Von der Leichtigkeit im Wein

Was bedeutet Leichtigkeit im Wein? Weniger Alkohol? Sicher. Aber auch: mehr Frische, mehr Eleganz, mehr Beschwingtheit. Für unser Probierpaket «Die neue Leichtigkeit» haben wir mit vier unserer engagierten Winzern aus Frankreich, Spanien und Italien an der neuen Leichtigkeit getüftelt. So viel sei verraten: Das Ergebnis ist erhebend, erfrischend und belebend.

Die Idee ist nicht neu, aber aktueller denn je. Der Klimawandel bringt Herausforderungen mit sich, denen unsere Winzer mit Liebe zur Natur und Leidenschaft fürs Wein machen begegnen. Gerade in südlichen Regionen, wo Sonne reichlich vorhanden ist, entdecken Winzer neue Wege, um balancierte, trinkfreudige Weine mit moderatem Alkoholgehalt zu erzeugen – ohne dabei an Tiefe oder Herkunft zu verlieren.

Auf ein Tänzchen in der Toskana

So etwa in der Maremma, im Süden der Toskana. Marco Salustri, Schöpfer des Sangiovese Tramora, beschreibt, wie sich sein Zugang zum Weinbau durch die klimatischen Veränderungen gewandelt hat:
«Es ist kein Geheimnis, aber dank der vorgezogenen Weinlesen, die wir in den letzten Jahren durchführen, haben wir entdeckt, dass die in der Phase der Vorreife geernteten Sangiovese-Trauben eine zarte Tanninstruktur aufweisen. Ganz im Gegensatz zu dem, was man vielleicht erwartet hätte.»

Marco Salustri zieht die Lese vor und lässt seine leichten Weine ausserhalb des Kellers reifen.
Marco Salustri zieht die Lese vor und lässt seine leichten Weine ausserhalb des Kellers reifen.

Der daraus entstandene Wein zeigt sich mit frischer Säure, rotfruchtigen Noten und einem Alkoholgehalt von 12 Volumsprozent. «Für die Balance im Wein lagern diese Weine im Winter ausserhalb der Kellerei», erzählt Marco Salustri. «Denn durch die Kälte stabilisiert sich die Säure und ergibt somit einen frischen, balancierten Wein.»

Flüssiges Savoir-vivre aus Frankreich

Auch im Süden Frankreichs, im Languedoc, ist dieser Trend spürbar. Anne Lignères erzählt, dass die Idee zu leichten, bekömmlichen Weinen während der Pandemiezeit gereift ist.

Anne und Jean Lignères sind überzeugt: «Die Natur macht den besten Wein.»
Anne und Jean Lignères sind überzeugt: «Die Natur macht den besten Wein.»

«Die Leute freuen sich über leichte, beschwingte Weine. Uns geht es genauso. Für den Mouvette haben wir jüngere Reben ausgewählt, die zwar weniger tief wurzeln, sich dafür aber umso fruchtiger und frischer präsentieren.» Für ihren Mouvette, aus reinem Mourvèdre, haben Jean und Anne Lignères die Trauben früh geerntet, sanft entrappt und beinahe ohne Eingriffe vergoren. Ohne Holzeinsatz, ohne intensive Extraktion. Das Ergebnis ist erstaunlich: ein Wein mit nur 11,5 Volumenprozent Alkohol mit Frische und Finesse. Die naturnahe, nachhaltige Bewirtschaftung der Weinberge trägt entscheidend dazu bei, dass selbst in heissen, trockenen Jahren Balance und Spannung erhalten bleiben.

Grégoire Piat führt das Familienweingut in Bordeaux mit modernen Ideen weiter.
Grégoire Piat führt das Familienweingut Château Couronneau in Bordeaux mit modernen Ideen weiter.

Noch weiter westlich, im Bordelais, hat sich Grégoire Piat dem gleichen Thema auf ganz eigene Weise angenähert. Sein Alors Alors, ein Merlot mit modernem Gesicht, kombiniert gleich drei unterschiedliche Vinifikationsmethoden: «Für einen Wein mit niedrigem Alkohol braucht es mehrere Techniken», erklärt er. «Wir lesen früh, achten auf den natürlichen Zuckergehalt der Trauben, und vergären einen Teil des Weins unter Ausschluss von Sauerstoff (bekannt als macération carbonique), aber in der Amphore. So bleibt der Wein aromatisch und lebendig.» Ein Teil des Merlots wird klassisch vergoren, ein anderer immer wieder mit Feinhefen umgerührt. Das Ergebnis: ein Bordeaux im neuen, frischen Gewand, voller Saft und Lebensfreude.

Fliegengewicht aus Spanien

Peso Pluma bedeutet übersetzt Fliegengewicht – und genau ein solches ist Winzer Carlos Laso mit diesem Wein gelungen. Fruchtig-würziger Syrah und ein Hauch Merlot für den Schmelz, zwei in der Regel potente Rebsorten, früh geerntet, gekühlt vergoren und somit ein frischer Gruss aus der Comunidad von Valencia. Federleicht und voller Charakter.

Carlos Laso ist sich sicher dass Permakultur zu hochwertigen Weinen führt.
Carlos Laso ist sich sicher, dass Permakultur zu hochwertigen Weinen führt.

Vier Regionen, vier Philosophien, ein gemeinsames Ziel: Weine zu schaffen, die leicht sind – aber keineswegs belanglos. Sie überzeugen durch Aromatik, Balance und ein unverkrampftes Trinkvergnügen, das gerade in wärmeren Jahreszeiten besonders gut ankommt. Unser Probierpaket «Die neue Leichtigkeit» ist eine Einladung, Wein neu zu entdecken: freier, feiner, frischer.

Unsere Weincocktails für den Sommer

Die Cocktail-Saison ist eröffnet! Wir sind auch in diesem Jahr pünktlich zum Sommerstart im Weincocktail-Fieber. Fünf Weincocktail-Rezepte haben wir ausprobiert: Klassiker, Neuentdeckungen und alte Bekannte (neu aufgesetzt). Wir wünschen viel Erfolg beim Mixen!

Und wer auf den Geschmack gekommen ist: Aktuell bieten wir auch Cocktail-Workshops an, bei denen man Mixologie-Meister werden kann.

Cold Duck

Ein Cocktail inmitten von Zitronen, dahinter zwei Flaschen Wein

«Kalte Ente, echt jetzt?» Das war die erste Reaktion auf unseren Weincocktail Nummer 1. Anscheinend hat der Klassiker in den 70er Jahren bei dem ein oder anderen Kollegen keinen guten Eindruck hinterlassen. Wir glauben, dass wir diesen erfrischenden Sektcocktail in 2025 zu neuer Grösse aufleben lassen können. Oft wird die kalte Ente als Bowle in grösseren Mengen gemischt; wir setzen auf simple Eleganz und mixen daraus einen einzelnen Cocktail. So wird aus dem kalten Ende (von dem der Name ursprünglich herrührt) ein spritziger Start in den Sommerabend.

