Leben ist Vielfalt, Vielfalt ist Qualität

Am Anfang war es nur ein Gedanke. Er entstand 1979 in den totgespritzten Walliser Weinbergen. Wie sollen in so einer Wüste gute Weine wachsen? Wie unterscheiden sie sich von solchen, die in blühender Biodiversität reifen?

Es folgte eine Zeit intensiver Beobachtung. Aus dem Gedanken reifte eine These, die heute als bewiesen gilt: Komplexe, aromatische Weine entstehen in reicher Vielfalt, in gesunder Natur. Wenn die Wurzeln im Wasser- und Nahrungswettbewerb stehen, wenn Blumen, Kräuter, Pilze und Reben in Symbiose leben. Wenn Würmer, Bakterien, Nematoden, Hefen den Stoffwechsel im Boden in Gang halten, den Kreislauf schliessen, die unverdaulichen Stoffe aufbrechen und den Wurzeln als Nahrung zur Verfügung stellen.

Milliarden Organismen leben in einer Handvoll gesunder Weinbergserde. Damit das möglich ist, braucht es allerdings auch oberirdisch eine reiche Vielfalt. Denn es gibt auch einen vertikalen Kreislauf: Luftstickstoff und Photosynthese erzeugen Nährstoffe, die schliesslich in die Erde gelangen. Insekten, Vögel und Kleintiere leben in und von den blühenden Kräutern zwischen den Reben, und zum Kreislauf tragen ihre Ausscheidungen bei, die den Boden düngen. Zur vertikalen Biodiversität gehören aber auch Bäume, Hecken und Büsche, ohne die sich Vögel und Kleintiere nicht nachhaltig ansiedeln.

So entstand in der Entwicklung der Delinat-Methode eine zunehmende Fokussierung auf eine reiche Vielfalt im Weinberg. Alles andere ergibt sich fast von selbst – das Ökosystem ist stabil, der Winzer hat weniger Arbeit, der Traktor fährt seltener. Dass davon nicht nur die Weinqualität profitiert, sondern vor allem auch die Natur, macht die Biodiversität doppelt interessant. Auch das gehörte am Anfang zur Delinat-These, und auch das gilt heute als bewiesen: Ökonomie und Ökologie stehen nicht im Widerspruch zueinander, im Gegenteil! Delinat-Winzer liefern sich heute einen Wettstreit um möglichst grosse biologische Vielfalt im Weinberg. Die aktivsten haben Aussicht, zum Biodiversitätswinzer des Jahres gewählt zu werden.

Jedes Weingut hat sein eigenes Konzept

Weinberge sind eine Dauerkultur. Für Jahrzehnte wachsen Reben auf der gleichen Parzelle. Eine Fruchtfolge wie bei Ackerkulturen, durch die sich der Boden regenerieren kann, ist nicht möglich. Damit die Natur im Weinberg trotzdem im Gleichgewicht ist, muss ein Ökosystem auf den Rebflächen geschaffen werden. Die Basis dafür ist eine vielfältige Begrünung, die den Boden lockert und das Bodenleben aufbaut. Damit wird Humus gebildet, und die Reben werden mit Nährstoffen versorgt. Diese Nährstoffe werden auf wunderbare Weise durch Würmer, Pilze, Bakterien und Mikroorganismen aus dem Boden und der Luft mobilisiert und den Reben zur Verfügung gestellt. Je vielfältiger die Begrünung, umso vielfältiger das Bodenleben und umso besser die Nährstoffversorgung der Reben. Die Begrünung hat zudem noch eine wichtige Funktion als Erosionsschutz. Steile Weinberge sind tendenziell stärker erosionsgefährdet als flachere Lagen.

Um das Ökosystem Reben noch vielfältiger zu gestalten, pflanzen kreative Winzer an Zeilenenden oder angrenzend an die Reben Sträucher wie Wildrosen, Rosmarin, Lavendel und vieles mehr. Wichtig sind auch grosse Bäume, sie dienen als Trittbrett für Insekten und Vögel. Ebenfalls wertvoll sind Totholzhaufen, Steinhaufen, Trockenmauern und Insektenhotels. Das sind willkommene Unterschlupfmöglichkeiten für Kleintiere und Insekten.

