit den Bienen überwog und die vielen Schwierigkeiten traten in den Hintergrund. «Noch heute stellt uns die anspruchsvolle Arbeit mit den Bienen immer wieder vor Herausforderungen. Mit den Jahren haben wir durch Beobachtung aber viel von der Natur gelernt». So kennen sie inzwischen die genaue Blütezeit der besten Trachten, um die Bienen genau zum richtigen Zeitpunkt an optimale Weideplätze zu bringen.

Vor allem im Winter bietet das milde mediterrane Klima grosse Vorteile. Es gibt immer genügend Trachtpflanzen, von welchen sich die Bienen ernähren können. Zum Beispiel der immergrüne Erdbeerbaum (Arbutus) und andere Heidekraut-Gewächse. Eine Fütterung der Bienen kommt für die überzeugten Bio-Imker natürlich nicht in Frage.

Die wohl grösste gesundheitliche Belastung für Roncas Bienen ist die Varroa-Milbe. Oxalsäure hilft, doch die Behandlungen sind aufwändig und können den Befall nicht verhindern, nur mindern. Die Gesundheit der Völker hängt jedoch von vielen anderen Faktoren ab. Zentral ist die Wahl der Königin. «Wir legen Wert auf unsere eigene Zucht, um die Genetik von robusten Bienen zu fördern». Wichtig ist den Roncas auch die Weitergabe ihres hart erarbeiteten Wissens. Ihre Imkerei ist deshalb auch eine Bienenschule, welche Kurse für Schüler und Erwachsene anbietet.

Flavio Piovesan, Italien
Apicoltura Piovesan

Imker Flavio Piovesan aus Italien besitzt 700 Bienenvölker und produziert klimaneutralen und biologischen Honig

Flavio Piovesan stammt aus einer Bauernfamilie und setzte sich schon früh für eine nachhaltige Landwirtschaft ein. «Man nannte uns Alternative», sagt der 63-jährige Imker. Es gab eine kleine Gruppe, die vor der Zeit der Zertifizierungen schon nach biologischen Grundsätzen arbeitete. In einem solchen Betrieb übernahm Flavio die Verantwortung für die Bienen. Daraus entstand die erste zertifizierte Bio-Imkerei Italiens. Seine Frau Alessandra ist Biologin und arbeitete 15 Jahre lang in der Bienenforschung am Institut in Legnaro. Heute umfasst die Imkerei 700 Völker.

Flavio hat keine gravierenden Probleme mit der Varroa-Milbe. Er beugt mit Thymol und Oxalsäure vor, was sich sehr bewährt. Die Rahmen der Waben stammen aus eigener Produktion. Wie in der Delinat-Imkerei vorgeschrieben, werden die Bienen nicht gefüttert, was für Flavio kein Problem ist. Es gibt Pflanzen, die bis spät in den Herbst hinein blühen und Nahrung bieten. Und natürlich lässt Flavio seinen emsigen Insekten bei der Honigentnahme genügend eigenen Vorrat. Im Frühjahr blühen Hartriegel und Löwenzahn schon sehr früh, sodass die «Durststrecke» nur wenige Wochen dauert. Den Frühlingshonig überlässt der weise Imker dann ganz den Bienen, damit die Völker kräftig in die Saison starten.

Flavio ist in all seinem Handeln sehr konsequent. Nachhaltigkeit ist für ihn Grundlage für alle Entscheidungen. So deckt er den gesamten Energiebedarf für seine Imkerei durch die eigene Solaranlage ab. Flavios Honig ist also nicht nur bio und gesund, sondern auch klimaneutral.

Luisa Fernández Alonso, Spanien
Olaya

Luisa Fernández aus Spanien produziert mit ihrer Imkerei Olaya seit 2004 biologischen Honig

Die 54-jährige Luisa Fernández wirkt eher wie eine Unternehmerin als eine Imkerin – und tatsächllich ist sie studierte Betriebswirtin. Was 1997 aus Bewunderung für die Bienen als Hobby begann, hat sich zu einer Berufung entwickelt. Es ging Luisa nicht nur um die Bienenhaltung, sondern um einen Beitrag an die nachhaltige Entwicklung wirtschaftlich bedrohter Regionen im ländlichen Asturien.

Schon wenige Jahre nach Beginn ihrer Imkerei (Olaya S.L.) wurde Luisa klar, dass die traditionellen Methoden zu sehr von der Natur abgerückt sind. Sie entschloss sich 2004 zur Umstellung auf biologische Imkerei: «Wir erachten es als unsere Pflicht, alles für eine nachhaltige Entwicklung in dieser Region zu tun. Insbesondere die Bienenhaltung kann viel für eine artenreiche und gesunde Natur tun. Antibiotika und Akarizide haben hier keinen Platz».

Um Verunreinigungen zu vermeiden, verwendet Luisa nur eigenes Wachs für die Waben. «Wir setzen auf eigene Königinnen. Milben und andere Parasiten begegnen wir mit natürlichen Mitteln wie Ameisen-, Essig-, Milch- und Oxalsäure, sowie ätherischen Ölen». Gegen die Widrigkeiten der Natur kann Luisa die Bienen leider nicht schützen. Trockenheit, Nässe und Waldbrände, die in den letzten Jahren häufiger auftreten, stellen sie immer wieder vor grosse Herausforderungen.

Es ist die Ironie des Schicksals: Luisa hat über die Jahre eine Allergie auf Bienengift entwickelt. Dank Aufteilung der Arbeiten funktioniert der kleine Familienbetrieb trotzdem tadellos. Die Unterstützung durch Luisas Schwester, ihrer Tochter und zwei Gehilfen lässt zu, dass Luisa selbst sich mehr mit dem Honig beschäftigt. Trotzdem lässt sie es sich nicht nehmen, Besucher persönlich zu betreuen und ihnen die Bienen – in gebührendem Abstand – zu zeigen.

Sylvia & Christoph Gaupp, Spanien
Imkerei Gaupp-Berghausen

Christoph Gaupp (Imkerei Gaupp-Berghausen) aus Spanien verzichtet wie alle Delinat-Imker auf die Fütterung im Winter und lässt seinen Bienen genügend eigenen Honig

Vor 40 Jahren wanderte das österreichische Paar nach Spanien aus. Ein Zuhause fand es in Torronteras, einem verlassenen Dorf auf 1030 Metern über Meer, in der Sierra de Guadalajara. Die letzten Einwohner verliessen Torronteras Anfang der 1960er und überliessen das Dorf dem Zerfall.