How to mix

100 ml Riesling Terra Rossa
50 ml Delsecco
1 Zitrone
Etwas Minze oder Zitronenmelisse
Eiswürfel

Eiswürfel in ein Glas geben, dann eisgekühlten Wein und Sekt hinzugeben. Die Hälfte der Zitrone ins Glas pressen, die Kräuter und eine Zitronenzeste dazugeben.

Weisser Negroni Sbagliato

Ein Cocktail mit Orangenscheibe und Minze, dahinter drei Flaschen

Der Negroni Sbagliato hat sich im letzten Jahr zum absoluten Trend-Drink gemausert. Statt Gin wird dem Negroni Prosecco beigemixt, was angeblich dem Fehler des italienischen Bartender Mirko Stocchetto zu verdanken ist, der zur falschen Flasche griff (daher der Name (sbagliato = falsch). Wir laufen dem Trend voraus und setzen in 2025 auf eine weisse Variante. Dieser erhält seinen süsslich-bitteren Geschmack nicht durch Campari, sondern durch den Enzian-Likör Suze, der vor allem in Frankreich und in der West-Schweiz gerne auch als Aperitif getrunken wird. Komplettiert wird der Drink durch einen feinen Wermut mit intensivem Kräuteraroma. Hier bedienen wir uns bei unserer Delinat-Winzerin und Kräuterexpertin Cecilia Zucca, die seit kurzem aus ihren Viognier-Trauben den Wermut La Vagabonda produziert. Diese Kräuterbombe eignet sich perfekt für den Sbagliato bianco (sofern die Flasche nicht schon beim Aperitif geleert wurde…).

How to mix

30 ml Suze Likör
30 ml La Vagabonda Vermouth bianco
120 ml Prosecco Savian
Orangenzeste, Gurkenscheibe
Eiswürfel

Eiswürfel in ein Glas geben, dann Likör, Wermut und Prosecco dazugeben. Mit Orangenzeste und Gurkenscheibe garnieren.

New York Sour

Ein Cocktail neben einem Würfelbecher mit Würfeln, daneben eine Flasche Wein, im Hintergrund eine Leuchtschrift mit den Worten wine

Auch in diesem Sommer kommt man an einem Sour-Cocktail auf keiner Cocktail-Karte vorbei. Wir nehmen natürlich die Rotwein-Variante des Klassikers Whiskey Sour, den New York Sour. Das sorgt nicht nur für ein einmaliges Geschmackserlebnis, sondern schenkt dem Cocktail einen wunderschönen Farbverlauf. Wer kein Eiweiss im Drink haben möchte, kann dieses weglassen oder ganz einfach durch Aquafaba (Kichererbsenwasser) ersetzen. Wem unsere Weincocktail-Auswahl bisher zu wenig Mix-Action zu bieten hatte, der kommt jetzt voll auf seine Kosten.

How to mix

50 ml Bourbon Whiskey
30 ml Zitronensaft
20 ml Zuckersirup
10 ml Château Coulon Sélection spéciale
Optional: 20 ml Eiweiss / Aquafaba
Zitronenzeste oder Scheibe zum Garnieren
Eiswürfel

Eiswürfel, Whiskey, Zitronensaft, Zuckersirup und Eiweiss / Aquafaba in einen Cocktail-Mixer geben. Kräftig schütteln. In ein mit Eis gefülltes Glas geben, einen kleinen Rest des Schaums aufsparen. Vorsichtig mit Rotwein auffüllen, um den Farbverlauf zu generieren. Schaum draufgeben und mit Zitrone garnieren.

Cardinal

Cocktail Cardinal dunkelrot in einem Weinglas neben einer aufgeschnittenen Orange und einer Flasche Rotwein

Ganz hinten im Spirituosenschrank findet sich sicherlich noch eine halbvolle Flasche Crème de Cassis, die von der letzten Kir-Royal-Session übrig geblieben ist. Die hat jetzt ihren grossen Moment, denn sie ist eine der beiden Zutaten für unseren nächsten Cocktail. Die zweite ist Rotwein, und gemeinsam auf Eis werden sie zum wunderbar purpurroten Cocktail Cardinal. Wir empfehlen hier den sizilianischen Bonarossa unseres Delinat-Winzers Massimo Maggio, der den fruchtigen Johannisbeerenlikör gut begleitet und dem Cocktail eine feine Herbe verleiht. Klassischerweise wird der Drink mit einer Zitronenscheibe garniert. Hier greifen wir in Reminiszenz an Massimos Orangenbäume zur Orange.

How to mix

150 ml Bonarossa
30 ml Crème de Cassis
Eiswürfel
Orangen zum Garnieren

Eiswürfel in ein Glas geben, mit Rotwein und Crème de Cassis auffüllen. Mit Orangenscheibe garnieren

Spritz Torinese

Ein Torinese Spritz neben einer Flasche Prosecco, daneben eine aufgeschnittene Orange und ein halber Granatapfel

Kein Sommer ohne Spritz! Wir möchten als fünften und letzten Weincocktail noch eine fruchtige Variante des absoluten Klassikers vorstellen. Der Granatapfelsaft bringt eine aufregende neue Geschmacksnuance ins Glas. Da der Aperol Spritz bereits zur festen Sommertradition geworden ist und daher viele (auch biologische!) alkoholfreie Alternativen zum Aperol zu finden sind, lässt sich der Spritz Torinese auch wunderbar als alkoholfreier Cocktail mixen. Statt Prosecco legen wir hier unseren So. Secco Alkoholfrei ans Herz, dessen sprudelnde Süsse perfekt zum Bitter passt.

How to mix

40 ml Granatapfelsaft (frisch gepresst)
40 ml Prosecco Savian
30 ml Aperol
Sodawasser
Orange zum Garnieren
Eiswürfel

Granatapfelsaft, Prosecco und Aperol auf Eis in ein Glas geben und mit Sodawasser auffüllen. Mit Orangenscheibe garnieren.

Wer jetzt noch weitermixen möchte, kann sich an diese Cocktails wagen:
6 erfrischende Weincocktailrezepte

Zeit im Glas: Woher Rebsorten ihre Namen haben

Kaum eine Geschichte ist so alt, wie die des Weinbaus selbst. So ist es auch nur naheliegend, dass auch die Namen der meisten Rebsorten ihre Historie haben. Diese sind, eben wie der Weinbau, durchzogen von Herkunft, Menschen, die Neuem einmal ihren Namen verpassen, und allerlei weiteren Kuriositäten.

Weinberater Emil Hauser hat sich noch nie mit Oberflächlichkeiten zufrieden gegeben. Auch nicht auf Can Majoral auf Mallorca.
Weinberater Emil Hauser hat sich noch nie mit Oberflächlichkeiten zufrieden gegeben. Auch nicht auf Can Majoral auf Mallorca.

