2024 ist der wärmste Februar seit 1881. In Teilen Südspaniens wurden im Januar bis zu 28 Grad gemessen. Wir haben die Delinat-Winzer Carlos Laso und Roland Lenz gefragt, wie sie und ihre Reben mit steigenden Temperaturen in der eigentlich kalten Jahreszeit umgehen.
Mit kurzärmeligem Polo begrüsst uns Delinat-Winzer Carlos Laso aus Valencia. Die schwarze Daunenjacke bleibt wieder einmal im Büro und setzt dort in der Ecke Staub an. Es ist zwar Winter, aber kalt ist es nicht. «Wir hatten im Dezember bis zu 24 Grad Lufttemperatur», erzählt der Spanier. Im Sommer häufen sich die Tage, in denen es zwischen den Rebzeilen über 35 Grad heiss wird.
Auch Delinat-Weinberater Daniel Wyss bestätigt: «Ende Januar herrschten während zwei Wochen Temperaturen von 15 bis 25 Grad Celsius in der Weinregion Roussillon nahe der spanischen Grenze. Solche und andere Rekorde werden immer häufiger. Die Gefahr von solch milden Wintern ist der zu frühe Austrieb der Reben, die bei einem allfälligen Spätfrost grosse Schäden erleiden und zu einem totalen Ernteausfall führen können.»
Nichts wie es früher einmal war
Die grösste Herausforderung im Süden Europas sind allerdings nicht nur die steigenden Temperaturen. Carlos beunruhigt auch, dass inzwischen jede Jahreszeit anders und unberechenbar geworden ist. «Im Jahr 2022 hatten wir von Januar bis Mai 1000 Millimeter Niederschlag. 2023 waren es null.» Man kann sich auf nichts, und muss sich gleichzeitig auf alles einstellen.
Hitze macht der Rebe weniger als Durst
Die grösste Herausforderung für die Reben ist die steigende Trockenheit, sagt Carlos Laso und blickt dabei sorgenvoll in den Norden, Richtung Katalonien. (siehe Beitrag «Anhaltende Trockenheit in Katalonien»). Inzwischen weiss die Welt von den prekären Zuständen im Landstrich rund um Barcelona. Von einer Jahrhundert-Trockenheit ist gar die Rede.
Carlos Laso nahe Valencia zählt in seinem Wasserretentions-System 16 Becken, die das Regenwasser auf der Fläche kanalisieren und zurückhalten. «2022 sind die Becken aufgrund des starken Regens fast überlaufen. In diesem Jahr sind wir heilfroh, dass wir die Becken errichtet haben. Die Unterstützung und das Know-how von Delinat sind für mich essenziell», so der Delinat-Winzer.
Im Osten viel Neues
Wasser gibt es bei Delinat-Winzer Roland Lenz am Schweizerischen Iselisberg seit November 2023 genügend. Auch wenn die Winter davor sehr trocken gewesen seien, so Lenz. Die steigenden Temperaturen beeinflussen seine Arbeiten im winterlichen Rebberg zunehmend.
«Es ist augenscheinlich, dass die Reben immer früher austreiben. Darum ergreifen wir Methoden, um den Austrieb zu verzögern», so Roland Lenz.
Wenn der Winter zu warm wird
Zum einen erfolgt bei Roland Lenz der Rebschnitt immer später im Jahr. Während man noch vor einigen Jahren mit dem Winterschnitt bereits Ende Januar fertig war, werden 2024 gerade erst die letzten Schnitte im Weingarten vorgenommen. Dass der Saftstrom in den Reben, der in «normalen» Jahren erst Anfang März eingetreten ist, bereits im Februar eingesetzt hat, stört dabei nicht weiter.
«Es geht darum, den Austrieb zu verhindern und gegen Fröste, die später im Jahr auftreten können, abzusichern», so Lenz. Eine weitere Methode besteht darin, eine sogenannte Frostrute zusätzlich stehen zu lassen. Das macht sich insbesondere bei früh austreibenden Sorten wie Muscaris, Solaris und Cabernet blanc bezahlt. Kommt der Frost, sind noch genügend Augen da, um Blüten und Fruchtkörper zu bilden.
Bordeaux ist hoch
Aufwendiger aber auch effektiver ist es, den Bordeaux-Rebschnitt bei einer Reberziehung auf zwei Meter Höhe durchzuführen. Beim Bordeaux-Rebschnitt wird nur ein einziger horizontaler Zweig stehen gelassen, der dafür über bis zu zehn Augen verfügt. Durch diese Methode verzögert sich der Austrieb noch mehr als beim späten Rebschnitt. «Nachdem hier mehr Augen stehen gelassen werden, muss man die Reben gut beobachten, um unsere gewohnt hohe Qualität zu halten. Diese Art des Rebschnitts in der Höhe eignet sich nicht für alle Rebsorten», sagt Lenz.
Roland Lenz ist sich sicher: «Wir müssen einfach flexibel bleiben. Jammern hilft nichts», so der Schweizer am Iselisberg, der durch die genaue Beobachtung seiner Reben und durch seinen Innovationsgeist seit Jahrzehnten Weinbau praktiziert, der seiner Zeit voraus zu sein scheint.
Delinat-Experte Daniel Wyss weiss durch die Beratung von Weingütern in ganz Europa: «Weingärten und Reben die durch die Delinat-Methode gestärkt werden, sind resilienter gegen zunehmende Wetterkapriolen» Das umfasst Massnahmen zur Wasserretention, den Anbau von pilzresistenten Rebsorten, Mischkulturen mit Bäumen und Sträuchern, welche auch die Biodiversität fördern, und viele zusätzliche Massnahmen, bei denen der Delinat-Winzerberater mit Rat und Know-how zur Seite steht. Auf diese Art und Weise erhalten die Reben genügend Abwehrkräfte, um klimatischen Herausforderungen in Zukunft besser standzuhalten.
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