Sylvia und Christoph Gaupp lebten 15 Jahre lang ohne Strom, bauten ihr Haus auf den Ruinen selbst auf und lebten vom Verkauf selbst hergestellter Produkte aus biologischer Produktion. Eines Tages befand sich ein fremdes Rind unter Gaupps Herde. Vergeblich suchten sie nach dem Besitzer des Tieres und so nahmen sie es auf. Nach einiger Zeit tauchte ein Bauer in Torronteras auf, der von dieser Geschichte gehört hatte und eine Kuh vermisste. Es war tatsächlich sein Tier, das nach einer Odyssee von 60 Kilometern bei Gaupps eine «zweite Weide» gefunden hatte.

Und wie das Leben so spielt, war dieser Bauer Imker und weckte so bei den Gaupps das Interesse für die Bienen. Heute führen Tochter Malva und ihr Partner David die Imkerei und Honig ist auch ihr Haupterwerb. Aber die Imkerei ist schwierig in dieser immer trockener werdenden Region. Wenn das Wasser ausbleibt, blüht es nicht richtig und die Bienen hungern. Das ist in den letzten Jahren zum generellen Problem geworden. Gegen die Varroa-Milbe gehen die Gaupps erfolgreich mit Thymol und Oxalsäure vor. Trotzdem verenden Jahr für Jahr ein paar Völker.

Die Gaupps vermehren ihre Völker über die Zucht eigener Könniginnen und verzichten wie alle Delinat-Imker auf Fütterung im Winter. Es wird genügend eigener Honig in den Stöcken gelassen, so dass die Bienen dank gesunder, natürlicher Nahrung mit viel Energie in den Frühling starten können.

Unser Honig-Sortiment

Eine Biene auf der Suche nach Nektar auf einer Sonnenblume

Um Ihnen einen ungetrübten Genuss zu garantieren, werden unsere Honige in umfassenden Analysen auf Qualität, Ursprung, Pestizidrückstände und vieles mehr geprüft.

Die Honigsorten stammen von Kleinbetrieben und oft sind nur sehr kleine Mengen verfügbar. Doch genau das macht Delinat-Honig attraktiv und authentisch – höchste Qualität, individuell und keine Massenware.

Auch dieses Jahr finden Sie ein sorgfältig ausgewähltes Angebot an handwerklich hergestellten Sortenhonigen. Besonders attraktiv sind die beliebten Probierpakete dunkler, heller und bunt gemischter Sorten.

-> zum Honig-Sortiment

WeinLese 57: Editorial

Hans Wüst

1980 begannen Astrid und Karl Schefer, in ihrem kleinen Haus im Appenzellerland Weinpakete zu schnüren und verschickten diese an ein paar Dutzend Kunden, die sich damals für Biowein interessierten. Es war der Anfang des Schweizer Familienunternehmens Delinat. In den vergangenen 40 Jahren ist es ständig gewachsen und gleichwohl ein typisches, erfolgreiches Familienunternehmen geblieben.

Karl Schefer ist kein Freund von Jubiläen. «Wer keine Ideen hat, feiert Jubiläen», pflegt er zu sagen. Auch Zurückblicken ist nicht sein Ding. Viel lieber schaut er vorwärts, entwickelt neue Visionen und versucht, diese mit adäquaten Projekten umzusetzen. Dabei legt er noch immer gerne selber Hand an – im Grossen wie im Kleinen.

Mit dem Schwerpunktthema in diesem Heft soll also kein Jubiläum gefeiert werden. Vielmehr geht es darum, einen Einblick zu geben in eine unglaubliche Metamorphose, die im Weinbau möglich ist, wenn eine verschworene Gemeinschaft gemeinsame Sache macht. Noch ist der biologische Weinbau weltweit längst nicht dort, wo er sein sollte. Mit Überzeugung, Ausdauer und Kreativität kann es aber gelingen, immer mehr qualitativ hochwertige Weine aus Rebbergen mit reicher Biodiversität zu erzeugen. Zum Wohle aller Weinliebhaber und der Natur.

Ich wünsche Ihnen erhellende Lektüre bei einem feinen Glas Delinat-Wein.

WeinLese 57: Kurz & bündig

Winzer des Jahres im Languedoc

Delinat-Winzer Louis Fabre von Château Coulon

«Le Guide Hachette des Vins», der älteste und meistverkaufte Weinführer Frankreichs, hat Delinat-Winzer Louis Fabre von Château Coulon zum Winzer des Jahres 2020 im Languedoc gekürt. Louis Fabre repräsentiert eine der ältesten Winzerfamilien im Languedoc – ihre Geschichte geht bis auf das Jahr 1605 zurück. Mit der Auszeichnung zum Winzer des Jahres werden vor allem das über 30-jährige Engagement für den biologischen Weinbau sowie die Verdienste als Botschafter der Weine aus dem Languedoc gewürdigt. «Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung. Es ermuntert uns, auf dem eingeschlagenen Weg weiterzugehen», erklärt Louis Fabre.

Aufstieg in die Weltklasse

 Oliver und Carolin Spanier-Gillot

Die beiden biodynamischen Weingüter Battenfeld-Spanier und Kühling-Gillot in Rheinhessen, die vom Ehepaar Oliver und Carolin Spanier-Gillot geführt werden, gehören schon länger zur deutschen Weinelite. Im November 2019 wurden sie und ihre Riesling-Weine vom Weinguide «Gault&Millau» mit neuen Lorbeeren überschüttet. Battenfeld-Spanier erhielt die höchste Auszeichnung von 5 Trauben und steigt damit zum Weltklasse-Weingut auf. Kühling-Gillot wurde mit 4 Trauben ausgezeichnet (deutsches Spitzenweingut). Delinat arbeitet seit rund fünf Jahren mit Oliver Spanier und Carolin Spanier-Gillot zusammen.