Bei der roten Rebsorte Syrah war es wahrscheinlich die Stadt Schiras (eng. Shiraz) im zentralen Süden Irans, von wo aus sich die Sorte vor langer Zeit weltweit verbreitete. Die Sorte Touriga Nacional stammt ursprünglich aus der Region Dão im Herzen von Portugal, wo ein Dorf namens Tourigo existiert. Das Burgund gilt als Ursprung vom Chardonnay. Hier befindet sich unter anderem das Dorf Chardonnay, wo 1685 diese Rebsorte erstmals in einer amtlichen Aufzeichnung Erwähnung findet.
 
Der französische Begriff «Pinot» leitet sich wahrscheinlich von der lang gezogenen Form der Pinot-Trauben ab, die dem Zapfen einer Kiefer (frz. «pin») ähnlich ist. Aufgrund ihrer länglichen Beerenform könnte es sich bei der weissen Sorte Rabigato um die Verballhornung des portugiesischen Begriffs «Rabo de gato» handeln, übersetzt «Katzenschwanz». In dieselbe Kerbe schlägt «Juhfark», zu deutsch «Lämmerschwanz», eine traditionelle ungarische weisse Rebsorte, deren Bezeichnung wohl von der länglichen, zylindrischen Traubenform herrührt.

Wie der Herr so die Rebsorte

In Südfrankreich züchtete 1855 Henri Bouschet die rote Rebsorte Alicante Bouschet. Den Zusatz «Alicante» erhielt die Sorte, weil einer der Kreuzungspartner die in Alicante beheimatete Garnacha-Traube war. In Spanien bezeichnet man diese auch als Alicante. Zweigelt ist eine österreichische Neuzüchtung aus dem Jahr 1922 von Friedrich Zweigelt, der erfolgreich die beiden traditionellen Rebsorten St. Laurent und Blaufränkisch miteinander kreuzte.

Emil Hauser auf Recherchetour in Südfrankreich mit Winzerlegende Frédéric Coulon von der Domaine Beaurenard im Châteauneuf-de-pape.
Emil Hauser auf Recherchetour in Südfrankreich mit Winzerlegende Frédéric Coulon von der Domaine de Beaurenard im Châteauneuf-du-Pape.

Und wo kämen wir hin, wenn eine bestimmte Rebsorte nur einen eindeutigen Begriff hätte, sondern je nach Region Synonyme verwendet werden. So wird zum Beispiel die weisse Rebsorte Rabigato auch als Boal, Maria Gomes, Rabo de Ovelha und Roupeiro bezeichnet. Selbstverständlich haben Bual und die eigentliche Rebsorte Rabo de Ovelha trotz ähnlicher oder sogar gleicher Schreibweise nichts miteinander zu tun. – Totales Chaos nennen es die einen, die anderen erfreuen sich des Job Enrichments.

Delinat-Winzerseminar 2025: Der Trockenheit trotzen

Vergangene Woche versammelten sich unsere französischsprachigen Delinat-Winzerinnen und -Winzer auf dem Delinat-Weingut Domaine La Baronne der Familie Lignères im südfranzösischen Moux. Drei Tage lang drehte sich alles um den Austausch von Erfahrungen und Wissen, vor allem um konkrete Lösungen für eine grosse Herausforderung für viele unserer Betriebe: die Trockenheit infolge des Klimawandels.

Das Weingut der Familie Lignères war für dieses Seminar nicht nur Gast-, sondern auch Beispielgeber: Seit mehreren Jahren leiden die Reben im Betrieb unter extremer Trockenheit. In drei aufeinanderfolgenden Jahren fielen jeweils weniger als 250 mm Regen. Der Ertrag sank dramatisch und die Reben kämpfen mit massivem Trockenstress. 2021 kam es in der Umgebung sogar zu Waldbränden, bei denen nur durch Glück grössere Schäden am Weingut ausblieben.

Statt zu resignieren, haben sich Jean und Anne Lignères gemeinsam mit unseren Winzerberatern Daniel Wyss und Arina Schefer auf den Weg gemacht, um die Situation Schritt für Schritt und im Einklang mit der Natur zu verbessern.

Die Delinat-Winzerinnen und Winzer zu Gast auf Château Lignères
2025 fand das Delinat-Winzerseminar bei Familie Lignères in Südfrankreich statt.

Aus der Krise lernen und handeln

Schon beim Winzerseminar im Jahr zuvor gab es wertvolle Anregungen, etwa vom Bodenexperten Nicola Fagotto. Diese Impulse haben bei Familie Lignères einiges ins Rollen gebracht: Sie haben den Boden untersucht, die Artenvielfalt im Weinberg noch weiter gefördert, Komposttees zur Stärkung der Reben eingesetzt und hunderte Bäume und Sträucher gepflanzt. Zudem haben sie spezielle Wasserretentionsteiche und -gräben angelegt, damit das seltene Regenwasser nicht einfach abfliesst, sondern im Boden gespeichert wird.

Auf dem Weingut von Jean und Anne Lignères im südfranzösischen Moux fand das Delinat-Winzerseminar 2025 statt.

Erste Erfolge in den Weinbergen

Beim Winzer-Treffen ein Jahr nach den Impulsen des Winzerseminars 2024 auf unserem Forschungsweingut Château Duvivier, konnten wir uns gemeinsam mit den anderen Winzerinnen und Winzern ein Bild davon machen, was sich bei Lignères bereits alles getan hat. Und das ist beeindruckend: Die Böden sind lebendig, die Pflanzen im Weinberg wirken gesund und kräftig. Nach einem kräftigen Regenguss kurz vor dem Seminar konnten wir uns beim Spaziergang durch die Reben selbst davon überzeugen: Das Wasser bleibt im Weinberg, statt abzulaufen. Genau so soll es sein.

Damit das so weitergeht, werden weitere Arbeiten folgen: Im Herbst werden Jean und Anne gezielt Pflanzen säen, die dem Boden helfen, locker und fruchtbar zu bleiben. Oberhalb der Weinberge, in der wilden Garrigue mit Rosmarin, Thymian und Lavendel, werden sie Massnahmen umsetzen, um Regenwasser zu verlangsamen und für die Reben zu sammeln.

Bodenexperte Nicola Fagotta war schon 2024 beim Winzerseminar auf Château Duvivier dabei und hat mit seinen Impulsen nachhaltige Veränderungen ins Rollen gebracht. Auch 2025 war der Bodenexperte beim Winzerseminar dabei.
Bodenexperte Nicola Fagotta war schon 2024 beim Winzerseminar auf Château Duvivier dabei und hat mit seinen Impulsen nachhaltige Veränderungen ins Rollen gebracht. Auch 2025 war der Bodenexperte beim Winzerseminar dabei.

Ein Vorbild für andere und Motivation für uns alle

Das Weingut der Familie Lignères hat sich in kurzer Zeit zu einem echten Vorbild entwickelt. Es zeigt eindrücklich, was möglich ist, wenn man sich mit seinem Boden beschäftigt, die landschaftlichen Gegebenheiten betrachtet und daraus die richtigen Schlüsse zieht. Für die Winzerinnen und Winzer dient unser Seminar mit seiner Mischung aus Theorie und Praxis als Inspiration und Ideengeber, wie sie ihre eigenen Betriebe noch besser auf die Zukunft vorbereiten können.

