Der ganze Weinberg ein einziger Hotspot

Château Duvivier und eine kurze Nacht liegen hinter uns – wir streifen südwärts durch die Provence. Viele Rebberge machen einen «geschleckten», aber leider auch monotonen Eindruck. Hecken, Sträucher, Bäume und andere natürliche Strukturelemente wurden Opfer einer auf reine Bequemlichkeit getrimmten Wirtschaftsweise. Ökologiebewusste Winzer wirken solcher Monotonie mit Neupflanzungen von Hecken, Bäumen und Kräutergärten entgegen. Die sogenannten ökologischen Hotspots sorgen für neue Artenvielfalt.

Leider noch nicht ganz reif: Der Autor greift nach einer Feige im Rebberg von Biowinzer Volker Paul Weindel (links).

Biodiversität pur

In der Provence gibt es jedoch noch Orte, wo der ganze Weinberg bis heute ein einziger natürlicher Hotspot mit schier perfekter Biodiversität geblieben ist. Zum Beispiel auf der Domaine La Tour des Vidaux im Hinterland von Toulon. Jedes Mal wenn ich Volker Paul und Marlena Weindel auf ihrem Gut in Pierrefeu-du-Var besuche, fühle ich mich in einer andern (Wein-)Welt. Hier, auf seinen exponierten Weinbergsterrassen, die einem Amphitheater gleichen, muss Volker aufpassen, dass die natürliche Vielfalt nicht überhandnimmt. Für mich ist das einer der schönsten und vielfältigsten Weinberge, die ich kenne.

Von der «Arena» mit dem Weingut führt ein steiler Weg hinauf ins «Amphitheater», wo auf Terrassen Reben, Bäume und wilde Kräuter wachsen.

Fruchtbare Partnerschaft

Was unsere ästhetischen und ökologischen Ansprüche derart begeistert, bedeutet für den Winzer mit dem langen, wilden Bart harte, schweisstreibende Arbeit. Die engen Steillagen lassen kaum eine maschinelle Bearbeitung zu. Als wir am Abend unten in der «Arena» auf der Terrasse des Weingutes auf die sonnenbeschienenen Rebhänge blicken und die Kochkünste von Marlena zusammen mit den köstlichen Weinen von La Tour des Vidaux geniessen, sprechen wir über Gott und die Welt , aber auch über Volkers langjährige Zusammenarbeit mit Delinat.

Für Volker Paul und Marlena Weindel ist die Zusammenarbeit mit Delinat eine fruchtbare Partnerschaft.

«Als eher unbekannter Winzer ist es für mich ein enormer Vorteil, dass ein Grossteil der Weine über den Delinat-DegustierService verkauft werden kann. So müssen wir uns nicht auch noch gross um die Vermarktung kümmern», sagt der Biowinzer zufrieden. Dann ist es Zeit, aufzubrechen. Auch heute ist es wieder spät geworden – Antoine Kaufmann lässt grüssen. Marlena fährt uns zum nahegelegenen Hotel – diesmal haben wir den Schlüssel im Sack – zum Glück.

Alle Artikel der Reise nach Südfrankreich:
Tag 1: Edles Gewürz und edle Weine
Tag 2: Der ganze Weinberg ein einziger Hotspot
Tag 3: Verheissungsvolle Wein-Entdeckungen
Tag 4: Stille Wein-Revoluzzer mit Doktorhut
Tag 5: Madame Delmas drückt aufs Gaspedal

Trockenheit als grosse Herausforderung

Seit 10 Jahren sind Marlena und Volker Paul Weindel auf dem Weingut La Tour des Vidaux in der Provence. Immer wenn ich bei ihnen auf Besuch bin, ist die grosse Trockenheit ein Thema. Sie erschwert Massnahmen zur Förderung der Biodiversität, denn wo wenig Wasser vorhanden ist, geraten Begrünung, Rebstöcke und Sekundärkulturen rasch in eine Konkurrenzsituation.

Restanques

Restanques ist die südfranzösische Bezeichnung für diese Terrassen. Um den Trockenstress zu lindern, startet Volker Weindel hier Versuche mit Biokohle.