Für jeden Winzer stellt sich die Herausforderung, die Artenvielfalt im Weinberg zu fördern, ein bisschen anders. In südlichen Gebieten (Südfrankreich, Italien, Spanien, Portugal) wachsen in der Nähe von Reben meistens noch Oliven- und Mandelbäume. Das alleine ist schon eine schöne Bereicherung der Landschaft. Oftmals hat es in solchen Gebieten auch noch genügend Freiflächen, um zusätzliche Bäume und Sträucher zu pflanzen. Allerdings brauchen diese Pflanzen hier lange, um gross zu werden, da es oft sehr trocken ist.

Vielfalt bei deutschen Winzern

In nördlichen Gebieten ist vielfach weniger Platz vorhanden. Parzelle zwängt sich hier oft an Parzelle, ergo gibt es nur wenig Freiflächen, um zusätzliche Bäume zu pflanzen oder ökologische Brachen auszuscheiden. Dass es aber auch in intensiv genutzten Kulturlandschaften möglich ist, einen Weinberg als funktionierendes Ökosystem zu gestalten, zeigen unsere deutschen Winzer. Einer von ihnen, Timo Dienhart vom Weingut zur Römerkelter, wurde zum Biodiversitätswinzer 2018 gewählt. Er und unsere anderen deutschen Winzer legen auf den nachfolgenden Seiten dar, wie sich die Biodiversität in ihren Rebbergen präsentiert und welchen Einfluss sie auf die Weine hat.

Weingut zur Römerkelter, Mosel

Timo Dienhart …

Wir arbeiten schon sehr lange an artenreichen Weinbergen. Mein Vater begann diesen Weg bereits 1977, weil er genug hatte von den Schäden, die die Agrarchemie und die damalige Lehrmeinung anrichteten. In all den Jahren haben wir ein vorbildliches Begrünungskonzept und Artenschutzzonen (Bio-Hotspots) inmitten der Weinberge geschaffen. Unsere Begrünung beruht auf einer eigenen, vielfältigen Saatmischung mit zahlreichen Leguminosen. Der blühende Pflanzenteppich lockert mit seinem vielfältigen Wurzelwerk den Boden, reduziert Verdunstung und verhindert Erosion. Die Leguminosen versorgen die Reben zudem mit Nährstoffen und binden grosse Mengen CO2 aus der Atmosphäre. Wir stellen auch selber hochwertigsten Kompost und Pflanzenkohle her, sodass wir auf zugekaufte Dünger verzichten können.

«Unser Begrünungskonzept beruht auf einer
eigenen, vielfältigen Saatgutmischung.»
Timo Dienhart

Durch die Pflanzenvielfalt und die Bio-Hotspots, zu denen auch hohe Stangen und Nistkästen für Vögel und Fledermäuse gehören, entstehen ganzjährige Refugien für Nützlinge, die uns helfen, Krankheiten und Schädlinge im Griff zu halten. Natürlich ist das Ganze mit Mehrarbeit verbunden, und eine üppige Begrünung kann in einem trockenen Sommer auch rasch mal zur Konkurrenz für die Reben werden. In solchen Fällen gehen wir pragmatisch vor und walzen oder mulchen die Begrünung.

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Weine durch sinnvolle Artenschutzkonzepte besser werden. Immer, wenn ich mit der Hacke arbeite, fällt mir auf, wie fantastisch die Erde duftet. Die vom Boden und von Kräutern angereicherten Aromen sind später auch im Weinglas wahrnehmbar.

… und der Wein zum Tag der Biodiversität

Der von Delinat zum Biodiversitätswinzer 2018 gekürte deutsche Mosel-Winzer Timo Dienhart überrascht uns zum Internationalen Tag der biologischen Vielfalt vom 22. Mai mit einer Riesling-Spezialabfüllung. Die Trauben für den bee Biodiversitäts-Riesling stammen aus den Lagen Honigberg und Römerpfad im Urstromtal der Mosel.

Die beiden Steillagen sind ein Sinnbild für Artenvielfalt. Schon vor etlichen Jahren hat Timo Dienhart eine vielfältige Saatgutmischung entwickelt, die speziell auf die Böden seiner Rebberge abgestimmt ist. Bis zu 50 verschiedene Pflanzen, darunter viele nährstoffspendende Leguminosen, machen die Mischung aus, die für eine üppige Begrünung in den Weinbergen sorgt und zu einem natürlich funktionierenden Ökosystem beiträgt.