Rückhaltebecken überflutet

Unermüdlich hat Winzer Carlos Laso auf seinem Weingut Pago Casa Gran im Hinterland von Valencia in den vergangenen Jahren im Sinne der Permakultur viele Retentionsflächen für Regenwasser geschaffen. Im vergangenen September wurden nach überaus heftigen Gewittern alle Rückhalteflächen überflutet, mit Sedimenten gefüllt und teilweise beschädigt. Dank den Permakulturmassnahmen konnten noch grössere Schäden durch Überschwemmungen und Erosion verhindert werden. Das Wetterphänomen «La Gota Fría» ist an der spanischen Ostküste bekannt; so hart wie im vergangenen Herbst traf es die Region aber seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Carlos Laso will nun noch mehr und noch grössere Retentionsflächen realisieren, um für solche Ereignisse besser gerüstet zu sein und auch in langen Trockenperioden über genügend Wasserreserven für seine Reben zu verfügen.

Tragisches Insektensterben

Krefelder Insektenstudie

Seit der weltweit beachteten «Krefelder Insektenstudie» ist bekannt, dass der Bestand an Fluginsekten selbst in Naturschutzgebieten in den letzten 30 Jahren um über 70 Prozent zurückgegangen ist. Neuste Ergebnisse einer Studie der Technischen Universität München mit einem internationalen Forscherteam zeigen ein noch schlimmeres Bild: Alleine in den letzten neun Jahren ging in den jährlich erprobten Gründlandstandorten die Biomasse um 67 Prozent, die Individuenzahl um 78 Prozent und die Artenzahl um 34 Prozent zurück. Betroffen sind auch die Insekten im Wald. Hier ging die Insektenmasse zwischen 2008 und 2017 um 41 Prozent zurück, und die Artenvielfalt sank um 36 Prozent. Laut Studie steht das Insektensterben in direktem Zusammenhang mit der heute praktizierten Landund Forstwirtschaft. Die an der Studie beteiligten Wissenschaftler fordern einen Paradigmenwechsel in der Naturschutzund Landnutzungspolitik auf nationaler und internationaler Ebene. Es besteht der Verdacht, dass das Insektensterben verheerende Folgen für die Bodenfruchtbarkeit und die Befruchtung von Obst-, Gemüse- und Feldkulturen hat. Diesbezüglich liegen aber noch zu wenig konkrete Forschungsergebnisse vor.

Naturkork im Aufwind

Korkindustrie Trier, ein deutscher Veredelungsbetrieb für Naturweinkorken und Sektkorken im hochwertigen Bereich, feiert 2020 das 10-jährige Jubiläum des OrganiQork. Dieser Naturkorken kommt ganz ohne Bleichung und synthetische Behandlungsmittel wie Silikon und Paraffin aus. Der ungebleichte Korken wird nur mit Bienenwachs und pflanzlichen Ölen beschichtet. Mittlerweile umfasst diese ökologische Korklinie ein Drittel der Produktion von Korkindustrie Trier. Delinat verwendet diese Korken seit rund fünf Jahren.

Metamorphose im Weinbau

Vor 40 Jahren begann Karl Schefer mit dem Verkauf von Wein aus biologischem Anbau. Bioweine waren damals sauer, kaum geniessbar und stammten aus Rebbergen mit öder Monokultur. Heute gleichen die Delinat-Weinberge wahren Naturparadiesen, und die Weine überzeugen mit grossartiger Qualität. Doch das reicht dem Delinat-Chef nicht. Ein Gespräch über den langen Weg zum Weinbau der Zukunft.

Metamorphose im Weinbau: Weg von der öden Monokultur zu einem biodiversen Weinberg

Karl Schefer, 1980 war biologischer Weinbau in Europa kein Thema, heute ist er Trend. Wie viel hat Delinat zu dieser Entwicklung beigetragen?
Karl Schefer: Delinat hat als erstes und wohl als einziges Unternehmen Genuss und Lebensfreude mit kompromissloser Qualität gepaart. «Mit gutem Gewissen geniessen» war ein Spruch, mit dem wir damals auf den Unterschied aufmerksam gemacht haben. Zum guten Gewissen trug zweierlei bei: sich selbst mit gesundem Wein zu verwöhnen, der frei von Schadstoffen ist. Und zweitens mit jedem Schluck etwas für die Natur zu tun. Delinat war in den 80er-Jahren das einzige Unternehmen, das konsequent auf Bio gesetzt hat, ohne dabei den damals üblichen Mahnfinger zu heben. Der Erfolg liess nicht lange auf sich warten, und damit waren wir das ideale Vorbild für grosse Weinfirmen. Es gibt heute so gut wie keine Weinanbieter mehr, die nicht auch Bioweine haben. Insofern haben wir den Markt geöffnet und entwickelt. Wahrscheinlich wäre die Entwicklung ohne Delinat langsamer gewesen, und es gäbe heute wohl nur einen kleinen Teil des aktuellen Bioangebots.

Was unterscheidet Delinat-Weine von anderen Bioweinen?
Wenn ein Winzer in der Hoffnung auf bessere Preise ein Biozertifikat anstrebt, dann kann er beinahe so weitermachen wie bisher. Er muss lediglich die chemisch-synthetischen Pestizide durch «biokonforme» ersetzen. Seine Denkweise ändert er nicht: Er betreibt Monokultur und damit einen Dauerkampf gegen Schädlinge und Krankheiten. Delinat-Winzer tun alles, um diese Monokultur zu durchbrechen und natürliche Kreisläufe zu fördern. Je grösser die Vielfalt, desto geringer die Probleme. Die Reben leben in Nachbarschaft mit Kräutern, Hecken, Bäumen und damit in einer gewissen Konkurrenz, gegen die sie sich zu wehren lernen. Sie werden robuster und gesünder, mit kräftigen, aromatischen Trauben, aus denen guter Wein entsteht. Das alles schreiben die Delinat-Richtlinien vor, setzen die Rahmenbedingungen, bieten Lösungen an. Kurz: Bio geht auch in Monokultur, Delinat nicht.

Eine geniale Idee war das Weinabo DegustierService. Wie bist du darauf gekommen?
Das war 1987, knapp sieben Jahre nach dem Start. Zugegeben: Unsere damaligen Weine waren heterogen, manchmal echt Spitze, oft aber auch reine Geschmackssache. Auch waren die Unterschiede von einem Jahrgang zum nächsten deutlich grösser als bei konventionellen Weinen. Aus zwei Gründen: Erstens greifen naturverbundene Winzer grundsätzlich nur sanft in die Weinbereitung ein. Und zweitens waren die Techniken der natürlichen Weinproduktion damals noch wenig entwickelt. Alle Delinat-Winzer waren Pioniere, mussten alles neu erfinden – es gab keine Rezepte. Weil wir unsere Kundinnen und Kunden nicht enttäuschen wollten, haben wir stets empfohlen, einen neuen Jahrgang vor dem Kauf zu probieren, auch wenn der letzte gefallen hat. So kam die Idee wie von selbst: Die Degustation im Abo – der DegustierService – war geboren.