Bodenexperte Nicola Fagotto und Winzerberater Daniel Wyss in medias res.
Bodenexperte Nicola Fagotto und Winzerberater Daniel Wyss in medias res.

Wir sagen «Merci» an unsere äusserst zuvorkommenden Gastgeber Jean und Anne, an alle Teilnehmenden und an alle, die sich Tag für Tag für eine enkeltaugliche Weinkultur einsetzen.

Die neue Leichtigkeit im Wein

Wenn Mickaël Gaulhiac über seine Arbeit auf Château Duvivier spricht, leuchten seine Augen. Es ist nicht nur die Rede von Wein, sondern von einer Vision – einer Landwirtschaft, die den Boden nährt, Wasser schont und die Artenvielfalt schützt. Der letzte Wurf daraus: eine neue Weinlinie, mit weniger Alkohol aber genauso viel Ausdruck, wie wir es von den Weinen von Château Duvivier gewohnt sind: die Botanica-Linie.

Mickhael Gaulhiac ist überzeugt davon, dass nur intakte Natur gute Weine ergibt.
Mickaël Gaulhiac ist überzeugt davon, dass nur intakte Natur gute Weine ergibt.

Der Weg von Mickaël Gaulhiac in die Weinwelt war gewissermassen vorgezeichnet. Als Enkel eines Kaufmanns und eines Winzers sowie als Sohn eines Winzers wuchs er in einem Umfeld auf, in dem die Rebe stets präsent war. Die definitive Entscheidung für die Arbeit im Weingarten traf er erst ein wenig später: 1998 absolvierte Mickaël sein erstes Praktikum in einem biologisch bewirtschafteten Betrieb. Weitere Praktika, stets in Betrieben mit nachhaltigem Anspruch, folgten. Mit einem Abschluss in Weinbau und Önologie war der theoretische Grundstein für die Karriere gelegt.

Ab 2007 arbeitete er auf Château Couronneau, ebenfalls ein Delinat-Weingut und zudem Vorreiter des biologischen Weinbaus in der Nähe von Sainte-Foy-la-Grande, im Bordeaux. Dort perfektionierte er seine Techniken und prägte mit seinem Wissen einen Betrieb, der als Referenz für nachhaltige Qualität gilt.

Mickaël Gaulhiac: Winzer aus Überzeugung

Doch Mickaël wollte mehr: 2016 gründete er seinen eigenen Betrieb im Anbaugebiet Pécharmant. Ein kleines, aber vielversprechendes Weingut auf kalk- und tonhaltigen Böden. Für ihn ein Terroir, das an die grossen Lagen des Pomerol im Bordeaux erinnern.

Château Duvivier ist ein wahrgewordenes Biodiversitätsparadies im Süden Frankreichs.
Château Duvivier ist ein wahrgewordenes Biodiversitätsparadies im Süden Frankreichs.

2021 begann für Mickaël ein neues Kapitel im Süden Frankreichs: Auf Château Duvivier, dem Delinat-Forschungsweingut in der Provence. Hier widmet er sich mit ganzer Kraft zwei Aufgaben: der Weiterentwicklung regenerativer Anbaumethoden und der Herstellung charaktervoller Weine. Mit tiefer Überzeugung sagt er: «Die Versuche rund um die Regeneration der Böden und resistente Rebsorten begeistern mich. Ich bin überzeugt, dass die Vision von Delinat und die Arbeit auf Château Duvivier die Zukunft des biologischen Weinbaus sind.»

Vinophiler Ausdruck des Wandels

Ein besonderes Augenmerk legt Mickaël dabei heute auf die neue Botanica-Linie. Drei Weine – Weiss, Rosé und Rot – bilden das Dreigestirn dieser neuen, zugänglichen Generation von Weinen. Ziel war es, leichte, frische und zugleich aromatisch komplexe Weine zu schaffen, die auch junge Weinfreunde begeistern und zu geselligen Momenten einladen.

2024 fand das internationale Delinat-Winzerseminar auf dem Forschungsweingut Château Duvivier statt.

So entstand der Botanica Blanc, eine Cuvée aus mediterranen Sorten wie Rolle und Clairette, ergänzt durch robuste Neuzüchtungen wie Muscaris und Cabernet Blanc. Das Ergebnis: Ein fruchtig-frisches Weissweinerlebnis mit zitrischer Lebendigkeit und blumiger Leichtigkeit – perfekt für heisse Sommertage.

Der Botanica Rosé zeigt sich reinsortig aus Cinsault, der klassischen Rosé-Traube der Provence. Mit nur elf Prozent Alkohol ist er ein federleichter Genuss mit animierender Säure und einem Hauch von roten Beeren. Ein echter Terrassenwein, der Geselligkeit und Unbeschwertheit in Flaschenform mit sich bringt.

Der Botanica Rouge bringt seinerseits die Sonne der Provence ins Glas. Eine elegante Komposition aus Syrah und Grenache Noir, die mit dunkler Beerenfrucht, feiner Tanninstruktur und harmonischer Säure überzeugt. Ein Rotwein, der trotz seiner Tiefe erstaunlich trinkfreudig bleibt.

Das Besondere an allen drei Weinen: Ihr bewusst reduzierter Alkoholgehalt und ihre Frische. Möglich wird das durch die gezielte Auswahl von Hefen, die Zucker nicht nur in Alkohol, sondern auch in Säure umwandeln. Das Resultat sind Weine mit mehr Leichtigkeit, ohne an Charakter zu verlieren.

Für Mickaël Gaulhiac sind die Botanica-Weine ein gelungener Ausdruck des Wandels. Sie verbinden Handwerk mit Forschung, Genuss mit Verantwortung. Und sie verkörpern das, was ihn antreibt: «Wir müssen neue Wege gehen, um die Zukunft des Weinbaus zu sichern.»



Vielfalt – Ein Plädoyer für das Schmiermittel

Da wollen wir stolz den Biodiversitätswinzer 2025 verkünden und kommen Ihnen ausgerechnet mit Schmiermittel. Warum das aber ganz genau zur Thematik passt und wieso wir uns mit unserem Biodiversitätswinzer 2025, Alexander Pflüger, besonders über seine Auszeichnung freuen.

Gerade war der Techniker da. Die Füllanlage will wieder einmal mit zarter Hand gewartet werden. «Bei aller Romantik im Wein: Das sind Dinge, die nun auch anstehen», lächelt der knapp zwei Meter grosse Alexander Pflüger. Lässige Jeans, waldgrünes T-Shirt, sein Lederband, das er seit vielen Jahren trägt, und der Ehering. Alexander Pflüger ist geradlinig und authentisch.