Erst kurz vor Ostern hat Timo Dienhart den bee Biodiversitäts-Riesling auf die Flasche gezogen. Die von Hand gelesenen Trauben vergärten durch natürliche Hefen bei kühlen 14 bis 16 Grad langsam und regelmässig. Bis Mitte Februar lagerte der Wein auf der Feinhefe. In dieser Zeit bildeten sich komplexe Aromen und elegante Fülle. Jetzt ist der Biodiversitätswein trinkbereit. Er begeistert durch komplexe Fruchtaromen, elegante Stilistik und erfrischende, gut eingebundene Säure, die mit der leichten Restsüsse bestens harmoniert.

bee Biodiversitäts Riesling
Weingut zur Römerkelter
Deutscher Qualitätswein, Mosel 2017


www.delinat.com/9151.87

Weingut Battenfeld-Spanier, Rheinhessen

Oliver Spanier

Biodiversität hat auf unserem Weingut eine hohe Bedeutung. Wir sehen den Weinberg und seine nächste Umgebung als natürliches Ökosystem, von dem die Rebe ein Teil ist. In einem natürlichen Weinberg-Ökosystem gehen Reben, Bakterien, Pilze, Hefen, Bodenlebewesen, Insekten, Vögel, Begrünung und Gehölze eine mehr oder weniger symbiotische Verbindung ein. Je artenreicher so ein System ist, desto stabiler ist auch das Verhältnis von Antagonisten und Protagonisten.

«Artenreichtum bedeutet gesunde Reben und spiegelt sich in ausdrucksstarken Weinen wider.»
Oliver Spanier

Dank unserer langjährigen ökologischen Bewirtschaftung zeichnen sich unsere Rebberge durch gesundes, vielfältiges Bodenleben, zahlreiche angrenzende Hecken und Bäume, vielfältige Begrünung mit Kräutern und Blühpflanzen sowie einen hohen Anteil an tierischen Nützlingen aus. Dieser Artenreichtum bedeutet gesunde Reben und spiegelt sich in ausdrucksstarken Weinen wider.

Leider fehlt noch vielen Winzerkollegen und Landwirten ein entsprechendes Bewusstsein. Die Förderung von Biodiversität wäre effektiver und für alle auch einfacher, wenn jeder seinen Teil beitragen würde. Die Umstellung auf ökologischen Weinbau und das gemeinsame Anlegen von Rückzugsflächen wären bereits ein guter Anfang.

Weingut Hirschhof, Rheinhessen

Tobias Zimmer

Wir kultivieren und pflegen unsere Weinberge so, dass sich das natürliche Ökosystem weitgehend entfalten kann. Das bedingt eine intakte biologische Vielfalt. Diese erreichen wir unter anderem mit artenreicher Begrünung und aktivem Artenschutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten. Besonders stolz bin ich auf die vielen Natursteinmauern in unseren Weinbergen. Dort lebt und tummelt sich eine Vielzahl an Tieren und Insekten jeglicher Art.

In den letzten Jahren haben wir altersschwache Rebstöcke gerodet und dort diverse Hotspots angelegt. Für Greifvögel wurden Sitzstangen aufgestellt. Die Vögel nutzen diese gerne, vor allem, um Mäuse zu jagen. Auch haben wir Nistkästen für diverse Vogelarten im Weinberg verteilt. In naher Zukunft sollen die Insekten, speziell Wildbienen, mehr gefördert werden.

«Wir haben Sitzstangen aufgestellt, von
denen aus Greifvögel Mäuse jagen.»
Tobias Zimmer

Die Förderung der Biodiversität erachten wir als konstanten Auftrag, der uns derzeit keine grösseren Probleme bereitet und den wir gerne wahrnehmen, weil sich die biologische Vielfalt auch positiv auf unsere Weine auswirkt. Sie werden gehaltvoller, extraktreicher und dadurch auch langlebiger.

Weingut Ökonomierat Rebholz, Pfalz

Hansjörg Rebholz

Eine reiche Biodiversität ist für uns eine tragende Säule des ökologischbiodynamischen Weinbaus, nach dessen Richtlinien unser Familienweingut seit mehr als einem Jahrzehnt wirtschaftet. Sie steht für ein intaktes Ökosystem, das die Rebe bei der Bildung herausragender Traubenqualitäten, die den Grundstock für grosse Weine legen, unterstützt. Um diese natürliche Vielfalt zu erhalten, wird viel getan, aber auch einiges vermieden (Bodenbearbeitung im Winter, Bienen gefährdende Pflanzenschutzmittel, unnötige Traktorfahrten).