Karl Schefer im Weinberg eines Delinat-Winzers
Delinat-Gründer Karl Schefer: «Am Anfang fehlte es uns an Wissen, Geld, Infrastruktur und Mitstreitern. Genau genommen hatten wir nur eines: die sichere Überzeugung, dass unsere Idee richtig ist.»

Bereits 1983 hat Delinat eigene, strenge Biorichtlinien eingeführt und damit der Agrochemie, den konventionellen Winzern und dem Weinhandel den Kampf angesagt. Wie hast du die damalige Zeit in Erinnerung?
Das war gleichermassen eine sehr harte wie auch eine äusserst spannende und anregende Zeit, die ich nicht missen möchte. Es fehlte uns an Wissen, Geld, Infrastruktur und vor allem an Mitstreitern. Weinhandel und Behörden hatten sich geschlossen gegen uns gestellt. Genau genommen hatten wir nur eines: die sichere Überzeugung, dass unsere Idee richtig ist. Dass natürlich gewachsener Wein besser sein muss. Beseelt von dieser Idee, haben wir die notwendige Kraft geschöpft, die es brauchte, um einige Dutzend Abstürze zu überwinden. Kraft gaben uns die damaligen Winzer-Pioniere, die wie wir vom Grundgedanken überzeugt waren. Schon 1982 trafen sich sieben charismatische Persönlichkeiten im appenzellischen Speicher, wo wir in drei Tagen die ersten Delinat-Richtlinien formuliert haben, die 1983 in Kraft traten. Das war die Geburtsstunde des Bioweins, weil diese Richtlinien, anders als alle anderen, auch die Weinbereitung und nicht nur die Traubenproduktion definiert hatten. Darauf waren wir sehr stolz.

Wie war es möglich, über hundert Biowinzer in ganz Europa von solch strengen Richtlinien zu überzeugen?
Es gab in den 80er-Jahren eine stete Entwicklung in «unsere Richtung». Die innovativsten Winzer haben natürlich auch rasch von Delinat gehört und sich erkundigt, was es braucht, um in unser «Netzwerk » aufgenommen zu werden. Noch heute vergeht kaum eine Woche, in der wir nicht von neuen Winzern kontaktiert werden. Doch die wenigsten eignen sich als Partner. Viele hoffen einfach auf höhere Preise und Verkaufsmengen. Die besten aber schauen wir genau an, und wenn es klappt, sind wir die besten Partner, die sich Winzer wünschen können. Sie bekommen Weiterbildung, fundierte Beratung auf allen Ebenen und einen sehr langfristigen, sicheren Absatz. Überzeugen mussten wir noch nie – wenn der eigene Antrieb fehlt, dann klappt es nicht.

Die Richtlinien wurden über die Jahre zu einem Stufenmodell mit 1 bis 3 Schnecken entwickelt. Weshalb dieses «Schneckensystem»?
Unsere Richtlinien entwickeln sich ständig weiter. Das kann manchmal ganz schön schwierig werden, vor allem für grössere Betriebe. Wenn zum Beispiel die tolerierte jährliche Kupfermenge reduziert wird, dann gibt es nur wenige technische Möglichkeiten, dies innerhalb kurzer Zeit umzusetzen. Etwa effizientere Spritzmaschinen oder neue Rebsorten, die gegen Mehltau resistent sind. Bis die neuen Sorten Ertrag haben, dauert es aber mindestens fünf Jahre. Manche unserer langjährigen Partner setzen immer gleich alles sofort um, auch wenn es momentan schmerzt. Andere brauchen mehr Zeit. Mit dem Stufensystem kann das hervorragend abgebildet werden. Unser Berater holt jeden Winzer dort ab, wo er ist, und motiviert ihn zum nächsten Schritt, begleitet ihn in schwierigen Phasen und hilft auch mal mit externen Fachleuten. Wer heute 1 Delinat-Schnecke hat, soll 2 erreichen können, wer 2 hat, soll 3 anstreben. Die Motivation zum Aufstieg ist sehr gross.

Längst gilt das Delinat-Label als Massstab für einen biologischen Weinbau, der diesen Namen verdient. Unabhängige Stellen wie WWF Schweiz oder Konsumentenschutz bestätigen das immer wieder. In welche Richtung entwickeln sich die Richtlinien weiter?
Es gibt zwei Hauptthemen: robuste neue Rebsorten (PIWI), die resistent gegen Krankheiten sind, und Permakultur, um den zunehmenden Wetterxtremen trotzen zu können. Ausserdem sollen Delinat-Winzer klimaneutral werden, so viel Energie selbst erzeugen, wie der Betrieb braucht. Darüber hinaus gilt es, auch die Transporte vom Weingut zum Endkunden energie- und klimaneutral zu gestalten, Rohstoffe in Kreisläufen zu halten. Wir entwickeln uns weiter vom nachhaltigen zum regenerativen Weinbau, bei dem es nicht darum geht, keinen Schaden anzurichten, sondern Schäden aus früheren Sünden wieder heilen zu lassen.

Karl Schefer mit Sohn Nicolas, Hündin Muscat, Tochter Arina und Ehefrau Astrid.
Karl Schefer mit Sohn Nicolas, Hündin Muscat, Tochter Arina und Ehefrau Astrid.

Was bedeutet der Klimawandel für den Weinbau?
Den Klimawandel spüren die Weinreben in allen Zonen, schon seit Jahrzehnten. Im Durchschnitt findet die Ernte heute 14 Tage früher statt als 1980, im Geburtsjahr von Delinat. Es wird immer schwieriger, leichte Weine zu keltern, weil die Trauben schon vor der Reife viel Zucker angereichert haben. Auch Frostschäden nehmen zu, weil der Frühling früher kommt und wärmer ist, sodass die Reben in der frostgefährlichen Zeit von Ende April bis Mitte Mai bereits in voller Blüte stehen. Noch dramatischer aber wirken sich die Wetterextreme aus: Starkregen werden häufiger und intensiver und wechseln sich mit langen Trockenperioden ab.