Alex und Aline von Pflüger Wein: Kopf und Herz des Weinguts und der Familie
Alex und Aline von Pflüger Wein: Kopf und Herz des Weinguts und der Familie ©peterbender

In seinem Handeln, seinem Sprechen und in seinen Weinen. Da wird nicht lange herumgefackelt oder ausgeschmückt. Es ist, was es ist. Und das ist im Wein meistens sehr elegant, subtil und langanhaltend. Eine Freude sind diese Weine. Kein Feuerwerk, sondern ein angenehm loderndes Lagerfeuer, das die Seele lange warm hält. Biodiversität bringt Vielfalt in die Weingärten. Das sieht man im Most und schliesslich im Wein. Und es liegt dem Winzer am Herzen, die Landschaft für sich und für kommende Generationen zu pflegen und vielfältig und gesund zu hinterlassen.

Denn bei aller Geradlinigkeit ist Alexander Pflüger ein herzlicher, offener, emotionaler Mensch. Er glaubt an das, was er tut, und er glaubt an die Familie. «Ohne meine Familie und mein Team wäre all das hier nicht möglich», sagt der Winzer stolz. Er ist Winzer in dritter, und Bio-Winzer in zweiter Generation. Sein Vater Bernd war biologischer Vorreiter in der Region. Die zahlreichen Agroforstprojekte, die sind wohl Delinat zu verdanken, lächelt Alex.

Ganzheitlich denken

Generell sei er über die vielen Impulse von Delinat in den letzten Jahren froh. Die Biodiversität habe in den letzten Jahrzehnten seit der biologischen Bewirtschaftung merklich zugenommen. «Letztens, als Delinat-Einkäufer Emil Hauser da war, haben wir beispielsweise eine Blaue Holzbiene, eine gefährdete Art, entdeckt», erzählt der 44-jährige Winzer. «Wenn man so arbeitet wie wir, dann wird man in allen Bereichen sensibler. Man geht viel offener durch den Weinberg.»

Alex Pflüger ist sicher: Biodiversität und gesunde Weinberge schmeckt man auch im Wein.
Alex Pflüger ist sicher: Biodiversität und gesunde Weinberge schmeckt man auch im Wein.
Alex Pflügers Liebe für den Wein schmeckt man im Wein und bringt Menschen zusammen.
Alex Pflügers Liebe zum Wein ist in jedem Schluck spürbar – und verbindet Menschen.

«Daher kann ich auch mit Gewissheit sagen, dass die Biodiversität bei uns vieles zum Besseren verändert hat.» Die Böden und die Reben sind gegenüber Trockenstress und Starkwetterereignissen resistenter. Die Erde ist mit Mikroorganismen fest gegen Erosion verbaut. Wie wir aus anderen Bereichen im Leben wissen, steckt meistens eine Menge Arbeit dahinter, wenn Dinge von aussen so leicht anmuten.

Auch bei Alexander Pflüger ist das so. Alles greift ineinander am Weingut: Mensch, Natur und Wein. Dass das so ist, bedarf einer grossen Kraftanstrengung und einer gehörigen Portion Disziplin und Liebe für die Sache. Ebenso wie der Gewissheit, dass Trauben aus biologisch bewirtschafteten Weinbergen bessere Weine ergeben. Und das Arbeiten in diese Richtung. «Mein grosses Thema sind die Böden und die Lage, die ich im Wein darstellen möchte», so der Winzer. «Dafür braucht es eine Vielfalt.»

Biodiversitätswein 2025 von Alex Pflüger
Die Biodiversitäts-Cuvée dieses Jahres stammt von Alexander Pflügers feinsten Rebbergen in der Pfalz. Mit diesem Wein zeigt der Winzer, wieso Pinot Noir, also Spätburgunder, seine Paradedisziplin ist. Denn er versteht es, dieser filigranen Traube eine Eleganz und Frische zu entlocken, die ihresgleichen sucht. Ein kleiner Anteil Merlot bringt Schmelz und Geschmeidigkeit. Was für eine wohlschmeckende Ode an die Biodiversität!

Und wie es sich für einen Biodiversitätswein gehört, natürlich abgefüllt in der Delinat-Mehrwegflasche.

«Man darf den Weinberg nicht pushen, sondern muss ihn als Partner auf Augenhöhe betrachten.» Man muss die Natur machen lassen, Vielfalt zulassen und sogar unterstützen, ist sich der Bad Dürkheimer sicher. «Wenn wir mit Komposttee oder Ähnlichem düngen, dann düngen wir Lebendigkeit.» So zu arbeiten, verschafft ihm eine ganz andere Art von Zufriedenheit, so Alex. «Wir Landwirte können aktiv etwas machen. Ich kenne das Gefühl gut, wenn ich merke, dass mir die Natur fehlt. Unser Landschaftsbild hier hat sich in den letzten Jahren verändert. Früher glich es zum Teil einer Rebwüste. Heute arbeiten 90 Prozent aller führenden Weingüter der Region biologisch, weil es nun einmal besser ist.» Das schmeckt und das sieht man letztendlich auch an der Landschaft.

Wein bringt Menschen zusammen

Und weil es einem zuletzt auch als Mensch besser ginge, wenn man die Welt und den Wein ganzheitlich betrachtet. Dieses Gefühl brach Mitte Februar aus Alexander Pflüger heraus, als er in einer Videoaufnahme auf Instagram meinte: «Es ist etwas Tolles, was wir hier tun. Wein bringt Menschen zusammen. Wein war schon immer das beste Schmiermittel.» Und er bedankte sich bei allen, die ihn, das Weingut und die Weine mögen. Und die die Leidenschaft, die das Team Pflüger das gesamte Jahr über in die Weine steckt, für Weinliebhaber, Kunden und Gäste im Restaurant übersetzen.

Ein emotionales Plädoyer für die Weinkultur, das der Winzer mit den Worten schliesst: «Also, die Ohren in den Wind, die Nase nach oben, die Brust raus und weiter mit Elan, guten Gedanken und dem richtigen Glas Wein in der Hand. Ich denke, das bringt uns allen viel.» Wir von Delinat gratulieren von Herzen dem lieben Biodiversitätswinzer 2025, Alexander Pflüger.

Neugierig geworden? Hier finden Sie alle Weine vom Weingut Pflüger.


Summende Helfer im Weinberg – Delinat-Winzer und ihre Bienen

Zum Weltbienentag am 20. Mai erzählen uns drei Delinat-Winzer und -Winzerinnen, inwiefern die Bienen für sie nicht nur willkommene Honiglieferanten sind, sondern vor allem unverzichtbare Mitstreiter für gesunde Reben und lebendige Biodiversität.

Am 20. Mai ist Weltbienentag
Am 20. Mai ist Weltbienentag.

Am 20. Mai ist Weltbienentag – ein Anlass, um die Aufmerksamkeit auf ein kleines Tier mit großer Wirkung zu lenken, auf das wir viel besser Acht geben müssten. Bienen sind essentiell für den Fortbestand funktionierender Ökosysteme. Zudem gäbe es ohne sie nicht nur weniger Obst, Gemüse und Honig, sondern auch weniger gute Weine. Wir haben bei drei Delinat-Weingütern nachgefragt, inwiefern Bienen Bestandteil des Betriebs sowie ihrer Philosophie sind.