«Biodiversität bedeutet für den Winzer Mehraufwand
und Mehrkosten. Aber das lohnt sich in jedem Fall.»
Hansjörg Rebholz

Biodiversität präsentiert sich in unserem Weingut in allen Farben und Formen. Bei einem Blick in unsere Weinberge erkennt man neben Reben auch eine Vielzahl verschiedener Begrünungspflanzen. Bei einem Blick unter die Erde erkennt man, dass sich Biodiversität nicht nur an bunten Blühpflanzen widerspiegelt. Unsere lockeren Böden, die von unzähligen Lebewesen bewohnt und gepflegt werden, sind für uns eines der wertvollsten Biodiversitätsmerkmale. Nur ein gesundes Ökosystem ermöglicht vitale Böden, die den Rebstöcken geben, was sie benötigen, und unseren Weinen einen solch ausdrucksstarken Charakter verleihen.

Der Erhalt der Biodiversität bedeutet für den Winzer einen erheblichen Mehraufwand, der die entsprechenden Kosten nach sich zieht. Aber das lohnt sich in jedem Fall.

Weingut Pflüger, Pfalz

Alex Pflügers Lebensturm mitten im Weinberg ist Habitat für viele Kleintiere.

Alexander Pflüger

Die Artenvielfalt von Pflanzen und Nützlingen im Weinberg spielt eine zentrale Rolle für die Vitalität unserer Reben und Weinbergsböden. Es ist unsere Aufgabe als Delinat-Winzer, durch artenreiche, sorgfältig zusammengestellte Begrünungen die Bodengesundheit, die Bodenstruktur und das Bodenleben zu fördern. Eine vielfältige Weinbergsflora und -fauna bieten ausserdem Lebensraum für wichtige Nützlinge, wie Raubmilben oder Schlupfwespen. Diese sind als natürliche Gegenspieler zu Schädlingen im Weinbau wichtig. Durch die hohe Biodiversität kommt das System Weinberg in ein besseres Gleichgewicht und erfordert weniger Eingriff von aussen durch Pflanzenschutzmassnahmen und Düngung.

«Ein vielfältiger Weinberg bietet
Lebensraum für wichtige Nützlinge.»
Alexander Pflüger

Die alten Trockenmauern in unseren terrassierten Lagen Michelsberg und Herrenberg sind unser ganzer Stolz. Sie sind Rückzugsort und Lebensraum für Eidechsen, Spinnen und Wildbienen. Auch die rege Nutzung unseres über zwei Meter hohen Lebensturms am Dürkheimer Herrenberg beobachten wir immer wieder mit Begeisterung. Der Aufbau aus den verschiedensten Materialien wie Reisig, Hölzern, Steinen, Stroh und Lehm (Nistkästen) lockt Wildbienen, Wespen, heimische Singvögel, Echsen und Schlangen an. Die Förderung der Biodiversität bringt mit sich, dass unsere Weinberge sich zu einem funktionierenden Ökosystem entwickeln. Die Vitalität und die Balance dieses Systems spiegeln sich auch in unseren Reben wider. Gesunde Trauben und moderate Erträge sind die Basis unserer Weine. Sie sind natürlich, kraftvoll und in sich ruhend.

edition bee – Biodiversitäts-Riesling

Timo Dienharts Biodiversitäts-Riesling ist genau der richtige Wein, um mit Ihren Freunden und Bekannten auf den Internationalen Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai anzustossen. Die Trauben für diesen Wein stammen von artenreichen Steillagen im Urstromtal der Mosel.

Das Paket enthält 6 Flaschen bee Biodiversitäts-Riesling 2017 und eine kleine Samentüte, die Ihren Garten zum Blühen bringt. Der Wein überzeugt durch Eleganz, ausgeprägte, saftige Fruchtaromen und ein harmonisches Süsse-Säure-Spiel.