Sind Delinat-Winzer gegen Klimawandel besser gerüstet, als andere?
Ja, deutlich. Schon bevor wir mit Permakultur zu experimentieren begannen, waren Delinat-Weingüter im Vorteil. Zum einen erleichtert die Biodiversität mit der starken Durchwurzelung des Bodens das Einsickern, was besonders bei Starkregen von grosser Hilfe ist. Es gibt weniger Erosion, und das Grundwasser wird «nachgefüllt». Zum andern sind Reben, die bei Delinat-Weinbergen in Konkurrenz zu Kräutern, Gräsern und Hecken stehen und die nicht dauernd mit Pestiziden vor Feinden und Krankheiten geschützt werden, deutlich widerstandsfähiger als konventionelle Reben, die wie Kranke am Tropf hangen. Mit unseren zwei Stossrichtungen, die wir seit einigen Jahren prioritär verfolgen, werden unsere Winzer sich noch besser auf den Klimawandel einstellen: Dank Permakultur werden sie die langen Trockenzeiten und die Starkregen besser überstehen, und dank resistenter neuer Rebsorten wird die Widerstandskraft der Pflanzen noch einmal deutlich zunehmen.

Kupfer und Schwefel zur Bekämpfung von Krankheiten sind ein Problem im biologischen Weinbau. Gibt es eine Lösung?
Auch hier helfen die neuen resistenten Rebsorten. Sie müssen nicht mehr mit Kupfer oder Schwefel gespritzt werden. Zum Glück sind in den letzten zwei Jahrzehnten in der Züchtung grosse Fortschritte erzielt worden, nicht nur, was die Resistenz, sondern vor allem auch, was die Qualität betrifft. Unser Ziel war schon immer, langfristig auf Kupfer verzichten zu können. In den letzten 25 Jahren konnte die durchschnittliche Menge halbiert werden, und das wird so weiter gehen, bis das Mittel nicht mehr gebraucht wird.

Schmetterlinge fühlen sich in den Delinat-Weinbergen sichtlich wohl.
Ein Anfang ist gemacht, doch noch längst nicht überall tummeln sich Schmetterlinge im Weinberg.

Welche Anstrengungen unternimmt Delinat bezüglich leichterer Weinflaschen, Mehrfachnutzung der Flaschen und Weintransport?
In der Ökobilanz des Weinkonsums trägt die Produktion des Weins natürlich den grössten Anteil von über 50 Prozent. In diesem Bereich schneiden Delinat-Weine deutlich besser ab als konventionelle. Schon an zweiter Stelle aber folgt die Weinflasche. Das Herstellen und auch das Einschmelzen von Glas verbrauchen grosse Energiemengen. Wir achten daher darauf, möglichst leichte Weinflaschen zu verwenden, sind aber mit dem Resultat noch nicht zufrieden. Oft streiten sich die Designer mit den Ökologen – gestylte, schwere Flaschen sehen halt wertiger aus und vermitteln Vertrauen. So gibt es auch in unserem Sortiment einige schwere Flaschen, die mehr Ressourcen verbraucht haben als andere. 2020 wollen wir das Durchschnittsgewicht um weitere 10 Prozent reduzieren, und langfristig hoffen wir, wie früher wieder Mehrweg-Glasflaschen einführen zu können. Bei den Weinkartons haben wir in diesem Jahr bereits ein Mehrweg-System einführen können. In der Schweiz funktioniert das schon sehr gut, in Deutschland müssen wir besser werden.

Deine Vision für den Weinbau der Zukunft?
Resistente Rebsorten wachsen ohne Dünger und ohne Pestizide in reicher Biodiversität. Weinberge gleichen Naturparks, sind Refugium für seltene Arten. Es blüht in schönsten Farben, Schmetterlinge tanzen, Vögel singen. Wo einst Warnschilder mit Totenkopf vor Pestiziden warnten, laden Schautafeln zum Verweilen ein, markierte Wanderwege führen durch den «botanischen Weingarten», der nicht nur die besten Weine erzeugt, sondern Erholungsort für Menschen und Zufluchtsstätte für Insekten, Reptilien, Vögel, Igel und alle ist, die woanders keinen Lebensraum mehr finden. Und der Winzer darf sich zum ersten Mal seit einem Jahrhundert wieder als Pfleger betätigen, als Gestalter, als Erzeuger für eigenständigen Wein. Statt stupide auf dem Traktor zu sitzen und den Boden totzufahren, statt die Umwelt und sich selbst zu vergiften. Der Weinberg kann zum Paradies werden.

Ich danke dir von Herzen Astrid
Es wäre ohne die unermüdliche Hilfe meiner Frau unmöglich gewesen, mein 70-Stunden-Pensum langfristig aufrecht zu halten. Sie hat mich nicht nur in jeder Beziehung unterstützt, Haushalt und Familie gemanagt, sondern sie war auch seit Beginn meine wichtigste Gesprächspartnerin und kritische Stimme bei heiklen Themen. Sie hat mir Rückhalt und Sicherheit gegeben, meine Kräfte mobilisiert und mich in Tiefpunkten begleitet. Delinat gäbe es ohne sie nicht in der heutigen Form.
Karl Schefer

Wie der Vater, so die Tochter: Arina Schefer ist seit zwei Jahren ebenfalls bei Delinat tätig. Als ausgebildete Önologin macht sie derzeit Bekanntschaft mit den vielen Facetten des Familienunternehmens.

Arina, was hat dir am Önologie-Studium besonders gefallen und wie hilft es dir in deiner Arbeit?
Arina Schefer: Die Vielseitigkeit des Önologie-Studiums, von der Pflanzung der Rebe über das Wachstum, die Ernte und die Vinifizierung der Trauben bis hin zur Vermarktung des Weins, hat mich immer wieder mit Begeisterung erfüllt. Auch bot das Studium neben dem Weinwissen einen Blick über den Tellerrand. Durch die Arbeit auf verschiedenen Weinhöfen, unter anderem in der Provence, in Katalonien und im Piemont, konnte ich Theorie mit Praxis verknüpfen. Zur Verständigung mit Delinat-Winzern sind meine dort erlangten Sprachkenntnisse von hohem Nutzen.