Honig für Freunde, Vielfalt für den Wein

In den sanften Hügeln der Maremma liegt das Weingut der Familie Salustri. Hier arbeiten Leonardo und Marco Salustri seit Jahrzehnten im Einklang mit der Natur. Zum Hof gehören auch mehrere Bienenvölker, die Leonardo gemeinsam mit zwei Mitarbeitenden betreut. „Der Honig, den wir ernten, wird nicht verkauft, sondern als Geschenk an Freunde und Verwandte weitergegeben“, erzählt der Winzer.

Bienen sind essenziell für ökologisches Gleichgewicht und auch für gute Trauben, ist sich Marco Salustri sicher.
Bienen sind essenziell für ökologisches Gleichgewicht und auch für gute Trauben, ist sich Marco Salustri sicher.

Für ihn ist der Nutzen der Bienen offensichtlich: „Sie verbessern die Biodiversität und die Qualität unserer Trauben. Ohne sie wären unsere Landwirtschaft und Ernährung gefährdet.“ Für das Weingut hätten die kleinen Flieger auch seit jeher eine symbolische, kulturelle Bedeutung, erzählt er: „Die Biene steht für Fleiss, Organisation und Süße. Ihr Verschwinden wäre ein großer Verlust.“ Die Bienen auf dem Delinat-Weingut Salustri sind also weit mehr als Honiglieferanten, sie sind Mitgestalter eines lebendigen Weinbergs.

Blühende Vielfalt und ein Herz für Insekten

Auf dem traditionsreichen Weingut Hirschhof im rheinhessischen Westhofen sieht Familie Zimmer das ähnlich. Für den Schutz der Wildbienen sind sie als Weingut sogar Teil eines wissenschaftlichen Projekts. Der Bestand und die Eignung der Weinberge für Wildbienenpopulationen wird seit Jahren regelmässig überprüft und sichergestellt.

Auch das Auge profitiert: Denn zwischen den Rebzeilen blüht es von Frühjahr bis Herbst – und das ist kein Zufall. „Wir säen gezielt artenreiche Blühmischungen aus, um Bienen, Hummeln und anderen Insekten einen reich gedeckten Tisch zu bieten“, erzählt Winzer Tobias Zimmer.

Die Weingärten von Tobias Zimmer sind seit Jahren Bestandteil eines wissenschaftlichen Projekts zum Schutz der Wildbiene.
Die Weingärten von Tobias Zimmer sind seit Jahren Bestandteil eines wissenschaftlichen Projekts zum Schutz der Wildbienen.

Neben der Bestäubung fördern die Insekten auch das ökologische Gleichgewicht im Weinberg – etwa durch die Bekämpfung von Schädlingen auf natürliche Weise. Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel kommen hier selbstverständlich nicht zum Einsatz, das schützt auch die nützlichen Helfer. „Die Vielfalt im Weinberg ist kein Selbstzweck – sie wirkt sich direkt auf die Reben und die Weinqualität aus“, ist sich Winzer Tobias Zimmer sicher.

Die Biene als Sympathieträger und Schutzpatron

In den italienischen Marken liegt die malerische Tenuta San Giovanni. Auch hier ist Biodiversität mehr als ein Schlagwort. Neben Hecken, Trockenmauern und Kräuterrasen gehört auch ein eigener Bienenstand zum Gut. „Die Bienen sind bei uns nicht nur nützliche Helfer, sondern auch ein Zeichen dafür, dass unser Ökosystem funktioniert“, erklärt Katia Stracci vom Weingut.

Die Trauben profitieren davon gleich doppelt: Die Bestäubung durch Bienen erhöht die Biodiversität im Umfeld der Reben. Das wirkt sich positiv auf die Bodenfruchtbarkeit, das Mikroklima und die Schädlingsregulierung aus. „Wir führen während der Rebblüte keinerlei Behandlungen durch – aus Rücksicht auf unsere Bienen und die natürliche Bestäubung“, ergänzt Katia. „Die Arbeit der Bienen macht unsere Trauben gesünder, und unsere Weine lebendiger.“

Nicht zuletzt hängen laut der FAO (Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) rund 75  Prozent der weltweiten Nahrungsmittelproduktion direkt oder indirekt von der Bestäubung ab. Im Weinbau stärken Bienen das ökologische Gleichgewicht, fördern die Flora und verbessern so indirekt auch die Bodenqualität.

Blühstreifen, Bienenweiden, Hecken und Nistplätze sowie der Verzicht auf bienenschädliche Substanzen sind daher nicht von ungefähr wichtige Bestandteile der Delinat-Methode. Sie dienen auch dem Schutz der Biene. Mögen also, in diesem Sinne, nicht nur Schmetterlinge weiterhin durch die Weinberge fliegen, sondern auch ihre gestreiften Kumpanen und Sympathieträger, die Bienen.

Platz für Hirsch, Natur und Wein

Die Ursprünge des Hirschhof in Rheinhessen reichen bis ins Jahr 1466 zurück. Seit 1992 entstehen auf diesen speziellen Böden, und unter der Hand von Tobias Zimmer, die mitunter beliebtesten Weine im Delinat-Sortiment.

Gerade kommt Winzer Tobias Zimmer von einer Tagung der ökologisch arbeitenden Winzer Deutschlands zurück. «Man ist es der Gemeinschaft schuldig, hier politisch Raum für diese Art von Weinbau zu schaffen, damit im Rebberg auch mehr Platz für die Natur entsteht», so Tobias Zimmer.

Seit den frühen 90er-Jahren arbeitet man am Hirschhof – ein Vorfahre soll einmal das Dorf vor einem angreifenden Hirsch bewahrt haben, so kam man zu Namen und Familienwappen – ökologisch. Schon seit dieser Zeit arbeitet Familie Zimmer mit Delinat zusammen.

Tobias Zimmer (li.) und Emil Hauser (re.) bei der Weingartenbegehung.

«Es ist schön und sehr viel wert, dass wir bei Delinat auf so viel Konstanz treffen», so der Winzer mit 34 Hektar Weingärten, von denen etwa 70 Prozent mit Weissweinreben bestockt sind. Einem Spaziergang durch eben diese Rebberge mit Weineinkäufer Emil Hauser entsprang einer der beliebtesten Weissweine im Delinat-Sortiment: dem Terra Rossa.

«Wir haben beim geologischen Landesamt nachgefragt. Dort hat man uns bestätigt, dass genau durch die Parzelle, auf der der Riesling für diesen Wein wächst, eine eisenhaltige Ader verläuft», erklärt Tobias Zimmer. Der Boden ist eisenhaltiger, die Erde rot, der Wein daher ein feingliedriger, sehr trinkanimierender Riesling von sogenannter Terra Rossa.»