Biodynamie hilft

Dass Volker punkto Artenvielfalt in den vergangenen Jahren trotzdem beachtliche Fortschritte erzielen konnte und er Jahr für Jahr neue Pflanzengattungen in seinem Weinberg entdeckt, führt er auf gezielte Mäharbeiten in den begrünten Weinbergen und die biodynamische Arbeitsweise zurück. Diese sorgt für gesunde, starke Reben, die tief in die trockenen Schieferböden vordringen und so ihren Durst zu stillen vermögen.

Wie mir Volker jetzt schreibt, haben segensreiche Regenfälle im letzten Halbjahr dazu geführt, dass das Problem mit den trockenen Böden für einmal etwas in den Hintergrund gerückt ist. Der Winzer hat das gleich zum Anlass genommen, punkto Biodiversität einen Schritt weiterzugehen. Auf einer Versuchsparzelle hat er zwischen den Rebstöcken einen eigentlichen Gemüse- und Kräutergarten mit Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch angepflanzt. Zudem fügen sich 50 neue Obstbäume harmonisch zwischen die 250 bestehenden Olivenbäume ein.

Kartoffeln im Weinberg

Die Kartoffeln hat Volker Weindel direkt zwischen die Rebzeilen gepflanzt.

Konzert der Tiere

Solche Massnahmen wirken sich auch sofort positiv auf die Vielfalt bei der Tierwelt aus. Es tummeln sich immer mehr Wildbienen und Schmetterlinge in den Rebbergen. In und um den Teich beim Weingut haben sich neben Kröten, Laubfröschen und Libellen neu auch Unken und ein Wasserhuhn niedergelassen. Ein durch Nachtigallen und junge Eulen verstärktes Tier-Orchester beschert Marlena und Volker derzeit fast jeden Abend ein vielstimmiges Gratiskonzert.

Ich selber bin auf ein weiteres Projekt des Biowinzers gespannt: Mit Sträuchern und Blumen bewachsene Terrassenzwischenräume im Weinberg leiden in der Regel ganz besonders stark unter der Trockenheit. Hier setzt Volker nun Biokohle ein, um das Wasserrückhaltevermögen im Boden zu steigern, damit es auch während den heissesten Perioden grün bleibt. Wer weiss, vielleicht ist ja schon bei meinem nächsten Besuch auf La Tour des Vidaux die Trockenheit nicht mehr das dominierende Thema.

Winterzauber auf La Tour des Vidaux

Man könnte meinen, im Winter sei rund um die Weingüter nichts los und es herrsche weitgehend öde Tristesse in der Natur. Unser «Hauswinzer» Antoine Kaufmann von Château Duvivier hat uns in seinem letzten Blogbeitrag aber eindrücklich vor Augen geführt, dass Weinberge auch in der kalten Jahreszeit nicht mit Reizen geizen.

Der Winter als Künstler

Kürzlich erreichten uns auch ein paar imposante Winterbilder von unserem Winzer Volker Paul Weindel vom Weingut La Tour des Vidaux in der Provence. Hier gebärdete sich der Winter 2011 hartnäckig mit viel Kälte und Regen, zuweilen sogar mit Schnee. Diese winterlichen Bedingungen haben dazu geführt, dass die Natur den Brunnen vor dem Weingut in eine prachtvolle Eis-Skulptur verwandelt hat.

Wie auf Duvivier gabs auch auf La Tour des Vidaux Besuch von einer Schafherde. Wie uns Volker Paul wissen lässt, haben die rund 200 Tiere beim «Grasmähen», Düngen und auch als «blökendes Orchester» hervorragende Arbeit geleistet: «Das Blöken, vermischt mit Glockengeläute, hat für einmal eine ganz andere Stimmung zu uns gebracht – auch nachts.»

Aller Winteridylle zum Trotz: Jetzt freuen wir uns mit Ihnen und unseren Winzern auf einen kraftvoll spriessenden Frühling und ein gutes Weinjahr 2011.