Arina Schefer in den Weinbergen von Daniel Coulon in Châteauneuf-du-Pape.
Arina Schefer in den Weinbergen von Daniel Coulon in Châteauneuf-du-Pape.

Derzeit schnupperst du in allen Bereichen und verschaffst dir so einen praxisbezogenen Einblick in die Firma. Wie sind deine bisherigen Eindrücke?
Es ist unglaublich spannend, alle Bereiche kennenzulernen. Mit jeder neuen Aufgabe und durch die Unterstützung unserer erfahrenen Mitarbeiter lerne ich viel Neues und verstehe die komplexen Zusammenhänge unserer Firma immer besser. Vernetztes Denken ist gefragt – das ist spannend und mobilisiert meine natürliche Neugier.

Was gefällt dir besonders gut?
Der Kontakt zu unseren Produzenten, zu den Produkten und deren Entwicklung ist unglaublich anregend. Hier kann ich das im Studium erlangte Wissen einsetzen und meine Kompetenzen einbringen. Zu meinen Hauptaufgaben gehört auch die Betreuung von Château Duvivier. Dieser romantische Ort war für mich bereits in meiner Kindheit wie ein zweites Zuhause. Heute bereitet es mir grosse Freude, den Aufenthalt für Gäste besonders erholsam zu gestalten und die Entwicklung des Weinbaus vorwärts zu treiben.

Was interessiert dich mehr: Wein oder Natur?
Beides, im Einklang. Während meines Studiums habe ich eine Leidenschaft für die Wissenschaft des Weins entwickelt. Und doch musste ich mit Schrecken feststellen, wie weit sich der konventionelle Weinbau von den natürlichen Herstellungsverfahren entfernt hat. Man spricht zwar oft von Tradition, aber die Tradition des konventionellen Weinbaus reicht nicht weiter als 100 Jahre zurück. Traditioneller Weinbau wäre ökologisch, ohne Pestizide oder sonstige chemische Spritzmittel, denn diese wurden erst während der Chemiewende erschaffen.

«Es ist unglaublich spannend,
alle Bereiche kennenzulernen.»

Arina Schefer

Als Delinat 1980 entstand, warst du noch gar nicht auf der Welt. Wie hast du die Entwicklung eures Familienunternehmens erlebt?
Delinat war stets ein Teil unserer Familie, unserer Identität. Ich war schon immer stolz darauf, sagen zu können, dass meine Eltern das auf die Beine gestellt haben. Selbstverständlich gab es neben den Erfolgen auch Tiefschläge, die der Familie zu schaffen gemacht haben. Solche Zeiten habe ich dennoch positiv in Erinnerung, denn wir haben es immer geschafft, das Beste daraus zu machen und optimistisch zu bleiben.

Für eine erfolgreiche Zukunft wird es wichtig sein, neue und vor allem auch junge Leute für Delinat-Wein zu begeistern. Wie schafft man das?
Es ist sicher wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass es besonders bei Genussmitteln wie Wein wichtig ist, wie diese erzeugt werden. Der nachhaltige und ökologische Anbau spiegelt sich in der Qualität wieder. Begeisterung für Delinat-Wein entwickelt sich beim ersten Schluck. Wir haben schon immer mit unserer Produktqualität überzeugen können, und ich denke, das wird auch der Weg in die Zukunft sein.

WeinLese-Angebot

Jubiläumswein Nr. 1: famille fabre «Quarante»

Vier langjährige Winzer überraschen zum 40. Geburtstag von Delinat mit einer Spezialabfüllung. Die Weine, die den Namen «Vierzig» in der jeweiligen Landessprache tragen, werden im Verlaufe des Jahres in der WeinLese vorgestellt. Der Jubiläumswein Nr. 1 kommt aus Südfrankreich: famille fabre «Quarante».

Auf der Suche nach hochwertigen Bioweinen aus dem Languedoc stiess Delinat vor über 20 Jahren auf Winzer Louis Fabre und sein Weingut Château Coulon in den Corbières. Die Weine sind sofort auf grosses Interesse gestossen und gehören bis heute zu den beliebtesten im Delinat-Sortiment. Die langjährige Partnerschaft hat Louis Fabre nicht nur darin bestärkt, mit dem damals verpönten und belächelten biologischen Weinbau den richtigen Weg eingeschlagen zu haben, sie hat über die Jahre auch dazu geführt, dass seine Weinberge mittels unzähliger, selbst angelegter Hecken, Bäume, Ausgleichflächen und Sträucher so vernetzt wurden, dass überall eine grosse biologische Vielfalt herrscht. «Nur so kann es uns gelingen, unverfälschte Terroirweine zu erzeugen», ist Louis Fabre überzeugt.

Seine Spezialabfüllung famille fabre «Quarante» ist eine überaus charmante Cuvée aus den typisch südfranzösischen Traubensorten Syrah, Carignan, Mourvèdre und Grenache. Louis Fabre hat dafür nur die besten Trauben von terrassierten, optimal besonnten Lagen berücksichtigt. Die separat vinifizierten Jungweine reiften 18 Monate in französischen Barriques oder in Betontanks, ehe daraus eine fein austarierte Cuvée komponiert wurde. Der Wein verführt mit einem Bukett nach Pflaumen und Beerenkompott, würzigen Garrigue-Noten, kräftiger, aromatischer Fülle am Gaumen und schön eingebundenen, reifen Tanninen. Er harmoniert bestens mit Pilzgerichten, in Olivenöl geschmortem mediterranem Gemüse, Lammhaxe sowie Halbhart- und Hartkäse.

famille fabre «Quarante» Corbières AOP 2017

famille fabre «Quarante»
Corbières AOP 2017

Zum Jubiläumspreis von
CHF 15.30 (statt CHF 17.–)
€ 12,15 (statt € 13,50)
(Ø CHF 2.04 pro dl, € 16,20 pro l)

Sonderangebot gültig bis 30. April 2020 oder solange Vorrat reicht.