Die Zukunft liegt in der Natur

Ein Augenmerk des Weinguts und seiner Winzer Tobias Zimmer und dessen Sohn Henry Zimmer, der den Betrieb einmal übernehmen wird, liegt auf dem Platz für die Natur und der Abwechslung darin. «Gerade haben wir in einem neu angelegten Weinberg Parzellen freigelassen und diese mit 200 verschiedenen Büschen und Bäumen bepflanzt», erzählt Tobias Zimmer begeistert.

Vitiforst und Biodiversität sind essenziell für gute Weine, da sind sich Tobias Zimmer und Vater Walter Zimmer, einig.
Vitiforst und Biodiversität sind essenziell für gute Weine, da sind sich Tobias Zimmer und Vater Walter Zimmer einig.

Er liebt es, die Vorgänge in der Natur zu beobachten und seine Schlüsse daraus zu ziehen. Sohn Henry hebt die Thematik sogar auf universitäres Niveau und arbeitet gerade an seiner Bachelorarbeit über «Vitiforst».

Die Hochschule Bingen, quasi um die Ecke des Weinbaubetriebs, hat die Vitiforstbestrebungen am Hirschhof in ein Projekt aufgenommen. Über vier bis fünf Jahre wird wissenschaftlich untersucht, wie sich Vitiforst auf die Reben, den Boden und die Zusammensetzung der Insekten auswirkt.

PIWI exklusiv

Ein weiteres zukunftsträchtiges Gebiet im Weinbau sieht Tobias Zimmer in neuen robusten Rebsorten. Souvignier Gris, Saphira, Hibernal, Regent und weitere dieser neuen Reben wurzeln bereits in der ton- und kalkhaltigen Erde am rheinhessischen Weingut. «Bisher habe ich im ab Hof-Verkauf nur Regent im Sortiment. Der Rest aus den robusten Rebsorten geht exklusiv an Delinat». Daraus entstehen Weine wie der Caphira.

Seit mehr als 500 Jahren ist also immer viel los auf dem Weingut. Wenn man es dennoch wagt, Tobias Zimmer zu bitten, den Hirschhof und seine Familie in wenigen Worten zu beschreiben, sagt er: «Wir stehen für Authentizität. Wir sind Biowinzer, die ehrliche und natürliche Weine machen – und ehrlich mit den Kunden sind.» Wir finden: Da gibt es nichts hinzuzufügen.

Wie robuste Sorten die Weinwelt verändern

Neue robuste Sorten verbinden Tradition und Innovation im Weinbau: Die neuen, widerstandsfähigen Rebsorten ermöglichen eine nachhaltige und naturnahe Bewirtschaftung – mit weniger Pflanzenschutzmitteln und besserer Anpassung an den Klimawandel. Nach Jahren der Skepsis erleben sie nun eine Renaissance und könnten den Weinbau der Zukunft entscheidend mitprägen.

Der Weinbau steht seit jeher in einem Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation. Eine der spannendsten – und kontrovers diskutierten – Entwicklungen der letzten Jahrzehnte sind dabei sicher die neu gezüchteten PIWI-Sorten. Diese innovativen Reben versprechen nicht nur eine Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels, sondern auch auf die zunehmenden Ansprüche der Kundschaft an nachhaltige, naturnahe und pestizidfreie Weine. Doch der Weg der PIWI-Sorten ist kein einfacher. Um ihre heutige Bedeutung für den Weinbau zu verstehen, lohnt sich ein Blick in ihre bewegte Geschichte.

Rebzüchter Valentin Blattner bei der Weingartenbegehung.
Rebzüchter Valentin Blattner bei der Weingartenbegehung.

Innovation seit dem 19. Jahrhundert

Die Ursprünge der PIWI-Sorten reichen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Eine Zeit, in der verschiedene Pilzkrankheiten wie Mehltau, den europäischen Weinbau bedrohten. Damals begann man aus der Not heraus, europäische Edelreben (Vitis vinifera) mit krankheitsresistenten amerikanischen Wildreben zu kreuzen. Ziel war es, robuste Reben zu schaffen, die weniger anfällig für Krankheiten und Schädlinge waren, damit der Weinbau irgendwie überleben konnte.

Die Ergebnisse waren vielversprechend: Die neuen Hybriden erwiesen sich als äusserst widerstandsfähig und erforderten deutlich weniger Pflanzenschutzmittel. Das erlaubte auch zu Zeiten des Krieges eine vergleichsweise günstige Weinproduktion.

Vom Boom zur Nische im 20. Jahrhundert

Vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erlebten die PIWI-Sorten einen Aufschwung, insbesondere in Regionen, in denen der Weinbau durch schwierige klimatische Bedingungen oder hohen Krankheitsdruck belastet war. Frankreich, Italien und Deutschland experimentierten mit den neuen Sorten. In den 1950er- und 1960er-Jahren sind die Flächen mit PIWI-Sorten in grossem Stil gewachsen.

Zeitweise war rund ein Drittel der Rebfläche Frankreichs mit diesen neuen Sorten bestockt. Doch dieser Erfolg war nur von kurzer Dauer. Schon bald stiessen diese sogenannten Hybridreben auf Widerstand. Zwar waren sie robust, doch die Weinqualität sorgte für Kritik. Weine aus den Hybriden galten als weniger aromatisch als diejenigen traditioneller Rebsorten. Diese Skepsis prägte die Wahrnehmung von PIWI-Sorten über Jahrzehnte. Die Aromen wurden als wenig komplex und oft als «foxig» (ein Begriff für den Geschmack von Weinen aus amerikanischen Wildreben) beschrieben.

In vielen Weinbauregionen Europas wurden Hybridreben deshalb von den Appellationen ausgeschlossen. Diese Regelungen sollten die Qualität der Weine schützen, führten jedoch dazu, dass PIWI-Sorten in der Weinwelt zunehmend marginalisiert wurden. Mit der Entwicklung chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel konnten scheinbar viele der Probleme, die PIWI-Sorten ursprünglich lösen sollten, auch auf konventionelle Weise bewältigt werden. Dies reduzierte den Anreiz, in die Züchtung und Verbreitung pilzwiderstandsfähiger Reben zu investieren.

Valentin Blattner und die PIWI-Revolution

Erst Ende des 20. Jahrhunderts begann ein Umdenken. Der Schweizer Winzer und Rebenzüchter Valentin Blattner spielte dabei eine zentrale Rolle. Er erkannte, dass der Erfolg der PIWI-Sorten nicht nur von ihrer Widerstandsfähigkeit, sondern auch massgeblich von ihrer Weinqualität abhängt. Während in den meisten Forschungsinstitutionen Europas die Züchtungsprojekte nach und nach auf Eis gelegt wurden, begann Valentin in den 80er-Jahren, selbst neue PIWI-Sorten zu züchten, und dies mit Erfolg.

Durch innovative Züchtungstechniken gelang es ihm, neue PIWI-Sorten zu entwickeln, die sowohl robust als auch qualitativ hochwertig waren. Dank geschickter Rückzüchtung konnte Valentin nämlich unerwünschte Aromen gezielt herauszüchten, während die gewünschten Krankheitsresistenzen beibehalten wurden. So entstanden neue PIWI-Sorten, die überwiegend die Genetik von europäischen Sorten hatten, aber trotzdem robust gegenüber Krankheiten waren.