Das Paket mit 6 Flaschen kostet CHF 91.20 / € 71,40. Lieferung portofrei!

bee Biodiversitäts Riesling
Weingut zur Römerkelter
Deutscher Qualitätswein, Mosel 2017


www.delinat.com/9151.87

Die Magie des Terroirs

Riesling schafft es wie keine andere Weissweintraube, im Wein seine Herkunft zu verraten. Vorausgesetzt, der Winzer pfuscht der Natur nicht ins Handwerk. Nabel der Riesling-Welt ist Deutschland. Fünf Delinat-Winzer erzählen, wie sie die Magie des Terroirs ins Glas bringen.

riesling-terroir

Viele sprechen von Terroir, ohne zu wissen, was es ist», sagt Hansjörg Rebholz vom Weingut Ökonomierat Rebholz in Siebeldingen in der Pfalz. Er gehört zu den renommiertesten deutschen Riesling-Erzeugern und setzt sich intensiv mit den Themen Terroir und Mineralität auseinander. Das zeigt sich schon im Verkostungsraum, wo er seine Gäste empfängt. Hier hängen die verschiedenen Bodenprofile seiner Rebberge als Kunstwerke an der Wand: Muschelkalk, Buntsandstein, roter Schiefer, Löss und Lehm. «Terroir ist wissenschaftlich betrachtet nicht schmeckbar. Aber der Boden, die Mikrobiologie, die Hefen, die Lage und das Klima haben einen grossen Einfluss auf den Wein», erklärt Rebholz. Ebenso gross ist jedoch der Einfluss des Winzers. Je stärker er der Natur den Vorrang lässt, desto ausgeprägter kommt das Terroir im Wein zum Ausdruck. Hansjörg Rebholz hat deshalb klare Prinzipien: Das Wichtigste für authentische Terroir-Weine sind für ihn Trauben mit perfekter physiologischer Reife. Die erreicht man gemäss seinen Erfahrungen am besten mit biodynamischer Bewirtschaftung. Je trockener ein Riesling ausgebaut wird, desto purer ist er in der Nase und umso besser lassen sich Terroir und Mineralität abbilden. Ein schönes Beispiel dafür ist sein Spitzengewächs Ökonomierat Rebholz Riesling Ganz Horn. Die Reben gedeihen auf kargen Verwitterungsböden aus Buntsandstein und etwas Muschelkalk. Sie ergeben nur wenig Ertrag, was die Ausprägung der Aromen begünstigt. Der Wein hat einen ausgesprochen individuellen Charakter mit den für Buntsandstein typischen Fruchtaromen von Pfirsich, Aprikose und Apfel.

Böden mit Muschelkalk enthalten Spuren, die über Millionen Jahre zurückreichen.
Böden mit Muschelkalk enthalten Spuren, die über Millionen Jahre zurückreichen.

Perfekte Traubenreife

Alex Pflüger
Alex Pflüger, Weingut Pflüger, Pfalz.

Ebenfalls in der Pfalz, etwas weiter nördlich in Bad Dürkheim, ist Alex Pflüger zu Hause. Seine Riesling-Reben gedeihen auf ähnlichen Böden: Neben Buntsandstein dominieren im Wechselspiel rote und weisse Kalksteinböden. «Mit gutem, präzisem Handwerk nach biodynamischen Richtlinien versuchen wir, das gesamte natürliche Umfeld im Wein einzufangen», beschreibt er seine Arbeitsweise. Das A und O sind auch für Pflüger perfekt gereifte Trauben aus ökologisch intaktem Umfeld: «Hat man fantastisches Traubengut, besteht die grösste Kunst des Kellermeisters darin, es nicht kaputtzuverarbeiten.» Pflüger-Rieslinge sind fast immer trocken ausgebaut. So wirkt sein Riesling Herrenberg Terrassen puristisch und präzise, dank milder Säure und exotischen Duftnoten gleichzeitig elegant und blumig.

Der nackte Wahnsinn

Timo Dienhart
Timo Dienhart, Weingut zur Römerkelter, Mosel.

«Die Aura des Terroirs ins Weinglas zu bringen, gehört für mich zu den schönsten Herausforderungen eines Winzers», sagt Timo Dienhart vom Weingut zur Römerkelter an der Mosel. Wie geht das? «Indem ich die natürlichen Kräfte nutze», sagt er auf dem Weg zum Honigberg, wo uns gewahr wird, dass sich seine Weingärten von jenen des konventionell wirtschaftenden Nachbarn wie Tag und Nacht unterscheiden. «Bei meinem Nachbarn sieht man zwar eindrucksvoll die typischen Schiefersteine. Aber das ist der nackte Wahnsinn. Die stark abfallenden, unbegrünten Böden sind schutzlos der Witterung und damit der Erosion ausgesetzt. Humus und Nährstoffe werden einfach weggebrannt, ausgewaschen und weggeschwemmt.» In den Weinbergen von Timo Dienhart dagegen ist vom Schiefer wenig zu sehen. Er verbirgt sich unter einem üppigen Pflanzenteppich. Die selbstkreierte Kräuterbegrünung mit rund 20 verschiedenen Pflanzen reguliert den Wasserhaushalt, schützt die Reben vor Erosion und versorgt sie mit wertvollen natürlichen Nährstoffen. «Auch der Einbezug biodynamischer Kriterien ist mir sehr wichtig. Nur so gelingen Weine mit bestem Trinkfluss und vollendetem Genuss», sagt Timo Dienhart. So kommt etwa bei seinem Riesling vom Schiefer, einem leichtfüssigen Gaumentänzer, das Terroir unter anderem in Form von ausgeprägter Mineralität zur Geltung.