->Zum Wein

Andere Wege gehen

40 Jahre Delinat: Marketingleiter Michel Fink über neue Konzepte und Schwerpunkte bei Delinat.

Am 6. Dezember 2019 hat Delinat in Hamburg den ersten Weinshop in Deutschland eröffnet – ein weiterer Meilenstein in unserer Geschichte. Während etablierte Detailhändler aufgrund des zunehmenden Drucks des Onlinehandels Filiale um Filiale schliessen, setzen wir als Versandhändler verstärkt auf stationäre Konzepte. Ungewöhnlich. Aber doch so typisch für Delinat.

Michel Fink, Marketing-Leiter
Michel Fink, Leiter Marketing

Früher war das Leben als «Marketer» einfacher. Mit «früher» meine ich nicht nur die Zeit bis in die späten 90er-Jahre, in der man mit einen ganzseitigen Inserat und dem Wort «Biowein» Hunderte von Bestellungen auslösen konnte. Ich denke dabei gerade auch an die jüngere Vergangenheit, in der man seine Botschaften im Internet noch ohne grossen Lärm verbreiten und trotzdem eine breite Konsumentenschicht erreichen konnte. Wir Marketingmenschen haben eine besondere Gabe dafür, Kommunikationsplattformen so lange auszupressen, bis sie ohne massive Preisnachlässe oder utopische Werbeversprechen in knallig-blinkenden Bannern nicht mehr funktionieren.

Es ist leider eine neue Marktrealität: Ohne gewisse Plattformen lassen sich Konsumenten heute kaum mehr erreichen. Aber es gibt auch nachhaltigere Wege, seine Botschaften zu verankern.

Geschichten und Gesichter

Delinat ist seit Beginn von Pionier-Geschichten geprägt. Karl Schefer hat erste Biorichtlinien eingeführt, als Europa noch nicht einmal wusste, was «Bio» denn bedeutet. Mitte der 80er-Jahre wurde mit einem Weinabo ein Vermarktungsmodell für ein Konsumgut geschaffen, das man bis dahin nur bei der Presse kannte. In den 90er-Jahren hat Delinat mit Weinbauforschung begonnen, um das möglich zu machen, was bis dahin im Weinbau als unmöglich galt. Letztes Jahr haben wir als erster Versandhändler in Europa ein Rückgabesystem für Weinkartons eingeführt. Und bald werden wir uns auch des Themas Glasflaschen annehmen, einer der wesentlichen Faktoren der Ökobilanz. Diese Liste könnte beliebig fortgeführt werden. Und sie kann ergänzt werden mit all den grossen und kleinen Geschichten von fleissigen Delinat-Winzern, deren mutigen Ideen und Innovationen sowie ihren paradiesischen Weinbergen.

Das ist es letztlich, was Delinat von jedem anderen Weinhändler unterscheidet. Nicht das Produkt, das – sind wir ehrlich – nun mal einfach vergorener Traubensaft ist. (Das schreibt übrigens jemand, der Wein für die genussvollste Erfindung auf Erden hält.) Es ist auch nicht nur der Top-Kundenservice oder das faire Preis/Genuss-Verhältnis, das den Unterschied macht. Es sind die Emotionen und Geschichten, die der Weinfreund damit verbindet.

Offline entdecken – online zum Stammkunden werden

In diesem Wissen hat Delinat vor allem auch in jene Bereiche investiert, in denen wir Geschichten besonders gut an den Weinfreund bringen können. In Erlebnisse zum Beispiel. Wir bieten heute 150 Weinkurse in 30 Städten an und können dadurch jedes Jahr über 2000 Kunden nachhaltig begeistern. Noch besser funktioniert das «Storytelling» natürlich im Weinberg selbst: Auf aktuell zehn Weinreisen erzählen die Winzer vor Ort von ihrer Arbeit, ihren Herausforderungen und von der Schönheit der Natur. Und sie zeigen den Besucherinnen und Besuchern, wie dank der Delinat-Methode endlich wieder Schmetterlinge in den Weinbergen fliegen. Das kann kein Inserat und kein Online-Banner.

Delinat-Weinshop Hamburg im Stadtzentrum von Hamburg
Hier werden seit Dezember 2019 Weine aus reicher Natur ausgeschenkt, lehrreiche Kurse angeboten und spannende Geschichten erzählt: der neu eröffnet Delinat-Weinshop mit Bistro im Stadtzentrum von Hamburg.

Besonders gut können Geschichten im persönlichen Kontakt und bei einem guten Glas Wein erzählt werden. In der Schweiz experimentieren wir bereits seit einigen Jahren mit verschiedenen Ladenformaten. Gerade weil wir in erster Linie ein Versandhändler sind, sind diese bisher sieben Standorte auch eine wichtige Ergänzung in der Kundengewinnung geworden. Viele Weinfreunde haben Delinat quasi im «Vorbeigehen» entdeckt und sich dann vom Delinat-Fieber anstecken lassen. Wir sind überzeugt, dass uns das – verbunden mit Weinkursen und Events – nun auch in Deutschland gut gelingen kann. Der Weinshop in den Städthöfen Hamburg ist ein erster Versuch. Ganz im Delinat-Stil werden wir auch dort die Gelegenheit nutzen, verschiedene Gastronomie-, Kurs- und Angebotsformen zu testen. Was unsere Gäste begeistert, werden wir 2020 an unserem zweiten Standort in München multiplizieren. Weitere werden folgen.

Weinfreunde in ganz Europa begeistern

Mit der Einführung der neuen Versandlogistik haben wir letztes Jahr auch die Basis für den nächsten Meilenstein gelegt: die Expansion in weitere EU-Länder. Die weltpolitische Lage, die aktuelle Konsumentenstimmung und die steigende Nachfrage nach ökologisch hergestellten Produkten bestärken uns mehr denn je, unsere Tropfen allen bewussten Konsumentinnen und Konsumenten in Europa zugänglich zu machen. Und damit zu beweisen, dass Ökologie und Ökonomie sehr wohl im Einklang funktionieren können.

Ich werde von Kunden oftmals gefragt, ob es denn wirklich nötig ist und es zu Delinat passt, immer weiter wachsen zu wollen. Meine Antwort ist dabei stets dieselbe: Der Weinverkauf ist und war nie das eigentliche Unternehmensziel von Delinat. Es ging immer darum, in Europa wieder blühende Naturparadiese zu schaffen. Und für uns Weinfreaks ist es ein Glücksfall, hat sich die Familie Schefer damals entschieden, dieses Ziel mit dem Verkauf von Wein zu erreichen. Hat man dies erst mal verstanden, beantwortet sich die Frage nach der Notwendigkeit des Wachstums von selbst.