Autor Olivier Geissbühler (li.) und der katalanische PIWI-Pionier Josep-Maria Albet i Noya.
Autor Olivier Geissbühler (li.) und der katalanische PIWI-Pionier Josep-Maria Albet i Noya.

Beispiele dieser neueren PIWI-Generation sind Sorten wie Cabernet Blanc, Cabernet Jura oder Sauvignac, die heute immer noch von vielen Winzerinnen und Winzern geschätzt werden. Und die Innovation der PIWI-Sorten schreitet weiter voran: Im Sortengarten von Valentin stehen mittlerweile Sorten, die bestehende Sorten bezüglich Resistenz wie auch Geschmack in den Schatten stellen.

Bis diese zugelassen und in grösserem Stil angepflanzt werden, ist es nur eine Frage der Zeit. Die derzeitige Renaissance der PIWISorten ist eng mit der wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit im Weinbau verbunden. PIWI-Reben benötigen deutlich weniger Pflanzenschutzmittel, was nicht nur die Umwelt schont, sondern auch die Kosten für die Winzerinnen und Winzer senkt. Zudem sind sie besser an die Herausforderungen des Klimawandels angepasst, da sie oft eine grössere Widerstandsfähigkeit gegen extreme Wetterbedingungen aufweisen.

Insbesondere in der Bioweinproduktion spielen PIWI-Sorten eine immer wichtigere Rolle, da sie die Philosophie des natürlichen und nachhaltigen Weinbaus auf sehr konsequente Weise ermöglichen. Wir bei Delinat sind uns einig: Die Bedeutung von PIWI-Sorten wird in den kommenden Jahrzehnten weiter zunehmen.

Moderne Rebsorten sichern die Weintradition

Die Geschichte der PIWI-Sorten zeigt eindrucksvoll, wie Innovationen im Weinbau zunächst skeptisch aufgenommen werden, bevor sie sich langfristig etablieren können. Von den ersten Kreuzungen im 19. Jahrhundert über die Herausforderungen des 20. Jahrhunderts bis hin zur heutigen PIWI-Renaissance: PIWI-Sorten sind ein Beispiel dafür, wie Tradition und Moderne miteinander in Einklang gebracht werden können. Denn die neuen robusten Sorten ermöglichen auch in Zukunft einen naturnahen, ressourcenschonenden und rentablen Weinbau.

Dank der Arbeit von Pionieren wie Valentin Blattner und der wachsenden Bedeutung von Nachhaltigkeit im Weinbau haben PIWI-Sorten das Potenzial, den Weinbau der Zukunft entscheidend zu prägen. Kurz gesagt: Es braucht neue, moderne, klimaangepasste Sorten, um die Weinbautradition am Leben zu erhalten!

Weinwissen: Was Hygiene im Weinkeller bringt

Önologin Martina Korak weiss: Sauberkeit im Weinkeller ist essenziell, für stabilen, guten und reinen Wein. Denn so finden unerwünschte Bakterien gleich keinen Nährboden, um im feinen Tropfen ungut mitzumischen.

Die Bedeutung der Hygiene im Weinkeller kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Der Weinkeller ist ein Lager und Reifungsort für das edle Getränk. Er ist entscheidend für die Endqualität des Weines. Der Weinkeller ist Lebensraum für verschiedene Mikroorganismen. Man kann also auch von einer Biodiversität im Keller sprechen.

Hygiene im Weinkeller verbessert die Qualität erheblich.
Hygiene im Weinkeller verbessert die Qualität erheblich.

Während bestimmte Hefen (Saccharomyces cerevisiae und gewisse Wildhefen) für die Gärung unerlässlich sind, können andere Mikroorganismen, wenn sie unkontrolliert wachsen, den Geschmack und das Aroma negativ beeinflussen. Unzureichende Reinigung führt zu Rückständen, die als Nährboden für diese Organismen dienen können.

Deshalb ist die Sauberkeit im Keller das A und O in allen Stadien der Weinbereitung. Heute setzt man grösstenteils auf Dampf, Wasser und Schwefel zur Reinigung der Behälter und Leitungen. Wenn klassische Reinigungsmittel verwendet werden, muss auf eine vollständige Entfernung der Rückstände geachtet werden.

Auf Betriebstemperatur

Ein oft unterschätzter Faktor ist der Einfluss der Temperatur auf die mikrobiologische Hygiene. Jedes dieser mikroskopisch kleinen Lebewesen hat seine ideale Betriebstemperatur. So kann der Winzer mit der Tank- beziehungsweise Kellertemperatur steuern, welche Mikroorganismen aktiv werden sollen. Gleichzeitig beeinflusst die Temperatur auch das Endprodukt Wein.

Während Weissweine von kühleren Gärtemperaturen profitieren, benötigen Rotweine höhere Werte, um die gewünschte Extraktion zu erzielen. Denn die Temperatur beeinflusst nicht nur die Geschwindigkeit der Fermentation, sondern auch die Komplexität des Weins. Während optimale Temperaturen das aromatische Potenzial und die Balance fördern, können extreme Werte – insbesondere über 30 °C – das Wachstum schädlicher Bakterien und unerwünschter wilder Hefen begünstigen.

Martina Korak studierte in Wädenswil Önologie. Seit 2000 arbeitet sie bei Delinat. Sie ist zuständig für den Weineinkauf in Italien, Frankreich, Österreich und Griechenland und für die Qualitätssicherung.
Martina Korak studierte in Wädenswil Önologie. Seit 2000 arbeitet sie bei Delinat. Sie ist zuständig für den Weineinkauf in Italien, Frankreich, Österreich und Griechenland und für die Qualitätssicherung.

Ausserdem beschleunigen höhere Temperaturen die chemischen Reaktionen, sodass auch die Oxidationsprozesse schneller ablaufen. In der Mikrobiologie spricht man dabei häufig von einem Konkurrenz- oder Verdrängungsprinzip. Das bedeutet, dass «gute» Mikroorganismen um verfügbare Nährstoffe, Raum und optimale Umweltbedingungen konkurrieren.

Wenn diese erwünschten Mikroorganismen in hoher Zahl vorhanden sind, können sie die ökologischen Nischen effektiv besetzen und so das Wachstum unerwünschter, potenziell schädlicher Mikroorganismen hemmen. Dabei spielen neben der reinen Anzahl auch weitere Faktoren eine Rolle wie Temperatur, pH-Wert, Sauerstoffgehalt und eben Hygienemassnahmen im Keller. Ein kontrolliertes und günstiges Umfeld für die guten Mikroorganismen unterstützt diesen Konkurrenzkampf.

Letztlich ist es immer ein Zusammenspiel all dieser Faktoren, das die mikrobielle Balance im Weinkeller bestimmt, und Hygiene im Weinkeller ist somit ein unverzichtbares Element der Weinproduktion.

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