Biodiversität stärkt Terroir

Tobias Zimmer, Weingut Hirschhof, Rheinhessen.
Tobias Zimmer, Weingut Hirschhof, Rheinhessen.

Auf dem Weingut Hirschhof in Rheinhessen erzeugt das Winzerpaar Ellen und Tobias Zimmer nach den aktuellsten Erkenntnissen des biologischen Weinbaus authentische Weine. Einer davon ist der exklusiv für Delinat gekelterte Riesling Terra Rossa. Mit einem Anteil von gut einem Drittel ist Riesling auf dem Hirschhof die wichtigste Traubensorte. «Die Sorte reagiert stark auf verschiedene Böden. Der Riesling ist deshalb gut geeignet, um das Terroir herauszuarbeiten», ist Tobias Zimmer überzeugt. Als ideal für Riesling bezeichnet er Böden mit hohem Gesteinsanteil. «Löss und Sand sind weniger geeignet, da in diesen kaum Mineralien stecken.» Einen wichtigen Einfluss auf das Terroir hat für Tobias Zimmer die Biodiversität innerhalb eines Weinbergs. «Wenn sich die Reben gegen andere Pflanzen behaupten müssen, sind sie stärker und widerstandsfähiger. Sie wurzeln tiefer und kommen so besser an die verschiedenen Mineralien heran.» Wie vielerorts in Rheinhessen sind die Hirschhof-Böden von Kalkstein geprägt. «Riesling aus Rheinhessen und aus der Pfalz unterscheiden sich relativ wenig – ganz im Gegensatz etwa zum Mosel-Riesling von Schieferböden», so Tobias Zimmer.

Zwei Güter – zwei Terroirs

Schieferboden prägt die erstklassige Hanglage Pettenthal in Rheinhessen.
Schieferboden prägt die erstklassige Hanglage Pettenthal in Rheinhessen.

Wie stark sich der Riesling vom Boden beeinflussen lässt, weiss kaum jemand besser als Oliver Spanier und Carolin Spanier-Gillot. 2006 haben die beiden geheiratet und je ein Weingut mit in die Ehe gebracht: Carolin den von ihren Eltern übernommenen Betrieb Kühling- Gillot in Bodenheim unweit von Mainz und Hans-Oliver Spanier sein Gut Battenfeld- Spanier in Hohen-Sülzen bei Worms. Beide Weingüter gehören zu den renommiertesten in Rheinhessen. Die Reben wachsen auf völlig verschiedenen Böden und Lagen: jene von Kühling- Gillot auf steilen Hängen mit Rotschiefer direkt über dem Rhein, die von Battenfeld-Spanier auf hügeligen Kalksteinböden.

Oliver Spanier, Weingut Battenfeld-Spanier, Rheinhessen.
Oliver Spanier, Weingut Battenfeld-Spanier, Rheinhessen.

Hans-Oliver Spanier ist für die Produktion beider Weinlinien zuständig. Nichts bereitet dem bekennenden Biodynamiker mehr Freude, als die Eigenheiten des Terroirs auf die Weine zu übertragen. «Wir machen eigentlich Naturweine, verzichten auf Eingriffe und Schönung», sagt er. Die Unterschiede der beiden Weinlinien sind terroirbedingt markant. Der auf Kalkstein reifende Battenfeld Riesling Salamander ist geprägt von fruchtigen Aromen (Limetten und Grapefruit), feiner Mineralität und kräftigem Körper. Beim Grossen Gewächs Kühling-Gillot Riesling Pettenthal sorgen der steinige Schieferboden, die steile Lage, die optimale Sonneneinstrahlung und das vom Rhein beeinflusste Klima für ganz andere Aromen: Mandeln, Tabak und Würze harmonieren mit fein ziselierter Säure und Mineralität.