Die Sicht von aussen …

40 Jahre Delinat: Wie man bei der unabhängigen Kontroll- und Zertifizierungsfirma bio.inspecta, beim Fachmagazin Vinum und beim WWF Schweiz den Bioweinpionier Delinat beurteilt.

Ueli Steiner, Geschäftsführer bio.inspecta AG

Ueli Steiner,  Geschäftsführer bio.inspecta AG
Ueli Steiner, Geschäftsführer bio.inspecta AG

Karl Schefer und sein Team haben es geschafft, in der ökologischen Weinproduktion neue Massstäbe zu setzen. Die verlangte Begrünung der Weinberge, die strengen Auflagen in Bewässerung der Reben und auch in der Vinifikation sind nur einige Beispiele, bei denen die Delinat-Richtlinien weit über die generellen Anforderungen an den Biolandbau sowie andere Bio-Richtlinien (EU, Bio Suisse, Demeter) hinaus gehen. Delinat ist aus meiner Sicht damit eines der innovativsten Unternehmen überhaupt. Seit 1998 überprüft bio.inspecta als unabhängige Kontrollinstanz die Einhaltung der Delinat-Richtlinien bei den Winzern vor Ort. Diese jährliche Kontrolle und Zertifizierung erfolgt mehrstufig (Weingut und Weine) durch zwei unabhängig voneinander arbeitende Kontrolleure und wird in detaillierten Inspektionsberichten festgehalten.

Thomas Vaterlaus, Chefredaktor Vinum

Thomas Vaterlaus,  Chefredaktor Vinum
Thomas Vaterlaus, Chefredaktor Vinum

Im Juni 1998 ging die Zeitschrift «Vinum» neue Wege. Mit grün eingefärbtem Titel-Logo und einem 32-seitigen Special widmete man sich dem Bioweinbau, zu jener Zeit noch eine visionäre Leistung. Basis dieses «Extras» war ein Meeting von über 20 Winzern auf Château Duvivier, dem Biowein-Schlossgut von Delinat in der Provence. Von all den vielen Events, an die ich mich erinnern kann, war dieses Delinat-Meeting womöglich das befruchtendste und beflügelndste überhaupt: Der kontrolliert biologische Anbau stand damals unmittelbar vor dem Durchbruch, und wir waren Teil dieser pulsierenden Bewegung. Mit dabei war auch ein Radioreporter, der täglich in SRF 1 über diesen Bioweingipfel berichtete. «Vinum» und Radio SRF produzierten zudem ein Booklet, in dem die besten Bioweine im damaligen Markt vorgestellt wurden. Mit dieser gebündelten Power haben wir der Biowein-Bewegung spürbaren Schub gegeben. Auch spätere Delinat-Projekte, an denen ich beteiligt war, habe ich als innovativ und wegweisend in Erinnerung. Etwa das Projekt «Terre del Meridione», in dem das südliche Italien als ganzheitlicher Weinkulturraum vorgestellt wurde. Oder die Entwicklung und Lancierung des Weins «Canta Rasim», für den der Terroirgedanke auf die okzitanische Sprache, die Musik (inklusive Produktion einer CD mit Chansons und Folk), die Geschichte und natürlich die Küche erweitert wurde. Die grösste Leistung von Delinat ist, dass man sich nicht nur als Weinhändler definiert, sondern als Akteur und Mitgestalter einer Szene. Nirgends wird dies so deutlich wie bei den tiefgreifenden Delinat-Richtlinien für den biologischen Anbau. Vor allem die Entwicklung der sogenannten Hotspots (konzentrierte Biotope inmitten der Rebmonokultur) verfolge ich mit grossem Interesse. Es ist faszinierend zu sehen, wie die beteiligten Winzer diese Hotspot-Idee aufgreifen und auf ihre ureigene Weise interpretieren. So habe ich in Rueda mobile Hotspots auf Rädern gesehen. Und im Thurgau fahre ich manchmal am Weingut von Karin und Roland Lenz vorbei. Gleich neben dem Eingang steht eine eigenartige, mehrere Meter hohe Skulptur aus Steinen, Ästen, Gras und vielem mehr. Roland Lenz bezeichnet diese Hotspots als seine Insektenhotels. Vor allem nützliche Schlupfwespen steigen da gerne ab. Kein Wunder: Der «Late Check-in» ist ohne Voranmeldung jederzeit möglich …

Sofia Barth, Abteilung Politik, WWF Schweiz

Sofia Barth,  Abteilung Politik, WWF Schweiz
Sofia Barth, Abteilung Politik, WWF Schweiz

Delinat leistet ausgezeichnete Arbeit für eine nachhaltige Weinproduktion. Besonders lobenswert sind aus Sicht des WWF die umfassenden Födermassnahmen für die Naturvielfalt, insbesondere dort wo sie weitreichender sind als von BioSuisse verlangt. So ist etwa der Anteil an Biodiversitätsförderflächen höher und zu einem gewissen Anteil direkt neben oder innerhalb der Rebkulturen angesiedelt. Vorgeschrieben ist auch ein gewisser Blühanteil von Bäumen und Wildsträuchern, sowie weitere Elemente, die für Strukturvielfalt sorgen. Auch im Bereich Pflanzenschutzmittel sind die Richtlinien beachtlich. Neben dem Verbot von chemisch-synthetischen Pestiziden wird auch der Einsatz von Kupfer eingeschränkt. Wichtig wäre es, den Kupfergebrauch weiter zu reduzieren. Die Förderung resistenter, standortangepasster Rebsorten ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung und wird künftiger noch wichtiger werden. Im Bereich Klima strebt Delinat eine klimaneutrale Weinproduktion an. Die getroffenen Massnahmen, wie etwa die Förderung erneuerbarer Energien, sind wichtig und sollten unbedingt weiterverfolgt werden. Zuletzt ist noch die Produktion und Verwendung von Pflanzenkohle zu nennen, welche nicht nur im Sinne einer Kreislaufwirtschaft die Bodenfruchtbarkeit fördert, sondern auch dazu führt, dass CO2 in den Boden eingebunden wird. Alles in allem ist der Weinbau unter dem Zertifikat Delinat wegbereitend für eine nachhaltigere Landwirtschaft.